Die Therapie entdeckt die Familie. Dr. med. Günther Montag
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Erst Haltungsänderung bewirkt Verhaltensänderung
Ein wesentlicher Unterschied des Familienstellens zur VT ist, dass es viel mehr in der Tiefe bei den Haltungen ansetzt, die letztlich das Verhalten bestimmen. Beispiel: Ein junger Mann, der nicht lernen möchte, der seine Ausbildungen abbricht - er beteuert in der VT dass er doch Erfolg haben möchte, aber ist es so? Wagt der Therapeut zu schauen ob er nicht lieber sterben möchte? Er vereinbart mit ihm Ziele und Einzelschritte, aber nichts wird helfen, weil der Klient nicht leben will. Wer nicht leben will, will auch nicht lernen. Anderes Beispiel: Viele Magersüchtige bleiben in angesehensten Kliniken mit bester Diätberatung und VT (die sich laut Studienlage als besser etablierte als die tiefenpsychologischen Wege) immer noch magersüchtig. Erst das Erkennen und Unterbrechen der Dynamik „lieber sterbe ich als du, lieber Papa“ bringt Erfolg, wenn es gelingt, das was den Vater betrifft, bei ihm zu lassen und nach vorn zu schauen.
Absichtslosigkeit, Erlösung des Helfers
In der VT haben sowohl Klient als auch Helfer die Absicht, Verhalten zu verändern. Wenn das gelingt, ist es „gut“, denn zum Therapie- Verlängerungsanträgen an die Krankenkassen gehört der Nachweis, welche Schritte der Klient gemeistert hat. Der Gutachter prüft ob die Fortschritte eine Verlängerung rechtfertigen. Sind die „Defizite im adäquaten Verhalten“ geringer geworden? Das Denken in Kategorien des Mangels, an das „Fehlende“ oder „Defizit“, ist ein Werten, es folgt einem Gewissen, es unterscheidet zwischen richtig oder falsch. Der Helfer sieht die Notwendigkeit für den Klienten, etwas neues zu lernen. Wenn er die VT ernst nimmt, gibt er sich Mühe. Wenn er sehr engagiert ist, opfert er sich, so wie er sich als Kind vielleicht für seine kranke Mutter opfern wollte. Wenn er es lockerer nimmt und die VT als formalen Rahmen sieht für andere Verfahren, z,.B, das non-direktive und das provokative Vorgehen, hat er es schon leichter.
Es ist für den Helfer eine geistige Anstrengung, aus der Absicht herauszukommen. Die systemische Sicht ist, hinter dem Klienten seine Eltern zu sehen, die für ihn richtig sind, sein Schicksal, das richtig ist. Denn er hat in sich die Kraft, auch an dem Schweren zu wachsen, sogar besonders daran. Diese Absichtslosigkeit ist der größte Unterschied des Systemischen gegenüber der VT und anderen Arten des Helfens. Sie macht dem Helfer in seiner Entwicklung die größten Schwierigkeiten, besonders dem in einer der klassischen Therapieformen ausgebildeten Helfer.
Beim Erstkontakt mit einem Klienten sieht und konfrontiert ein guter systemischen Therapeut zwar die „Abwehr“, aber er bricht bei Abwehr ab, ohne Absicht, sie zu durchbrechen. In Aufstellungen wechseln wir manchmal Stellvertreter aus wenn diese „eine Absicht“ haben. Die Absichtslosigkeit gehört zur Achtung. Ohne Absicht bleibt der Helfer frei vom Klienten, er lädt nichts von ihm auf sich. Er greift ihm nicht unter die Arme, so dass der Klient seine Arme frei bewegen kann zum eigenen Tun. Und so bleibt der Klient vom Helfer frei.
Heiraten wir! Die Methodenvielfalt in der Praxis
Wegen der Erwartungen der Klienten und der geltenden Vorschriften gestalte ich meine Arbeit in der Einzelpraxis konform mit den gängigen Vorstellungen über die VT. Doch die Bereicherung durch Einsichten und Erfolge des Familienstellens will ich mit meinen Klienten teilen, so weit es möglich ist. So kombiniere ich seit etwa 10 Jahren die VT mit systemischem Denken und Methoden. Daraus entwickelt sich ein eigener therapeutischer Stil.
VT im Einzelgespräch - durch das Systemische erweitert
Hauptsächlich arbeite ich in Einzelsitzungen, von den Krankenkassen bezahlt. Klienten werden von Ärzten und Psychiatern überwiesen oder finden durch eigene Suche zu mir. Der Klient kommt mit einem Symptom zu mir, oder wird gekommen, mit mehr oder weniger Motivation. Er ist es gewohnt, dass man ein Mittel für ihn hat, um das Symptom rasch zu beseitigen. Er fragt: „Wie lange wird es dauern“...
