Gottes Handwerk. Katrin Pirc

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Gottes Handwerk - Katrin Pirc

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genommen hatte, fand ich mich schmunzelnd in der Spirale des Lebens wieder. Ich bin sehr selbstkritisch und mit einem Hang zum Perfektionismus ausgestattet, mit dem ich mir oft selbst im Weg stehe.

      Ich schaffe es aber auch, in jeder Hürde eine Herausforderung zu sehen, und gräme mich viel zu ungern, als mich darin verlieren zu können. Ich habe eine recht hohe Belastungsgrenze und weiß, dass Selbstzweifel und Unmut einen nicht wirklich weiterbringen.

      Also stürzte ich mich mit großen Erwartungen in die neue Aufgabe.

      Zu Beginn der Behandlung wurden meine Eierstöcke mit einer Tablette hormonell stimuliert. Die unregelmäßigen Zyklen waren ein Indiz dafür, dass mein Hormonhaushalt die Heranreifung der erforderlichen Eizellen behinderte. Die Hormone sollten die Entwicklung nun anregen.

      Es begann ein Marathon von Besuchen beim Frauenarzt. Alle paar Tage rannte ich noch vor Arbeitsbeginn wegen etlicher Ultraschalluntersuchungen in die Praxis.

      Am Anfang zeigten sich zwei bis drei kleine vielversprechend heranwachsende Eizellen.

      Ich war an und für sich sehr optimistisch, dass sich die vermuteten Hindernisse zerschlagen würden. Ich hatte keinen ernsthaften Grund dafür, davon auszugehen, dass mich der Kinderwunsch vor eine der größten Herausforderungen meines Lebens stellen könnte.

      Doch bei meinem nächsten Kontrollbesuch kam der Doktor mächtig ins Schwitzen: elf sichtbar reife Eizellen, mehr als das Vierfache von dem, was er angestrebt hatte! Es war eine Dimension, die mein Arzt mit der Reproduktionsmedizin – das ist das medizinische Fachgebiet der künstlichen Fortpflanzung – verglich.

      Er erläuterte mir das Risiko, unter diesen Voraussetzungen auf natürliche Weise schwanger zu werden, und riet eindringlich davon ab.

      „Elflinge sind hoffentlich nicht in Ihrem Sinne!“, fasste er, etwas scherzhaft betont, zusammen.

      Die Gefahr einer Mehrlingsschwangerschaft war sehr groß, ja sogar bedrohlich.

      Wirklich traurig war ich darüber aber nicht. Ein solches Ergebnis mit nur einer einzigen Tablette erzielt zu haben, weckte vielmehr meine Zuversicht, überhaupt eine Schwangerschaft erzielen zu können, vielleicht sogar ohne langwierige Prozeduren.

      Mit dem zweiten Anlauf und diesmal lediglich einer Vierteltablette waren die Voraussetzungen optimal. Für meinen Mann und mich war das der Startschuss, unseren Part zu erfüllen. Kleine Vernarbungen an den Eierstöcken zeigten den Sprung der gereiften Eizellen an.

      Die Hoffnung wuchs mit jedem Tag – ohne allerdings erfüllt zu werden!

      Mit dem Scheitern des zweiten Versuches schlichen sich neben dem Ausbleiben der Regelblutung aufflammende Enttäuschungen ein. Mein Frauenarzt probierte unterdessen, meinen Zyklus mit einer Art Antibaby-Pille hormonell in ein besseres Gleichgewicht zu bekommen.

      Der erhoffte Erfolg weiterer Versuche blieb jedoch weiterhin aus.

      Beruflich war ich als kaufmännische Angestellte in einer kleinen Filiale eines landwirtschaftlichen Unternehmens tätig, das mehrere Zweigstellen im Münsterland hatte. Die vielen Arztbesuche habe ich dort nicht mit der Überschrift „Kinderwunsch“ erklärt. Andere körperliche Beeinträchtigungen standen offiziell im Vordergrund. Bislang fielen die Termine ja auch nicht zum Nachteil meiner Arbeitszeit oder -leistung aus.

      Die Behandlung setzte monatsweise aus: Zyklusstörungen und eine Blinddarm-OP schoben sich dazwischen. Ich stürzte mich in die Arbeit und übernahm nach Verlängerung meines Vertrags, für mich ziemlich überraschend, die Leitung des kleinen Standortes.

      Während sich meine berufliche Perspektive stark veränderte, versank ich emotional in erhebliche Unzufriedenheit.

