Die Therapie entdeckt die Familie. Dr. med. Günther Montag

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Die Therapie entdeckt die Familie - Dr. med. Günther Montag

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sondern es geht um das Anschauen einer Familie, wie sie ist, auf einer tiefen Ebene jenseits der Worte und Urteile.

      Kann man sich auf eine Aufstellung vorbereiten?

      Man soll bereit sein an die Eltern und Familie mit Achtung zu denken, eigene Gefühle zu hinterfragen, Eigenanteile an gegenwärtigen Konflikten zu sehen.

      Manchmal ist es hilfreich, Eltern oder Verwandte, natürlich mit Respekt, nach besonderen Schicksalen in der Familie zu fragen – zum Beispiel: Gab es Kinder die nur kurz gelebt haben, zum Beispiel abgetriebene und abgegangene oder früh gestorbene? Wurde jemand ausgeschlossen? Wer ist wessen Vater? Hat jemand einen besonderen Weg gewählt? Das ist die Vorbereitung für den Verstand.

      Aber man kann die Aufstellung nicht planen. Es läuft immer anders. Und was braucht die Seele als Vorbereitung? Zeit der Stille, meditieren, sich öffnen für die Liebe, die an dein Herz klopft. Wir sind immer in Vorbereitung für das Neue das kommt.

      Gibt es immer eine gute Lösung?

      Lösungen kann man nicht „machen“. Sie werden uns geschenkt. Lösungen sind immer nur teilweise. Uns wird nur der nächste Schritt gezeigt. Die Aufstellung ist ein Same. Sie sie bringt etwas in Bewegung.

      Manchmal muss ein Weg, der blind in die Tiefe geführt hatte, noch eine Zeitlang wissend weiter in die Tiefe gehen, bevor er sich wissend nach oben ins Licht wenden kann. Manchmal muss man eine Aufstellung abbrechen – doch der Abbruch ist eine sehr wirksame Intervention. Das Anschauen des Ist-Zustandes klärt etwas und führt uns zum angemessenen Ernst, setzt Kraft zum weiteren Suchen und zur Selbstheilung frei.

      Manche möchten jetzt noch keine Hilfe und können sie jetzt auch noch nicht annehmen. Sie spüren, sie müssen jetzt erst noch Erfahrungen machen – und haben ein Recht auf diese Erfahrungen. Das müssen wir als Leiter respektieren.

      Wie wirken Aufstellungen kurzfristig?

      Auch ohne eigene Aufstellung wirkt ein Seminar mit Aufstellungen bewegend. Man ist am Tag danach oft müde, es war ja eine seelische Arbeit. Es ist meist ein angenehmes Gefühl von „glücklich-müde“. Auch eine Stellvertreter- Rolle die man für jemand anders übernommen hat, kann noch eine Zeitlang nachklingen und an Eigenes erinnern.

      In der Zeit danach braucht man Ruhe, die freie Natur, es ist gut wenn ein lieber Angehöriger in der Nähe ist, und manchmal kommt das Bedürfnis für einen stillen Besuch an einem Grab.

      Wie wirkt systemisches Arbeiten langfristig?

      Die nachhaltige Wirkung hängt von unserer inneren Einstellung ab. Nichts wirkt wenn einer nichts will. Nur in der Grundhaltung der Achtung und Liebe zu unserer Familie und zu den höheren Kräften helfen uns Aufstellungen, einander besser zu verstehen. Wir kommen vom Ich-Denken zum Wir-Denken. Der Blick geht von uns selber auf andere.

      Das bringt nach einiger Zeit ganz praktisch etwas in Bewegung, zum Beispiel kann eine Trauerarbeit vollendet werden, findet eine Versöhnung statt. Wir beenden heimliche Vorwürfe, zum Beispiel an die Eltern. Wir entlassen jemand aus einem inneren unsichtbaren Gefängnis. Das befreit nicht nur ihn, sondern zugleich abgespaltene Teile von uns selbst - unser inneres Kind war auch mit eingesperrt in der Gefängniszelle.

