Der Mädchenfänger. Peter Schmidt

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Mädchenfänger - Peter Schmidt страница 5

Автор:
Серия:
Издательство:
Der Mädchenfänger - Peter Schmidt

Скачать книгу

Fremde bestand der Keller aus nichts weiter als einem unverdächtig wirkenden Gang, der praktisch die Verlängerung der Kellertreppe darstellte, einem Verschlag unter der Treppe und drei Holztüren in der rechten Wand.

      Hinter der einen war die ehemalige Waschküche, daneben lag der Heizungskeller, dessen Öltank aus Platzmangel wie die eine Hälfte einer überdimensionalen weiblichen Brust in die Wand des Nachbarkellers hineinragte, und hinter der dritten Tür befand sich sein Werk- und Studioraum, das sogenannte "Labor", in dem auch seine Aufnahmegeräte standen.

      Die Keller im Anbau hatten den Vorteil, dass sie nur vom Durchgang des Labors aus zugänglich waren, wo jetzt die ausgemusterte Garderobe hing. Er würde einfach seine Arbeitskleidung in der Garderobe unterbringen, weil sie dann so aussah, als erfülle sie einen Zweck.

      "Sechsmillimeterschrauben sind ausgegangen", sagte der Verkäufer.

      "Dann nehme ich Achtmillimeterschrauben und passende Winkel", erklärte er schnell, ehe der andere seine zerfledderten Musterbüchern hervorholen konnte.

      Als er mit seinem Paket und den Schienenstangen den Laden verließ, sah der Himmel blauviolett aus – als wenn es gleich ein schweres Gewitter geben würde. Er hatte eben das schützende Dach des Taxistands erreichte, da klatschten auch schon die ersten Tropfen auf den Asphalt.

      Quant ließ sich mit seinem Paket und den Schienen an der Ecke vor dem Haus absetzen. Taxis, das hatte er herausgefunden, waren sicherer, weil man so keine unnötige Vorstellung mit dem eigenen Wagen gab, an den sich später vielleicht einmal jemand erinnern würde.

      Der Faktor "Erinnerung" bei Zeugen wurde meist unterschätzt. Er ließ den Chevrolet so oft wie möglich in der Garage und benutzte ihn nur, wenn er seinen geschlossenen Laderaum brauchte.

      Franziska war noch nicht wieder aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht – vielleicht hatte er die Dosis doch ein wenig zu hoch gewählt? Selbst wenn man sich gründlich mit der Materie befasste und die richtigen Lehrbücher studierte: ein erfahrener Anästhesist hatte einem einfach ein paar Jahre Praxis voraus.

      Er entschloss sich, nachmittags zum Schlittschuhlaufen zu fahren. Es war immer sehr anregend, den jungen Mädchen beim Laufen zuzusehen – wie sie ihre Pirouetten zogen, vor Kälte in der ungeheizten Halle in die Fäustlinge bliesen oder in der Kurve ihre Wollmützen verloren.

      Er fand, es gab nichts Interessanteres auf der Welt als weibliche Schönheit.

       3

      Weil die Tribüne ungeheizt war, ging er lieber nach unten ins Café. Von den Tischen hinter der Scheibe waren die Läufer auf der Eisfläche sogar noch besser zu beobachten. Er brauchte Ruhe für seine Studien. Selbst zwischen all den anderen über die Bahn zu kurven, während man dauernd von dicken Hintern angestoßen wurde oder Gefahr lief, beim Sturz eine spitze Metallkante in die Halsschlagader zu bekommen, hätte ihn nur abgelenkt.

      Seinem geübten Blick entging nichts, keine Falte um den Mund.

      Ob ihre Beine in den falschen Proportionen zum Körper standen.

      Oder ob sie durch ihre unbeholfenen Bewegungen zu erkennen gaben, dass sie für seine Experimente ungeeignet waren.

      Es war ihm schleierhaft, wie jemand es fertigbrachte, ein unvollkommenes Mädchen zu lieben.

      Die Natur hatte den Mann mit einem starken Hang zur weiblichen Schönheit ausgestattet, aber die Kerle mancher fetten Frauen und albernen Töchter mussten schon an einem genetischen Defekt leiden, sonst hätten sie es nicht so lange mit ihnen ausgehalten.

      Na ja, dachte er, vielleicht sollte ich doch etwas weniger rigoros darüber urteilen … jeder nach seinem Geschmack und seinen Fähigkeiten! Das war seine Devise. Leben und leben lassen. Verdammt noch mal, es gab so viele hübsche Mädchen auf der Welt, dass man wirklich keinen Gedanken an all die hässlichen zu verschwenden brauchte.

