Die Therapie entdeckt die Familie. Dr. med. Günther Montag

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Die Therapie entdeckt die Familie - Dr. med. Günther Montag

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Verhalten, so sagt die VT und auch das systemische Denken, „funktioniert“ mit einer guten Absicht.

      Der weitgehende Verzicht auf Deutungen

      VT und systemische Therapeuten haben gemeinsam, im Gegensatz zu tiefenpsychologischen Verfahren: Sie gehen mit Deutungen sparsam um. Beide Richtungen würden sagen: Was hilft es wenn einer „durchanalysiert“ ist aber immer noch den gleichen Unsinn macht. Auf das Verhalten kommt es an, nicht auf das „warum“! In der VT gibt es das von der Verhaltensforschng stammende Modell der „black box“. Man stelle sich eine Laborratte im Labor in einem Labyrinth vor. , mit der ein Versuch gemacht wird. Wir ändern Bedingungen des Versuches und beobachten was die Ratte macht, wir können dabei aber nicht in die Ratte hineinschauen. Wir verzichten darauf uns viele Gedanken darüber zu machen. Wir beobachten nur das Verhalten. Die Ratte ist die „black box“. Im systemischen Arbeiten sind wir sparsam mit zu genauen Deutungen und Vermutungen – wie deuten nur so weit, als es zum lösenden Handeln führt. Was der Klient sagt (seine eigenen Deutungen) kann man meistens vergessen, da sie ablenken von der Lösung, da sie die Symptome aufrecht erhalten. Hätte seine Deutung geholfen, hätte er kein Problem mehr. Dagegen erkennt man eine gute Deutung daran: Sie enthält einen Hinweis auf die Lösung . Was für die Deutungen der Klienten gilt, ist zu oft auch für die Deutungen der Therapeuten wahr.

      Praktisch gesehen, wir fragen in und nach Aufstellungen nicht nach, achten Geheimnisse und das Geheimnisvolle in den Klienten und uns. In diesem Sinn ist auch die VT demütig – sie verneigt sich vor der black box.

      Im Vergleich dazu erscheinen mir manche tiefenpsychologische Deutungen zu sehr als an den Haaren herbeigezogen. Dazu festigen manche davon die Opferrolle der Klienten, indem sie nur auf „Defizite“ blicken.

      Das Denken in Bildern

      Was ist Denken? Ich habe mich mal an einer eigenen Definition versucht und fand keine bessere als „ich mache mir Bilder von den Menschen und Dingen, ich werte diese als gut oder schlimm“ Jede gute Rede, jedes gute Lied oder Gedicht zeigt uns: Gedanken erzeugen in uns Bilder. Oft habe ich Luise Ehrhardts Buch „gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überallhin“ meinen Klienten zum Lesen empfohlen. Allein der Titel ist eine schöne Metapher, wer will denn nicht überallhin auf Reisen gehen und ankommen? Es geht in dem Buch um Selbstsicherheit: „Du musst ja nicht über Leichen gehen. Aber manchmal darfst du über Leichtverletzte gehen“. Auch dieser Satz wirkt weil er so bildhaft ist.

      Wir machen uns innere Bildern von den Eltern machen, die unsere Haltungen und Handlungen bestimmen. Falls diese Bilder Irrtümer, Tilgungen und Verzerrungen enthalten, ist unser Verhalten entsprechend „dysfunktional“. Um tiefer zu blicken, müssen wir an den Bildern vorbei bis zur Wirklichkeit, so wie sie ist. Auch die kognitive VT versucht, verzerrte Bilder und Gedanken in Frage zu stellen. Wir sollen dem einengenden oder Angst machenden oder bedrückendem Denken aufbauende lichte Gedanken und Bilder gegenüberstellen. Die ressourcenorintierte Traumatherapie benützt „heilende Gegenbilder“ um den Schreckensbildern des Traumas ihre Übermacht zu nehmen. VT-ähnliche Techniken des NLP benützen die Vorstellung von Bildern, die übereinandergelegt werden: Das vorne liegende unangenehme Bild bekommt ein Loch, das immer größer wird, und das dahinter liegende Bild eines sicheren schönen Ortes kommt mehr und mehr zum Vorschein.

      Der Blick auf die Beziehungen

      Bei diesen Bildern geht es vor allem um die Personen und den Beziehungsaspekt – zur Arbeitsstelle, zu den eigenen Kindern, zu den Partnern und den Eltern und darüber hinaus.

      Man könnte es sehr drastisch sagen: „du bist deine Eltern“ und „dein Erfolg / deine Arbeitswelt schaut dich an wie du deine Mutter anschaust“. Auch in der modernen VT gibt es immer mehr Tendenzen, Beziehungen und nicht nur das „Ich“ zu betrachten.

