Der gebrochene Schwur. Мэри Элизабет Брэддон
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»Claribel Lisle,« sagte der Offizier leidenschaftlich, »wissen Sie, daß ich vor Jahren im fernen Indien auf die Kniee fiel und Gott bat, diese heutige Begegnung mir zu gewähren? Es war eine gottlose Bitte, nicht wahr, denn sie umfaßte den Tod eines Mannes, der mich nie beleidigt hatte; doch sie ward erfüllt. Vielleicht mir zum Fluche erfüllt. Es war ein leidenschaftliches, wahnsinniges, verblendetes, ruheloses, verzweifeltes, heidnisches Gebet. »Laß’ mich sie wiederfinden als Bettlerin auf der Straße, wiederfinden von Krankheit niedergeworfen in einem Hospital, wiederfinden, verlassen und verachtet von jedem Geschöpf auf dieser weiten Erde, nur laß’ mich sie wiederfinden wie und wo immer es sein mag, und beim Lichte des Himmels, sie soll mein Weib werden!« Dies geschah vor Jahren; während dieser langen Zeit habe ich täglich dies Gebet erfleht. Es ist erhört und ich bin hier.«
»Sie Reginald meinte es gut mit mir,« sagte sie, als Antwort auf seine Rede. »Ich suchte meine Pflicht gegen ihn zu erfüllen.«
»O ja, Claribel, ich kann mir dies denken. Sie thaten auch Ihre Pflicht gegen Ihre Tante und Ihre Vormünder, als Sie vor acht Jahren mir das Herz brachen und mich verließen, um Sir Reginald Lisle zu heiraten.«
»Sie quälten mich so schrecklich, sagten so entsetzliche Dinge —«
»Ja, sie sagten ich sei in Ihr Vermögen verliebt, nicht wahr? Sie sagten, daß der mittellose Offizier nur um die verwaiste Tochter des reichen Kaufmannes werbe um der Tausende willen, die der Vater ihr hinterlassen. Das sagten sie, und Sie — Sie, die mich und meine Liebe kannten, Sie, Claribel, glaubten ihnen.«
»Ich wagte nicht meinem eigenen Urtheil zu trauen.«
»Ja, Lady Lisle, das war die, Sünde Ihres Lebens.«
Er umspannte ihre zarten Gelenke mit seinen beiden starken Händen, und hielt sie ein wenig von sich entfernt, indem er ihr ernst in’s Gesicht blickte.
»Gott im Himmel, welch ein gebrechliches, schwaches Rohr ist es, auf das ein Mann seines Lebens Glück baut! Wer kann sich wundern, wenn er Schiffbruch leidet? Meine arme, schöne, gebrechliche, seelenlose Claribel, man kann eben sowohl nach Stärke und Kraft suchen in dieser schwankenden Glockenblume, als auf Treue und Beständigkeit hoffen bei Ihnen.«
»Sie sind sehr grausam, Arthur.«
»Bin ich das? Erinnern Sie sich des Septembers vor acht Jahren? Wer war damals grausam? Claribel, wir stehen auf derselben Stelle, wo wir damals bei einander standen an jenem Trennungsabend. O, wie ergreift mich dieselbe Qual an diesem selben Ort! Wie kehren die alten Schmerzen zurück und nagen an diesem müden Herzens Nacht um Nacht, Jahr um Jahr hab’ ich geträumt von diesem Hügel und unserer Trennungsscene. Ich hörte das Rauschen Ihres Seidenkleides, als der Abendwind es über die niederen Büsche des Haidekrautes wehte; ich fühlte die leise Berührung Ihrer kleinen Hand, die auf meinem Arm ruhte, ich sah Ihre Thränen, wiederholte Ihre herzlosen Worte, nicht weniger herzlos für mich, weil sie Ihnen selbst peinlich waren. Ich drückte Sie an meine Brust in jenem letzten Abschiedsschmerz, und erwachte, um die Sterne zu sehen, die durch das Linnendach meines Lagerzeltes schimmerten, und das Geheul des hungrigen Schakals in der Ferne zu hören.«
»Auch ich litt. Ich litt so viel als Sie,« sagte sie mit bewegter Stimme.
