"dein Gott, ist drinnen bei dir" (Zefanja 3,17) Spirituelle Profile. Markus Roentgen
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Es ist ja geschrieben:
Zugrunde richten will ich die Weisheit der Weisen; und den Verstand der Verständigen will ich entmachten.
Wo bleibt da ein Weiser, wo ein Schriftgelehrter, wo ein Wahrheitsforscher dieser Weltzeit? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zum Aberwitz (zur Torheit) gemacht? Denn nachdem die Welt – angesichts der Weisheit Gottes – durch ihre Weisheit Gott nicht erkannte, gefiel es Gott: durch den Aberwitz (die Torheit) der Verkündigung die Glaubenden zu retten. Nachdem Juden Zeichen fordern und Griechen Weisheit suchen, verkünden wir dagegen einen gekreuzigten Messias; den Juden: ein Ärgernis; den Völkern: ein Aberwitz (eine Torheit). Ihnen aber, den Berufenen – Juden wie Griechen – den Messias: Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Denn: der Aberwitz (die Torheit) Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes stärker als die Menschen.
Blickt nur auf eure Berufung, Schwestern und Brüder! Das sind dem Fleisch nach nicht viele Weise, nicht viele Kraftvolle, nicht viele Hochgeborene. Doch das Aberwitzige (Törichte) der Welt hat Gott erwählt, um die Weisen zuschanden zu machen. Und das Schwache hat Gott erwählt, um das Starke zuschanden zu machen. Und das Niedriggeborene der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt; das Nichtige, um das Wichtige abzutun -…“
Folgen – Rezeption –
Narren in Christo9 und das tiefere Spiel der Narrenfreiheit
9 Vgl. hierzu grundlegend: Hans Urs von Balthasar, Narrentum und Herrlichkeit : Ders., Herrlichkeit. Eine theologische Ästhetik. Band III, 1 Im Raum der Metaphysik. Teil II. Neuzeit, S. 492-551. Erzählender: Walter Nigg, Der christliche Narr. Zürich 1956. Strukturalistisch, psychologisch und philosophisch durchdringend: Michel de Certeau, Kloster und Marktplatz: Narrheiten in der Menge : Ders., Mystische Fabel. Berlin 2010, S. 54-80. Vgl. auch Harvey Cox, Das Fest der Narren. Das Gelächter ist der Hoffnung letzte Waffe. Stuttgart-Berlin 2/1970. Vgl. auch als Roman: Gerhart Hauptmann, Der Narr in Christo Emanuel Quint. (=Ullstein Tb 23446). Berlin 1994.
Heilige Närrinnen und Narren finden sich in der Tradition und transformiert als Narren und Närrinnen in Christo in Folge der paulinischen Verkündigung und der Evangelien Jesu Christi ab etwa dem 4. Jahrhundert n. Chr.
Namen: Symeon von Edessa und Andreas der Narr – oder alles, was tief ist, liebt die Maske. Jacopone da Todi – oder der Tor göttlichen Liebens; Philipp Neri, der Spaßmacher Gottes, Erasmus von Rotterdam mit seinem Lob der Torheit – und dann die epochalen Figuren aus Literatur und Kunst: Cervantes „Don Quichote“, Dostojewskijs „Idiot“; früher noch Wolframs „Parzival“ bis zur darstellenden Kunst: Rouault’s Christus als Clown – später auch von Litzenburger so gemalt.
Certeau schildert eine der frühesten Gestalten, eine namenlose Frau (mitunter wird sie auch Isidora genannt werden) aus dem 4. Jahrhundert.
Die Narren in Christo sind Menschen, die Kontrastfiguren ausbilden. Sie widersprechen in Gestalt und Haltung dem antiken Schönheits- und Weisheitsideal, welches die Menschengestalt an den heroischen Göttergestalten orientierte.
Heilige Narren/ Närrinnen kontrastieren das Bild des Heiligen als Held/ Heldin!
Eine neue Gestalt springt hervor aus der Nachfolge des Jesus, der als menschgewordener Gott die klassischen Kategorien von Oben und Unten umkehrt; der unermessliche Gott als hilfloser Säugling in der Futterkrippe; der, aus dem der Kosmos und das Allsamt wurde, der ewige Logos, das unendliche Wort, gegeißelt und verspottet, ein Narr Gottes am Kreuz, erleidet den schändlichen Tod eines daher gelaufenen Straßenräubers, den Verbrechertod eines „Gotteslästerers“, der zuvor seinen geliebten Freundinnen und Freunden zärtlich begegnet, der ewige und heilige Gott wäscht, in Knechtsgestalt, seinen Schülern und Jüngern die Füße und erweist Lieben bis zum Es-Geht-Nicht-Mehr (vgl. Joh 13).