      Mein Leben war nie darauf ausgerichtet gewesen, Karriere machen zu wollen; meine endgültige Berufswahl hatte einen rein pragmatischen Ursprung, eine Entscheidung, die sich gegen meine eigentlichen Vorstellungen richtete. Ich sah mich nie in einem kaufmännischen Beruf, fand aber genau darin, überraschenderweise, mein Arrangement mit mir selbst.

      Einen Großteil meiner Freizeit widmete ich meinen häuslichen Verpflichtungen, meiner Familie und vor allem dem Sohn meines Mannes. Mein Mann war beruflich sehr eingespannt und viel unterwegs. Meinen Urlaub und Überstundenausgleich richtete ich nach den Tagen oder Wochen, die sein Sohn bei uns sein wollte. Er war so gern bei uns, dass es mir eine große Freude war, meinen Anteil daran zu haben. Mein Mann bekundete sogar scherzhaft, dass sein Sohn offenbar lieber mich als ihn besuchen käme.

      Wir Frauen sind uns inzwischen auf einer Toleranzebene begegnet, an der wir stetig arbeiten mussten – jede auf ihre ganz eigene Weise.

      Die nächsten Versuche scheiterten ebenfalls trotz nahezu perfekter Bedingungen: ein halbwegs geregelter Zyklus, Aufbau der Gebärmutterschleimhäute, heranwachsende Eizellen und zu beobachtende Eisprünge.

      Es wurde zunehmend schwieriger für mich, einem Kind, das nicht meins war, Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken, ohne ein Gefühl der Traurigkeit zu verspüren. Es zu umarmen und zu Bett zu bringen, herumzutollen und zu toben, zu lachen und zu kuscheln: Das alles wurde von einem lachenden und einem weinenden Auge begleitet.

      Es mag sein, dass ich insgesamt dünnhäutiger wurde.

      Ich ärgerte mich zusehends über einzelne Personen, die meine Fürsorge und Verantwortung mit Dreck beschmutzten. Der Klatsch und Tratsch ging mir sehr nah. Eine Schleife mit System, die ich anfangs nicht einzuschätzen wusste. Im Grunde genommen hätte es mir eigentlich gleichgültig sein müssen, weil es an unserer Beziehung nichts änderte und ich einen Großteil Menschen um mich herum hatte, die meine Zuwendung sehr zu schätzen wussten. Aber ich bin ein Mensch der Harmonie und Fairness. Auf Ungerechtigkeiten und Machenschaften reagiere ich sehr sensibel und revolutionär.

      Die Kehrseite der Medaille!

      Ein Disput, der nie offen mit mir ausgetragen wurde.

      Das Innehalten meiner Wut verwandelte sich in überflüssige Streitigkeiten zwischen mir und meinem Mann. Ich hatte das Gefühl, dass mein Mann sich nicht so positionierte, wie er es mir als Partner an meiner Seite schuldig gewesen wäre. Ich solle doch das Gerede nicht so wichtig nehmen. Jeder Widerstand wäre ein weiterer Anlass, Öl ins Feuer zu gießen. Ich würde mit meiner Offensive nur das Gegenteil von dem erzielen, was ich beabsichtigte. Mein Kopf konnte seine Zurückhaltung nachvollziehen, aber meinen Emotionen hätte es manchmal gutgetan, wenn er lauter und bestimmter Stellung bezogen hätte. Der persönliche Anspruch mir selbst gegenüber, mich auf das Wesentliche zu besinnen, war stärker, als mich unterkriegen zu lassen. Ich versuchte, mich darüber hinwegzusetzen und eine überlegenere Haltung einzunehmen.

      Die Unzufriedenheit mit meinem Körper, der in keiner Weise mehr so funktionierte, wie ich es gern wollte, war wie eine Hülle, in der ich mich gefangen fühlte.

      In meinem Freundeskreis gewann das Thema Kinderkriegen immer mehr an Präsenz. Vielleicht war es ein Selbstschutz, mir, meinen Freundinnen und anderen gegenüber nicht eingestehen zu wollen, dass sich Eifersucht in mich hineinfraß. Ich fand Gründe dafür, unseren Treffen aus dem Weg zu gehen, und suchte nach Ausreden, mit denen ich mich besser fühlte.

      Die Arbeit war ein Ort des Rückzugs. Doch als meine Kollegin, die eigentlich gar keine Kinder haben wollte, plötzlich schwanger wurde, traf mich diese gefühlte Ungerechtigkeit mitten ins Herz. Wir sprachen offen darüber, denn ausgerechnet ihr hatte ich mich anvertraut.

      Meine glückliche Arbeitssituation war Geschichte: ein Kollege

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