Die Therapie entdeckt die Familie. Dr. med. Günther Montag

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Die Therapie entdeckt die Familie - Dr. med. Günther Montag

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Glaubenssatz heilsam umformulieren?

      Üben, Belohnung und Bestrafung

      Ohne Fleiß kein Preis. Und der Preis spornt uns an. Wir lernen durch Belohnung (Verstärkung) und Bestrafung (Löschung). Allerdings: Aversions-Methoden, die die VT zu Anfang in negatives Licht rückten, helfen wenig (z. B Elektroschocks für sexuell abwegiges Verhalten...). Verstärkung wirkt besser. Positive Verstärkung ist Zuführung von angenehmen Reizen, negative Verstärkung ist Wegnahme von unangenehmen Reizen.

      Die angenehme emotionale Erfahrung, die auf ein neues, angebrachtes Verhalten folgt, ist eine starke positive Verstärkung oder Belohnung.

      Beispiele:

       Das schüchterne Mädchen macht nun doch den Führerschein, fährt mit Freude allein mit dem Auto zu einer Party, erlebt dort etwas Schönes.

       Der Therapeut „bestraft“ Klienten, die ihre „Hausaufgaben“ nicht machen, durch weniger Termine, und „belohnt“ Klienten und sich selbst für Erfolge durch mehr Termine.

      Es gibt viele Trainingsprogramme für das Üben sozialer Kompetenzen, sehr bekannt ist die dialektische Therapie für Borderlinepatienten nach Marsha Linehan (DBT). Das sind Kurse, um soziale Fertigkeiten nachzulernen, die der Klient als Kind nicht lernen konnte. Hier ist eine Tendenz zur „Manualisierung“, zur Erstellung von standardisierten Leitlinien, spürbar.

      Die neue „systemische Verhaltenstherapie“

      Die neue Verhaltenstherapie entdeckt die Familie: Die Grundhaltungen, die unserem Verhalten zugrunde liegen, sind ja Haltungen zu unseren nächsten Mitmenschen. Und in erster Linie, in erster Liebe hängt wir unsere Grundhaltung zum Leben von unserer Grundhaltung zu unserer Mutter ab. Mit systemischer Achtsamkeit können wir liebevolles Verhalten lernen. Darum öffnet sich die VT immer mehr für das Systemische, von dem in diesem Buch noch einiges zu lesen sein wird, und manche Kliniken bekennen sich zu einem Konzept der „Systemischen Verhaltenstherapie“.

      Tiefenpsychologische Verfahren

      Die heutige VT kommt ohne tiefenpsychologische Erkenntnisse und Interventionen nicht aus. Denn ein großer Teil unseres Denkens und auch Fühlens läuft unbewusst ab. Das Unbewusste ist der stärkste Antrieb unseres Handelns.

      Die erste, klassische, bahnbrechende neue Form der Psychotherapie unserer Zeit war die Psychoanalyse nach Sigmund Freud. Der Klient liegt auf der Couch, der Therapeut sitzt am Kopfende außer Sicht des Klienten, hört ihm mit gleichschwebender Aufmerksamkeit zu und redet kaum. Aufgrund der umfangreichen Literatur dazu gehe ich nicht näher darauf ein, nur so weit: Freud sieht den Menschen gegliedert in Schichten, das Es (unsere triebhafte Natur), das Ich (unser bewusstes Denken und Fühlen) und das Über-Ich (die Einflüsse unserer Erziehung). Viele Psychoanalytiker arbeiteten ihr Leben lang daran, dieses Schichtensystem und die Hierarchie der Triebe zu zergliedern und zu verfeinern und auf ihre Weise zu benennen.

      Eine wichtige Weiterentwicklung der Psychoanalyse geschah durch C.G. Jung, einen der ersten Freud-Schüler, der vor allem in der Schweiz mehr bekannt ist als bei uns. Er prägte den Begriff des „kollektiven Unbewussten“, das heißt, unsere Verbindung mit Familie und Gemeinschaft. Diese Erkenntnis führt zu den heutigen systemischen Denkweisen hin. Ist denn nicht das Einfühlen in die „Familienseele“ die wirklich tiefere tiefenpsychologische Therapie?