      Die heilsame Macht des Wortes

      Das hypnotische Element in Selbstinstruktion und Prozessinstruktion wird von beiden Verfahren anerkannt und verwendet. In der kognitiven VT werden Selbstinstruktionen herausgearbeitet (z.B. in der Depressionstherapie nach Roth und Rehm) die der Klient sich bedarfsweise selbst zuspricht. Im autogenen Training und in der progressiven Muskelrelaxation spricht der Klient, wenn er alleine übt, Worte wie ein Mantra wiederholt und rhythmisch aus („mein rechter Arm ist ganz warm...“) Die verhaltenstherapeutisch orientierte Hypnose in der Art des Milton Erickson ist ein im wahrsten Sinn des Wortes bezauberndes Beispiel dafür. Die in Familienaufstellungen immer wieder kreativ neu gefundene Lösungsworte können, mit innerer Sammlung ausgesprochen, eine unglaublich tiefe befreiende und stärkende Wirkung entfalten. Die äußerste Verdichtung ist die „Therapie in einem Satz“, wenn ein Helfer, im inneren Kontakt mit dem System eines Klienten, gleichsam inspirierte Worte spricht und sie dem Klienten mitgibt. Ein Beispiel:

      „Sag zu jemand: Wir beide!“

      Das Handeln und das Üben

      VT und Familienaufstellung sind beide,im Gegensatz zu tiefenpsychologischen Verfahren, auf das praktische Handeln ausgerichtet. Die Ziele in der VT sollen ebenso wie die Frage nach dem Anliegen beim Familienstellen konkret und praktisch sein. Milton Erickson fragte oft: „Woran wirst du merken, dass du dein Therapieziel erreicht hast“, das heißt „An welchem Verhalten von dir wirst du es merken.“ oder: „An welchem Verhalten von jemand, der dich spiegelt, wirst du es merken.“

      Depression ist oft eine Weigerung zu handeln, und kann durch Handeln gelöst werden. Es ist gut, in der Erstanamnese weniger nach Gefühlen zu fragen sondern nach dem was geschehen ist, was jemand tut, oder tun möchte.

      Es gibt auch ein inneres Handeln. Es besteht in Änderungen der Sichtweise, die zum Frieden führen, und im Abschied vom einengenden Gewissen. Alle echte Weisheit ist auf Handeln ausgerichtet. Wissen, das nicht auf Handeln ausgerichtet ist, hat keine Kraft. Und: Die Weisheit ist eine Frucht von langer Disziplin und Übung.

      Das Familienaufstellen ist geballtes Handeln. Zugleich mit den Bewegungen der Stellvertreter in den Aufstellungen bewegt sich die Seele des Klienten und seiner Familie. Eine wichtige solche „Bewegung“ ist die Hinbewegung zu den Eltern. Sie besteht aus Schritten. Sie wird geübt. Sie macht dann die Hinbewegung zum Leben und zu anderen Menschen möglich.

      Das „Rebirthing“ oder Wiederholen der Geburt, wie es sich manchmal in Aufstellungen ergibt, und ebenso das Festhalten oder Holding sind im Sinn der VT „übende Verfahren“ und „Expositionen“. Sie fordern aktives Handeln des Klienten und ermöglichen emotionales Lernen und emotionale Neuerfahrungen.

      Methodenvielfalt und Methodenkombination

      Sowohl VT als auch Familienstellen sind nicht eine „Methode“ sondern ein Feld von Grundgedanken und Methoden, das sich ständig erweitert. Im Bereich der VT kommen ständig neue Methoden und vor allem neue Namen auf. Meist wird das Alte nur wenig abgewandelt, aber Hauptsache ist der neue Name. „Des vielen Büchermachens ist kein Ende“ sagte schon Salomo. Blick und die Inhalte erweitern sich jedoch auch auf wirklich Neues: Die nur auf die Lerntheorie eingeengte Sicht wird zunehmend verlassen. Es besteht ein Trend zur Kombination vieler Methoden. Die derzeit in Mode kommende „Schematherapie“ ist ein Beispiel. Die moderne Therapieforschung bestätigt, dass es nicht in erster Linie auf die Methode, sondern auf das Verhältnis zwischen Therapeut und Klient ankommt. Auch die Kombination der VT mit systemischen Ansätzen, genannt auch „systemische VT“ ist im Kommen, wie eine Google-Recherche am 15.10.2013 nach dem Begriff „systemische Verhaltenstherapie“ mit 1520 Ergebnissen bewies. Ebenso integriert das Familienstellen

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