Der Mädchenfänger. Peter Schmidt

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Räume so gemütlich wie ein kleines Apartment wirken zu lassen. Nur das Badezimmer machte einen etwas provisorischen Eindruck mit der eingebauten Dusche aus Leichtmetall und Kunststoffscheiben. Die Toilette dagegen war zwar genauso alt wie das Haus, aber von der gediegenen Art, die heutzutage ein Vermögen kostete.

      Er nahm an, dass hier unten früher ein Partykeller gewesen war und dass man die anderen Räume als provisorische Gästewohnung benutzt hatte, obwohl sie keine Fenster besaßen, denn im Keller nebenan stand eine Theke mit Barhockern, und die Decken und Wände waren wie bei einer Heimsauna mit Fichtenholz verschalt.

      Sonst wäre es auch ganz unverständlich gewesen, warum die Toilette schwarz gekachelt war. Die Kacheln hatten feine Goldränder, und die Deckenlampe aus Muschelpatt verbreitete anheimelndes gelbgrünes Licht.

      Franziska saß auf der Couch und las in seinem "Tagebuch", die langen Beine übereinandergeschlagen. Ihr Rock war hochgerutscht, und darüber sah man etwas von ihrem hellen Slip. Er spürte ein Kribbeln in der Leistengegend, als sein Blick zu ihrem Gesicht hinaufglitt. Es war feucht von den Nachwirkungen des Compremols. Genauso feucht wie ihr Haar …

      Sie war schön. Er hätte sich selbst die Hand geben können vor Begeisterung. Die Sache nahm sich wirklich gut aus. Als er damals damit angefangen hatte, vor etwa sechs Jahren, war alles viel schwieriger gewesen. Plötzlich musste man tausend Dinge berücksichtigen: Essen, Hygiene, Kleidung, Unterhaltung. Frauen bekamen die Tage, und dann waren keine Tampons im Haus. Oder sie hatten Migräne. Manche Frauen reagierten auf Kopfschmerzen, als ginge die Welt unter. Schon ein einziger verschwundener Slip konnte den Untergang des Abendlandes für sie bedeuten.

      Er hatte eine Weile gebraucht, um zu begreifen, dass man sie mit Platten und Videofilmen, mit Illustrierten und Büchern bei Laune halten musste. Es war wichtig, eine Atmosphäre des Vertrauens und der Sympathie zu schaffen. Natürlich hatten sie am Anfang immer Probleme, sich an ihre neue Situation zu gewöhnen.

      Aber überraschenderweise verhielten sich die meisten Mädchen so ähnlich wie bei Geiselnahmen in Banken oder bei Flugzeugentführungen.

      Das Opfer ging eine Art Komplizenschaft mit dem Täter ein. Vor die Alternative gestellt, ständig mit der Todesangst leben zu müssen oder ihm einfach zu Willen zu sein, keimte plötzlich so etwas wie Sympathie und sogar Identifikation auf.

      Das war der Zustand, den er anstrebte. Jedenfalls am Anfang. Und er war nicht ganz einfach zu erreichen, weil man jedes seiner Worte genau abwägen musste.

      "Hallo, Franziska", sagte er, als er aufgeschlossen hatte. "Mein Name ist Robert …"

      Franziska legte Quants "Tagebuch" beiseite und sah ihn wortlos an. Ihre Augenfarbe war genauso, wie er es sich immer gewünscht hatte. Nicht einfach bloß einfarbig, weil das unweigerlich langweilig wirkte.

      Ein schlankes, offenes Gesicht mit hellblauen Augen sah nach seinem Geschmack nur dann wirklich schön und nicht zu flach oder nichtssagend aus, wenn die Farbe der Pupillen leicht ins Grünliche spielte. Aber der grünliche Schimmer konnte auch von der Deckenbeleuchtung stammen. Das war nicht ganz klar.

      Er blickte unschlüssig zum Lampenschirm. Vielleicht hätte er diesen verdammten Muschelpattschirm – der gleiche wie in der Toilette, nur mehr als doppelt so groß – doch lieber auswechseln sollen?

      "Was ist los mit Ihnen, Franziska?“, fragte er. "Haben Sie die Sprache verloren?"

      Sie lehnte sich zurück, eine Hand aufgestützt, als fühle sie sich immer noch schwach, und verfolgte misstrauisch seine Bewegungen. "Warum … warum bin ich hier?"