      Die heutige sogenannte „tiefenpsychologische Therapie“, die in Deutschland als dritte Therapieform neben der VT und der Psychoanalyse von den Krankenkassen anerkannt ist, passt die Methoden der Analyse den Möglichkeiten mancher Klienten an, die lieber dem Therapeuten gegenüber sitzen und ihm in die Augen schauen wollen, und die möchten dass der Therapeut mehr eingreift und redet.

      Die non-direktive Gesprächstherapie

      Manche Menschen möchten vielleicht gar nicht so viel an sich ändern, sie möchten einfach reden. Ihnen hilft die „Gesprächstherapie“, so wird diese Form oft auch abgekürzt. Sie ist im Grunde auch eine tiefenpsychologische Therapieform.

      Das Konzept der „non-direktiven“ therapeutischen Haltung, das heißt, des „Nicht-Lenkens“, geht auf Carl Rogers zurück. Der Therapeut hört zu, und gibt in eigenen Worten das wieder, was der Klient sagt, ohne zu werten, und ohne den Klienten in eine bestimmte Richtung zu bringen. Er ist also wie ein Spiegel. Hier kommt der heute so wichtige Gedanke der „Achtsamkeit“ ins Spiel, also die Grundhaltung des Zustimmens.

      Bemerkenswert ist auch die „non-direktive Spieltherapie“ für Kinder. Das Kind darf in seinem Spiel machen was es will und sich ausdrücken – innerhalb gewisser Grenzen, zum Beispiel es darf nichts zerstören. Der Therapeut kleidet in Worte, was das Kind dabei vielleicht fühlt, und macht dem Kind so sein Inneres bewusst.

       Beispiel: Ein 10-jähriger Junge, Scheidungskind, legt sich auf den Boden und nuckelt an einer Babyflasche. Der Therapeut sagt: „Du möchtest jetzt ein Baby sein.“

      Diese Therapieform ermutigt Gehemmte, sich auszudrücken, sich anzunehmen wie sie sind.

      Die provokative Therapie

      Manche Therapeuten würzen das Gespräch durch Humor und auch manchmal durch ernste Worte. Hart aber hilfreich, das ist die provokative Therapie. „Gibt es ein denn überhaupt ein therapeutisches Deckelchen für Dich, Du trauriges Töpfchen?“ So ein Spruch ist typisch dafür.

      Es gibt dazu das bekannte gleichnamige Buch von Frank Farrelly. Interessant ist: Er war Sozialarbeiter und arbeitete mit Carl Rogers, dem Vater der „non-direktiven Therapie“ in der gleichen Klinik in kritischem und wohlwollendem Dialog.

      Der Helfer ist hier nicht nur (im Sinn der non-direktiven Haltung) ein ebener Spiegel des Klienten, ein Zerrspiegel, indem er übertrieben, vergrößert Widersprüche reflektiert, doch ohne zu lenken.

      In den folgenden Text habe ich paradoxe und provokative Interventionen eingebaut:

       Es geht jetzt um ein ernstes Thema: Den Humor.

       Es scheint, sogar Gott hat Humor. Nur solche, die sich für göttlicher als Gott halten, haben manchmal keinen.

       Was jetzt kommt, ist paradox... Bitte lesen Sie hier nicht weiter. Es stimmt einfach nicht, was hier steht. Und was ab jetzt kommt, verstehen Sie auch nicht. Natürlich lesen Sie jetzt weiter. Und erst recht.

       Die paradoxe Intervention fordert das Gegenteil heraus. Der Helfer sagt etwas "Falsches", sogar etwas "Verrücktes". Der Klient widerspricht. Besonders wenn er einer ist, der immer sofort widerspricht, so wie Sie. Nicht? Schon wieder widersprochen.

       Macht nichts. Paradoxe Interventionen nutzen ja den Widerspruch konstruktiv. Wenn der Ratgeber etwas völlig Verkehrtes sagt, widerspricht der Klient und sagt dabei aus Versehen selbst das, was hilft. Manche Therapie wirkt so, zumindest bei manchen, aber nie bei Ihnen. Ihre Widerspruchsneigung ist unbezwingbar.

       Eine paradoxe Frage ist: "Was können Sie tun, damit Ihr Symptom schlimmer wird?"

       Es gibt unfreiwillige paradoxe Interventionen: Jemand wurde wegen eines

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