Der Mädchenfänger. Peter Schmidt

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Der Mädchenfänger - Peter Schmidt

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einen verwandten Zug in ihrer Natur. Als müssten sie einander in ihren saloppen Kommentaren über das weibliche Geschlecht den Rang ablaufen. Doch was dabei herauskam, hatte glücklicherweise wenig Ähnlichkeit mit seiner eigenen Art, die Frauen zu sehen. Es wirkte höchstens blasiert auf seine Zuhörer.

      "Ihr seid noch nicht miteinander bekannt, oder?“, erkundigte sich Trevian.

      "Aber wir haben voneinander gehört", sagte Quant und gab Elsa die Hand. "Wenn ich Sie Trevian abspenstig machen will, dann auch wegen Ihrer vielen hübschen Freundinnen. Schöne Frauen bringen mich um den Verstand. Was soll man da machen?" Er lächelte schicksalsergeben und dachte, dass es eine schon peinliche Ähnlichkeit mit Elsas Lächeln bei Trevians Vorstellung hatte – als äffe er sie nach, um sie zu verspotten. Aber niemand schien etwas davon zu bemerken.

      "Oh, Sie meinen wahrscheinlich meine Freundinnen aus dem Kurs?"

      "Ja, ich hab' Sie alle kürzlich zusammen in einem Lokal sitzen sehen. Warten Sie mal, das war bei …"

      "Was für ein Kurs denn?“, erkundigte sich Trevian. "Davon weiß ich ja noch gar nichts."

      "Alte Benimmformen", sagte Elsa, man merkte ihr an, dass sie ungern darüber sprach. "Klassische Konventionen."

      "Was soll das nun wieder sein?" Trevian beugte sich verständnislos vor. Sein Blick schien sagen zu wollen: Bin ich vielleicht im falschen Universum? "Etwa ein waschechter Weiberklub? Und Ihr trefft euch heimlich in Lokalen?"

      "Ich glaube, ich weiß, wovon Elsa spricht", meinte Angela. Sie rührte in ihrer Kaffeetasse und sah etwas verlegen aus, weil sie plötzlich in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückte. "war stand zu Beginn des Semesters überall an den Plakatsäulen zu lesen. Ein Volkshochschulkurs, in dem man alte Höflichkeitsformen und Verhaltensweisen lernen kann."

      "Sie werden analysiert", berichtigte Elsa. "Und natürlich kann man sie auch lernen. Wir machen kleine Gruppenspiele wie beim Schauspielunterricht. Wir wollten einfach weg von all dem öden Diskotheken- und Videoclipkram und uns mal um was anderes kümmern. Nicht weil wir altmodische Jungfern sind, sondern weil es Spaß macht. Wusstet ihr, dass man vor hundert Jahren völlig andere Konversationsformen pflegte? Man versuchte die Argumente des anderen zu verstehen. Heutzutage hat jeder zu allem und jedem sofort eine fertige Meinung. Oder dass es in Spanien als ungehörig gilt, jemanden, der anwesend ist, zu verspotten?"

      "Und Sie und Ihre Freundinnen können damit was anfangen?“, fragte Quant. "Hat das denn irgendeinen praktischen Wert? Ich meine, ich käme mir etwas blöd vor, wenn ich mich jetzt plötzlich wie ein Mensch aus dem achtzehnten oder neunzehnten Jahrhundert benehmen sollte. Ach hör mal, Angela, was hältst du eigentlich davon, wenn du morgen Abend mit mir ins Kino gehst?"

      "Morgen Abend?"

      "Vielleicht läuft ja sogar irgendwo ein Musikfilm mit Tom Sighcore. Na, wie auch immer. Ich gebe dir mal meine Telefonnummer."

      Angela steckte Quants Visitenkärtchen ein. "Vielen Dank für das Heft. Jetzt muss ich aber gehen – bevor mein Bus fährt. Nein, Sighcore dreht überhaupt keine Musikfilme. Nur diese scheußlichen Videoclips", sagte sie und bedachte Elsa mit einem Blick, als sei sie nicht ganz richtig im Kopf.

      "Lieber Himmel, hast du ihren Blick gesehen?“, fragte Trevian. "Die Kleine ist verknallt in dich."

       4

      Bevor er das Haus betrat, beobachtete er immer sorgfältig die Umgebung. Hatte sich irgend etwas verändert? Er ging die Allee bis zum Kiosk entlang, kaufte bei der freundlichen alten Frau mit den Goldzähnen, einer Aussiedlerin aus Kasachstan, irgend etwas Belangloses, eine Zeitung oder eine Schachtel Zündhölzer, plauderte über Gott und die Welt mit ihr und versuchte sich ein möglichst genaues Bild zu machen.