      Dieses innere Heilwerden braucht Zeit. Nicht die Aufstellung erledigt es für uns, aber sie regt uns an zu einer geistigen Arbeit. Nach einer Zeit darf dann Schweres für immer vorbei sein. Neues wächst. Die verborgene Liebe in uns kann wieder fließen. Wir finden unseren Platz in unserer Familie. Wir erleben die gute Kraft, die gleichzeitig das in uns Getrennte und die in der Familie Getrennten zusammenführt. Wir und sie zugleich spüren mehr Wärme, Liebe und Verbindung.

      Braucht man Nachbetreuung nach einer systemischen Intervention?

      Es ist normalerweise gut, nach einer Aufstellung oder einer anderen systemischen Intervention das Erlebte ruhen und wirken zu lassen, ohne viel zu reden oder sofort äußerlich etwas zu ändern. Denn es beginnt in tieferen Ebenen zu wirken. So sammelt sich von dort aus Kraft für die richtigen Schritte zur richtigen Zeit in der Ebene des Handelns.

      Manchmal hilft ein mit Aufstellungen vertrauter Berater, die Verbindung von der inneren Haltungsänderung zur äußeren Verhaltensänderung zu finden.

      Manchmal kann nun erst eine gegenwartsbezogene Verhaltenstherapie wirken.

      Oft aber geschieht eine Verhaltensänderung automatisch, fast unbemerkt. Oft erfahren wir erst durch Rückmeldungen von außen, dass unser Verhalten anders geworden ist.

      Braucht ein Klient mehrere Aufstellungen?

      Das Wesentliche löst sich oft in nur einer Aufstellung, und bleibt gelöst. Bei manchen sind mehrere Aufstellungen sinnvoll, vom Nahen zum Früheren, von Gegenwartsfamilie zu Ursprungsfamilie, vielleicht dann noch zu einem zurückliegenden Geheimnis, das noch wirkt. Aber das zeigt die Zeit. Aber mindestens einige Monate Abstand zwischen den Aufstellungen ist wichtig.

      Wo finde ich Forschungsergebnisse?

      Für so tiefgreifende Veränderungen, wie sie hier beschrieben sind, sind die in der Forschung üblichen Fragebogentests nur ein unvollkommenes Werkzeug. Es gibt zunehmend Studien über Wirkungen von Familien-Aufstellungen. Am meisten überzeugt es im Normalfall, wenn wir jemanden kennen, der schon die Wirkung einer Aufstellung selbst erlebt hat.

      Was kann ich für Euch tun? Vergleich zwischen Ich- und Wir-Therapie

      Ich vergleiche die Verhaltenstherapie als Beispiel für die Heilversuche des „Ich“ mit der systemischen Therapie des Wir, hier greife ich als Beispiel im Wesentlichen das Familienstellen heraus.

      Beide haben Gemeinsamkeiten, sie sind verhaltensorientiert und praktisch. Sie haben aber auch große Unterschiede.

      Die systemischen tiefen Erkenntnisse über Liebe, Gewissen und Ordnung helfen zu verstehen, dass VT oft nicht wirken kann, wenn der Klient unter dem Einfluss tiefer Kräfte sein Symptom behalten will. Hier geht das Systemische weit über die Verhaltenstherapie hinaus, es macht sie durch die neu hergestellte Ordnung in der tiefen seelischen Schicht oft erst möglich. Manchmal macht es sie sogar überflüssig. Doch nicht alle Klienten sind dafür offen.

      Was haben persönliche und systemische Therapie gemeinsam?

      Da ich mich täglich mit beiden Wegen beschäftige, habe ich schon lange überlegt wie ich sie zusammenbringen kann. Es gibt viel Gemeinsames. Die VT hat einen systemischen Aspekt, denn sie ist auf unser Verhalten gegenüber Anderen ausgerichtet. Und das Systemische ist stark verhaltenstherapeutisch geprägt, denn es beobachtet Verhalten und dahinter wirkende Haltungen und hilft, sie zu verändern. Dieser Zusammenhang wird vielerorts erkannt. Zunehmend arbeiten Kliniken und Ausbildungsinstitute nach einem Ansatz der „systemischen VT“.

      Grundannahme: „gute Absicht“ des dysfunktionalen Verhaltens

      Beide Sichtweisen gehen im Prinzip von dem „Guten im Menschen“ aus – in der Sicht der VT bezwecken wir etwas Gutes durch unser kindliches Verhalten, denn

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