      Ein Teil ihres Reizes schien in den sanften Linien ihrer Stirn und Nase zu liegen, besonders, wenn man ihr Gesicht im Profil betrachtete. Der Mund war ebenfalls wichtig, kein Zweifel, ebenso wie die Augen und das Haar. Genaugenommen bildete alles eine unverwechselbare, einzigartige Einheit, und es war schwer oder sogar unmöglich, die Dinge getrennt zu betrachten. Jedes Mädchen entpuppte sich schnell als unverwechselbares Individuum. Man brachte etwas in seinen Besitz, das es kein zweites Mal auf der Welt gab.

      Reife Frauen waren wie die Entdeckung eines neuen Erdteils. Sie unterschieden sich von jungen Mädchen vor allem dadurch, dass sie mehr Erfahrung besaßen. Es überraschte ihn, wie verschieden ältere Frauen auf ihre Situation reagierten, falls er überhaupt eine fand, die attraktiv genug war.

      Denn leider hinterließ das Leben nur allzu schnell seine Spuren in ihren Gesichtern. Zwei, drei Jahre Schlampigkeit, ungesunde Ernährung und zuviel Zigaretten, und ihre Haut hatte für immer ihre Spannkraft verloren.

      Manche gaben sich in der Gefangenschaft den Anschein, sie seien ihm plötzlich hörig geworden und zu allem, aber auch allem bereit, was sich die Phantasie eines Mannes nur ausmalen konnte. Andere benahmen sich ruhig und vernünftig, fast mütterlich, und wollten ihn über ihre Zukunft aushorchen. Oder sie beschimpften ihn oder versuchten an seine moralischen Prinzipien zu appellieren.

      "Was auch immer du mit mir vorhast, du verdammter räudiger Hund, es bringt dir mindestens fünf Jahre ein", hatte einmal eine schlanke Rothaarige gedroht. Damals war er so leichtsinnig gewesen, sich in einem ruhigen Fünfhundertseelendorf an der Küste einzuquartieren, wo ein einziger Schrei eines Mädchens aus dem Keller sofort die Polizei alarmiert hätte.

      Er sah noch wie heute ihr hageres hübsches Gesicht und ihre etwas zu schmale, lange Nase vor sich. Beim erstenmal, an der Theke des Schnellrestaurants, hatte er ein beinahe unwiderstehliches erotisches Kribbeln in der Magengegend verspürt.

      Es war etwas in der Haltung, wie sie mit der Zange die Fleischstücke wendete und sie dann zwischen die aufgeschnittenen Hälften des Weißbrots legte, das ihm wie ein Symbol für eine gelungene "Operation" oder "Öffnung" vorkam. Öffnung war das Wort, das er selbst am liebsten dafür gebrauchte. Ihr rotes Haar lugte unter der weißen Haube hervor, und ihr dezenter rosafarbener Lidschatten passte so gut zu ihrem Lippenstift und den lackierten Fingernägeln, dass er den Atem anhielt.

      Er brauchte die grenzenlose Faszination, die vom Aussehen einer Frau und ihrer Art sich zu bewegen ausging, um sein kleines Steckenpferd betreiben zu können. Die Rothaarige war widerspenstiger als alle anderen gewesen, jemand der lieber innerlich zerbrach, als zuzugeben, dass er besiegt worden war oder verloren hatte. Junge Mädchen waren meist weniger raffiniert. Sie konnten sich nicht so gut verstellen.

      Er sah einem blonden Mädchen mit weißem Strickschal zu. Ihre Pirouetten hatten Klasse, Donnerwetter. Und dann erst die langen elliptischen Bahnen an der Bande entlang, wenn sie ihm hinreißend zulächelte, die makellosen weißen Zähne wie ein Fohlen entblößt, das endlich in die Gemeinschaft der Erwachsenen aufgenommen werden wollte!

      Er hätte schon dafür gesorgt, weiß Gott, ja, wäre Franziska nicht gewesen.

      Bisher hatte er sich nur ein einziges Mal mit zwei Mädchen gleichzeitig eingelassen. Ein Fiasko, die Katastrophe schlechthin.

      Zu seiner Verblüffung stoppte das Mädchen genau vor seinem Tisch, die Spitze des einen Schlittschuhs als Bremse senkrecht ins Eis gebohrt. Er sah, wie ihr Atem das Glas beschlug. Aus der Nähe betrachtet wirkte sie sogar noch schöner, als er geglaubt hatte. Ein richtiges Prachtexemplar in seiner Sammlung. Ihr Finger deutete

Скачать книгу