Im Sinn der NLP-Strategie „pacing und leading“, hole ich den Klienten bei seinem Teilwissen über eine vordergründige VT ab und führe ihn - behutsam wie ich meine - zu einer umfassenderen Sicht über die Zusammenhänge zwischen Symptomen und Beziehungen.
Ich empfehle zusätzlich meine Praxis- Internetseite zum Lesen, dort erkläre ich was VT ist, dass es verschiedene Ebenen darin gibt, und deute das Systemische als tiefergehende Erweiterung an, anhand von Beispielen häufiger Diagnosen. Ein Auszug:
Was ist Verhaltenstherapie?
… Vor langer Zeit haben wir ein Verhalten gelernt, das uns damals sinnvoll erschien. Heute zeigen uns unsere Erfahrungen, dass manchmal ein anderes Verhalten angebracht wäre. Nicht immer ändert sich das Verhalten von selbst. Man muss sich selbst durchschauen, sich ein Ziel setzen und Schritte dorthin überlegen. Dieses Durchschauen kann auf mehreren Ebenen ablaufen. Während in den Anfängen der VT die Deutungen oft sehr oberflächlich waren, schaut die moderne VT auch mehr in die Tiefe. Siehe die Beispiele unten. Neues Verhalten lässt sich nur schrittweise lernen. Wir müssen üben. Manchmal hilft uns beim Üben ein Vorbild Mit der Zeit merken wir wie gut und befreiend dieses Üben sein kann, und das gute Gefühl ist wie eine Belohnung. So machen wir neue Erfahrungen. Und haben eine neue Einsicht: Das Leben ist schön. Das ist Verhaltens-Therapie.
… Ich erwarte die Bereitschaft, mit Verantwortung für sich selbst das Leben zu nehmen, so wie es ist, und etwas daraus zu machen. …
Hier sind einige Beispiele, bei welchen Anliegen Verhaltens- Therapie (abgekürzt VT) helfen kann:
„Mobbing“:
Wer über die anderen klagt, verhält sich wie ein „Opfer“... Die „oberflächliche“ Therapie hilft, wahrzunehmen, wo man ausgenutzt wird, und sich zu wehren. Das hilft manchmal schon sehr viel. Tiefer aber: Je mehr sich aber so etwas wiederholt, um so unwahrscheinlicher ist es, dass es nur mit den „Anderen“ zu tun hat. Sind Sie bereit, sich selbst näher anzuschauen? Erkennen Sie auch sich selbst teilweise als „Täter“? Erschreckt Sie das? Manchmal macht ein heilsames Erschrecken auf einmal handlungsfähig. Könnten Sie sich fragen „Wie habe ich dazu beigetragen, dass man mich an der Arbeitsstelle ausschließt.“ - das hilft, ein mögliches das Ziel zu sehen: „Ich möchte mich in dieser (oder der nächsten) Arbeitsstelle so verhalten, dass Andere gern mit mir zusammenarbeiten.“
„Burnout“:
Ein echtes „Burnout“ ist Erschöpfung wegen übertriebenen Aufopferns für andere, zum Beispiel im Beruf. Nicht nur die helfenden Berufe sind davon betroffen. Die Akut- Hilfe ist natürlich, das zu erkennen, und für eine Zeitlang Abstand von der Arbeit zu bekommen und sich zu besinnen. Dabei kann eine Krankschreibung helfen, manchmal muss man auch die Arbeitszeit auf Dauer reduzieren oder die Stelle wechseln. Aber was ist, wenn sich solche Situationen immer wiederholen? Dann ist die tiefere Etage der Therapie gefragt: Welches vielleicht in früher Kinderzeit angewöhnte Verhaltensmuster wirkt da? Fragen Sie sich: „Wollte ich als Kind z. B. der kranken Mutter oder dem kranken Vater helfen oder sie retten.“ VT hilft, solche Muster zu erkennen, das liebevolle Loslassen zu üben und im Beruf gelassener werden. Manchmal kann die Therapie hier gut durch eine „Familienaufstellung“ ergänzt werden, wo in einem wortlosen ruhigen Rollenspiel diese alten Gefühle ans Licht kommen.
In den Einzelsitzungen bemühe ich mich, sobald ich einen kreisenden Redefluß des Klienten um vordergründige Anliegen bemerke, Fragen auf die Bereiche Ressourcen und Familiennetzwerk auszuweiten. Am Anfang scheiden sich bei mir die Geister. Manche begreifen nicht die Zusammenhänge ihrer Probleme mit tieferen Mustern, wechseln zu Therapeuten