Die daraus sich her leitenden Narren in Christo sind, von da her, „nie ganz ‚bei Sinnen‘ und ‚bei sich‘ (…. Dem rechten Narr) „fehlt das Schwergewicht, das ihn nieder zur Erde fesselt. Er steht dem Heiligen am nächsten, näher oft als der seine Vollkommenheit pflegende, moralisch geglückte Mensch. Die Russen wussten, dass der Narr Gott gehört, seinen eigenen Engel hat, ehrwürdig ist. (…) Heilige, auf den Stapfen des verachteten, geschmähten, als wahnsinnig (Mk 3, 21) und besessen (Mt 12, 24; Joh 7, 20; 8, 48) erachteten Jesus, sehnen sich danach, um seinetwillen für Narren angesehen zu werden. (…) Äußere Gebärden, die sie tun müssen, wie die Selbstentkleidung des Poverello (Franz von Assisi; Anm. Roentgen), können schon so gedeutet werden. Ihm riefen die Kinder ‚il pazzo‘ (der Verrückte; Anm. Markus Roentgen) nach, auf dem Portiuncula-Kapitel, unter Anwesenheit des Kardinals von Ostia, eröffnete er den Brüdern, dass der Herr ihm gesagt habe, er ‚solle ein Tor sein in dieser Welt‘, und dass Christus sie alle keinen anderen Weg als den dieser Weisheit führen wolle. (…) Manche, die sich mit Paulus anbieten, anstelle der Brüder von Gott weggeflucht zu werden (Röm 9, 3), werden in die Abgründe getaucht: nicht nur der Gottverlassenheit (wie Jesus selbst; Anm. Markus Roentgen; vgl. Mk 15, 34) (…) Für abschließend können die Formeln Ignatius‘ von Loyola gelten, der bei der ersten Leben-Jesu-Betrachtung sogleich den Finger auf die Nachfolge ‚im Ausstehen alles Unrechts und aller Schmach und aller Armut‘ legt, auf dem Höhepunkt der Einübung in eine gelassene Lebenswahl , die vollkommene Demütigung‘ fordert, die darin besteht, dass ich ‚jemehr mit dem armen Christus Armut wünsche und erwähle als Reichtum, jemehr mit dem schmerzerfüllten Christus Schmach als Ehrenerweise, und jemehr danach verlange als ein Tor und ein Narr angesehen zu werden um Christi willen, der zuerst als ein solcher angesehen wurde, denn für weise und klug in dieser Welt.‘ “10
10 Hans Urs von Balthasar, Narrentum und Herrlichkeit, a.a.O, S. 494 f
Es sind auch immer Wege aus der etablierten Kirche, aus Gemeinde und Kloster in die Wüsten des Lebens, der Städte, der Umstände (etwa bei Symeon dem Narren). Der Büßernarr Jacopone da Todi (gest. 1303), ein gebildeter Doktor der Rechte und Advokat, beschließt in Folge des Franziskus von Assisi, freiwillig als Narr aufzutreten. Die Ekstasis seiner Vernunft, diesem Heraus-treten, öffnete sich bislang unerhörter Poesie, Gesänge an Gottes verstörte und verstörende, ja ver-rückende und in den Augen der „Welt“ ver-rückte Liebe.
Gott, der uns allen die Füße wäscht!
Dieses Lieben Gottes sprengt jegliches Warum, öffnet ins Unermesslich-Maßlose, setzt sich aus: Aussetzung des Allerheiligsten bis in die Torheit sich hin-gebenden Liebens bis zur Durchstoßung, bis zur Durchkreuzung aller menschheitlich weisheitlichen Tradierung!!!
Jacopone da Todi singt „Gütigsein kennt kein Warum“: „Hinfälligkeit alles Irdischen bis zum All-Totentanz, Herrlichkeit der Gottesliebe bis zur franziskanischen All-Umarmung der gottgeliebten Kreatur, Eintauchen in bodenlose Tiefen des Gottwesens …“11
11 Ebd., S. 497.
Ich beschließe den Beitrag mit einer Närrin aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. Überliefert ist diese Passage aus der „Historia lausiaca“, mit der diese erste Närrin (salé) eingeführt wird, von Michel de Certeau12, der auch einen profunden Kommentar zu dieser Geschichte formuliert hat – daraus abschließend einige Erhellungen:
12 Michel de Certeau, Mystische Fabel, a.a.O., S. 56 ff.
„In jenem Kloster war auch eine Jungfrau, die sich den Anschein gab, als ob sie verrückt und besessen sei. Darum hegte man allgemein solche Abscheu vor dieser, dass keine mit ihr essen wollte; sie aber hatte das freiwillig auf sich genommen. Sie irrte in der Küche