      Nun gut, das war also ihre Stimme. Vielleicht nicht so berauschend – nicht so erotisch –, wie er gehofft hatte, aber in Ordnung. Er hatte sie nur kurz an der Buchrückgabe in der Bibliothek gehört. Da war ihm gar nicht aufgefallen, dass sie eine Tonlage zu tief lag, wie die einer wesentlich älteren Frau. Doch damit konnte man leben. Bei manchen Mädchen schlug das Compremol auf die Stimmbänder. Es enthielt eine neuartige chemische Verbindung, Zoclocyd, das einen vorübergehenden Einfluss auf den Sprechapparat hatte.

      "Zur Erholung, Franziska. Um ein paar Stunden auszuspannen. Ich habe Ihnen etwas zu essen mitgebracht. Sie können's sich selbst in der Küche fertigmachen, eine tiefgefrorene Pizza." Er zeigte in den Nebenraum. "Und im Kühlschrank ist Weißwein und Schafskäse."

      "Was heißt ausspannen? Wo bin ich?"

      "An einem sicheren Ort. Mögen Sie Salamipizza?"

      "Bitte sagen Sie mir, wo ich bin."

      "Oh, natürlich, gern. Etwa fünfzig Kilometer von Ihrer Wohnung entfernt in meinem Haus an der Küste." Er ging hinüber in die Küche, um die Pizza in den elektrischen Backofen zu legen. Franziska brauchte nicht zu wissen, dass sie sich in ihrer Heimatstadt befand. Das hätte nur falsche Hoffnungen in ihr geweckt und ihr das Gefühl vermittelt, von hier aus in die Freiheit sei es lediglich ein kleiner Schritt.

      "Und wie bin ich in Ihr Haus gekommen?“, fragte sie, als er in ihr Zimmer zurückgekehrt war. "Ich muss ohnmächtig geworden sein … im Treppenhaus der Bibliothek … nein, jetzt erinnere ich mich wieder, es war im Durchgang zum Parkhaus. Jemand war hinter mir. Sie haben mich …?"

      "Wenn Sie auf meine unmaßgebliche Meinung Wert legen, dann sollten Sie sich nach dem Essen noch etwas ausruhen, weil Ihr Kreislauf ziemlich angeschlagen ist."

      "Danke, aber ich möchte lieber gehen."

      "Das wäre ziemlich unklug von Ihnen, so weit draußen, und bei Dunkelheit. Ich habe leider heute noch zu arbeiten, sonst würde ich Sie sofort wieder in die Stadt zurückbringen, in ein Krankenhaus oder in die Ambulanz, wenn es Ihnen hier bei mir nicht gefällt. Aber vielleicht sind Sie ja morgen früh schon wieder in Ordnung, dann könnten Sie den Bus nehmen."

      "Im Ernst?" Sie sah ihn zweifelnd an.

      "Was haben Sie denn gedacht, Franziska?"

      "Ich weiß nicht. Es ist alles so merkwürdig hier", sagte sie und blickte sich voller Unbehagen um. "Nicht wirklich ungemütlich, aber irgendwie merkwürdig. Diese dunkel gekachelte Toilette und die holzverschalten Wände. Das Zimmer hat keine Fenster, nur einen Lüftungsschacht …"

      "Und mein Vorname ist auch nicht Robert – sondern vielleicht Georg? Ja, mein Vater hatte einen etwas seltsamen Geschmack", bekannte er lächelnd. "Aber ich hab's nie übers Herz gebracht, das Zeug einfach herauszureißen und auf den Müll zu werfen. Das wäre mir so vorgekommen, als maßte ich mir an, über ihn und seine Lebensgewohnheiten Gericht zu halten."

      "Und Sie meinen … das morgen früh mit dem Bus ginge in Ordnung?"

      "Ich könnte Sie an der Landstraße absetzen. Der Bus kommt einmal am Tag, immer um eins. Wir haben also noch genügend Zeit nach dem Frühstück."

      Sie schwieg und dachte nach. Er spürte, dass sie nicht recht wusste, ob sie ihm glauben sollte. Aber die Hoffnung war ein schlechter Berater. Das hätte sie in ihrem Alter eigentlich längst wissen sollen.

      "Und wenn Sie sich zu schwach dazu fühlen, Franziska, dann bleiben Sie einfach noch ein oder zwei Tage länger. Mein Gästezimmer steht fast immer leer."

      "Was ist denn bloß mit mir passiert … Robert, so ist doch Ihr Name?"

      "Sie fielen einfach um, Franziska. Und da ich mal Medizin und Pharmakologie studiert habe, allerdings ohne Abschluss, um ganz ehrlich zu

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