      Wer beobachtete ihn aus den umliegenden Häusern? Stand dort jemand hinter der Gardine? Welche parkenden Fahrzeuge waren auffällig?

      Am auffallendsten waren die, die betont unauffällig wirken wollten. Drückte sich vielleicht sogar irgendwo ein verdammter Privatdetektiv herum, der ihm auf die Spur gekommen war?

      Zwischen den Obstbäumen und alten Platanen sah das Haus mit seinen beiden Backsteinkaminen und dem provisorischen Stück Maschendraht in der Mauer immer etwas düster aus, besonders in der Dämmerung und wenn man sich noch nicht an seine altmodischen Erker und die kuriosen roten Zinnen auf den Türmen gewöhnt hatte. Daran änderte auch der großzügige Anbau mit den modernen dunkelbraun eloxierten Aluminiumfenstern nichts.

      Die Baumkronen an der Straße waren so stark beschnitten, dass um diese Jahreszeit nur noch ein paar kahle schwarze Äste in den Himmel ragten. Eigentlich bevorzugte er freundliche Häuser wie das Gartenhaus auf der Insel, aber von den Häusern, die er in den letzten sechs Jahren gemietet hatten, waren ein paar noch schlimmer gewesen als dieses hier.

      Vermutlich war das nur eine Art von Projektion seiner Furcht, diesmal könnte doch noch etwas schiefgehen.

      Die Sache hatte zu oft geklappt, als dass er sich nicht manchmal fragte, ob er immer so ungeschoren davonkommen würde wie bisher.

      Bevor er hinunter in den Keller ging, nahm er die tiefgefrorene Pizza aus dem Kühlschrank. Er wusste nicht, ob Franziska Pizza mochte. Junge Lehrerinnen hatten oft einen verrückten Geschmack und benahmen sich ganz anders, als man erwartete.

      Wahrscheinlich hing es damit zusammen, dass sie Freigeister sein wollten und ihre Bildung einsetzten, um sich von den Konventionen zu befreien, soweit das überhaupt möglich war, ohne den Dingen wirklich auf den Grund zu gehen.

      Und dazu gehörte es auch, bestimmte Essensgewohnheiten abzulehnen, die gerade en vogue waren. Kein weißes Brot, weil das zu wenig Vitamine und Mineralstoffe enthielt. Keine polnischen Gänse, weil die Polen ihre Gänse stopften. Kein Kaffee aus Kolumbien, sondern lieber aus den armen Ländern Mittelamerikas – und falls doch, dann nur von unabhängigen, privaten Genossenschaften mit eigenem Vertrieb in Europa, um ein Zeichen gegen den Weltkaffeeimperialismus zu setzen.

      Er hoffte, dass Franziska zu der Sorte Frauen gehörte, die lieber an ihren Körper und an ihre Gefühle dachten, als sich damit zu beschäftigen, wie man die Welt verändern konnte.

      Als er die Kellertür aufgeschlossen hatte und vor seinem "Labor" stand, dem Werk- und Studioraum, in dem sich auch seine Dampfzentrifuge und die Operationsgeräte befanden, horchte er einen Moment lang auf Geräusche.

      Aber im Haus war nur das Summen der neuen Ölheizung zu hören. Wenn Wasser in die Badewanne einlief und die Waschmaschine arbeitete, schlug manchmal irgendwo eine Leitung in der Wand. Oder über dem Trockenboden zwischen dem alten und dem neuen Kamin pfiff der Wind. Er hoffte inständig, dass Witzigmann nicht auf die Idee kam, den baufälligen Backsteinkamin der Koksheizung abreißen zu lassen, weil solche Arbeiten eine Menge Handwerker ins Haus bringen und alle seine Pläne mit Franziska über den Haufen werfen würden.

      Das Vorhängeschloss an der Labortür sah zwar unscheinbar aus, war aber mit seinem gehärteten Bügel und dem Aufbohrschutz so ungefähr das Beste, was es auf dem Gebiet gab. Und die Beschläge an der Tür und im Rahmen hatte er gleich nach seinem Einzug von einem Schlosser austauschen lassen. Nein, um in das Labor zu kommen und den Durchgang zum Anbau zu finden, musste man schon professionelle Geräte einsetzen und genau wissen, wonach man suchte.

      Quant schob die Garderobe beiseite – sie lief ganz leicht auf den neuen Schienen – und warf einen Blick durch den Türspion in Franziskas

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