»Nein, Claribel, Es ist ein allgemeiner Irrthum, zu glauben, daß ein Weib von solchem Kammer viel litte. Es leidet, ja, aber es leidet daheim; und der Gram hat oft in seiner tiefsten Tiefe einen verklärenden Einfluß, und macht es zu einem besseren Wesen. Mit einem Manne ist es anders. Er sieht seine Hoffnungen zerschellt und den Plan seines Lebens vernichtet, und diesem Wrack den Rücken wendend, zieht er hinaus in die Welt, um — Zerstreuung zu suchen! Ich will Ihnen nicht mittheilen, Lady Lisle, welch’ ein weites Feld das Wort »Zerstreuung« umschließt; ich will Ihnen nur sagen, daß vor acht Jahren ich Ihrer würdig war — heute bin ichs nicht mehr.«
»So lieben Sie mich nicht?« frug sie.
»Ja, Claribel, o ja. Ich hatte nie vermocht eine Andere zu lieben als Sie. Ich sah schönere und bessere Frauen, aber es war mein Wahn und mein Unglück, unvermögend zu sein, Sie zu vergessen oder aufzuhören Sie zu lieben. Ich verachtete Sie um Ihrer Falschheit willen, ich fluchte Ihnen Ihrer Treulosigkeit halber; aber durch acht verzweifelte, elende, hoffnungs- und ruhelose Jahre gedachte ich Ihrer und liebte nur Sie. Verdiene ich eine Belohnung? Sie sind Ihre eigene Herrin heute. Ihre Tante, deren Einfluß auf Sie so bedeutend war, ist längst todt. Ihre Vormünder haben keine Rechte mehr über Sie. Claribel, ich frage Sie jetzt, stehend auf der Stelle, wo vor acht Jahren ich, im leidenschaftlichen Taumel der Verzweiflung, zu Ihren Füßen sank, ich frage Sie jetzt, wo Sie frei sind, wollen Sie den Schwüren Ihrer Jugend treu sein?«
Sie war einige Augenblicke still.
Sie hatte während dieser ganzen Rede geweint, nun aber trocknete sie ihre Thränen, und sagte mit leiser Stimme:
»Ja, Arthur, wenn es Sie glücklich macht.«
Sie äußerte diese Worte mehr wie aus Furcht vor ihm als aus eigenem Antrieb.
Er schlang seinen Arm um sie, zog sie sanft an sich, küßte sie auf die Stirne, und führte sie dann schweigend den Hügel hinab zu dem Wagen.
»Mama, Mama!« rief des Knaben helle Stimme, als sie sich dem Phaëton näherten; »ich glaubte Du würdest gar nicht kommen. Ich bin so hungrig und es ist beinahe dunkel. Und Brooks mag mir keine Geschichten mehr erzählen.«
»Weil Sie sie schon alle zweimal hörten, Sir Rupert,« sagte der Diener, seinen Hut lüftend.
»So erzählt Dir Brooks Geschichten, Sir Rupert,« sagte der Hauptmann lachend. »Von Jacob, dem Riesentödter, vermuthlich und dem Däumling. Nun, ich werde Dir auch Geschichten erzählen, Geschichten von Indien.«
»O, da habe ich Sie sehr lieb, und möchte, daß Sie mein neuer Papa werden. Brooks sagt —«
»Spring’ hinein, Sir Rupert. Es ist beinahe acht Uhr und Mama will mich nach Hause fahren.«
Der leichte Phaëton flog dahin über den hügeligen Grund, und bog nach halbstündiger Fahrt in das Thor von Lislewood-Park, einem der schönsten und ausgedehntesten Edelsitze der Grafschaft Sussex.
Der kleine Baronet war entzückt über seinen neuen Bekannten, und der Hauptmann beschäftigte ihn bis neun Uhr durch Erzählungen von Feenmärchen und dergleichen zu seiner Unterhaltung. Aber zur genannten Stunde erschien die ernste Wärterin an der Thüre des Salons, und überredete Sir Rupert nicht ohne bedeutende Schwierigkeiten, sich mit ihr in sein eigenes Zimmer zu begeben.
»Sie verziehen Ihren Sohn, Claribel,« sagte der Hauptmann, als der Knabe gegangen war.
»Wie könnt ich anders? Er war Alles, was mir zu lieben geblieben war.«
»Er ist ein schöner Junge, aber er sieht nicht kräftig aus.«
»Nein, er ist auch nicht kräftig; und dies ist zum Theil auch die Ursache, weshalb ich ihm meist seinen Willen thue. Die Aerzte sagen mir, es dürfe ihm nicht widersprochen werden. Er ist ein so nervöses Kind.«
»Ist er begabt?« frug der Hauptmann.
»Nun, ich glaube kaum, daß er sehr begabt ist,« sagte Lady Lisle mit einigem Zögern; »er ist zurück in seinen Studien. Mr. Maysome, der Pfarrer, kommt jeden Morgen herüber, ihn zu unterrichten, aber ich fürchte er findet ihn lässig.«