Liebe im Exzess. Eliza Haywood
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Dann zog sie sich in ihr Gemach zurück und war so zufrieden wie seit Monaten nicht mehr.
Ganz anders erging es der armen Amena in der Nacht, denn abgesehen von der Sorge, ihrem Vater nicht gehorcht zu haben, war sie aus seinem Haus vertrieben und ihr Ruf dem unvermeidlichen Tadel einer unbarmherzigen Welt ausgesetzt, und das alles für einen undankbaren oder bestenfalls gleichgültigen Geliebten. Ihr Schmerz wuchs noch gewaltig, als sie, den Tränen nahe, den Brief herausnahm, den D´Elmont ihr beim Abschied gegeben hatte, und sich in Selbstvorwürfen erging, weil sie den darin niedergeschriebenen noblen Entschluss so gedankenlos gebrochen hatte. Dann aber erkannte sie Alovisas Handschrift, denn der Count hatte ihr versehentlich den zweiten an ihn gerichteten Brief dieser Lady gegeben statt jenen, den Amena von ihm zurückzuerhalten wünschte.
Nie hatten Überraschung, Verwirrung und Verzweiflung eine solche Wucht wie in Amenas Seele bei dieser Entdeckung; die Lektüre macht ihr klar, dass sie ausgerechnet bei jener Person Schutz gesucht hatte, die sie am ehesten hätte meiden müssen, und dass sie ihre größte Feindin, eine Rivalin, die in jeder Hinsicht für ihre Hoffnungen eine Gefahr bedeutete, zur Vertrauten gemacht hatte. Die hohe Geburt und die riesigen Besitztümer, über die Alovisa verfügte, standen für Amena im Kontrast zur bescheidenen Macht ihres Vaters, ihr ein Leben in Reichtum zu ermöglichen; Alovisas Geist und Witz im Kontrast zu ihrer eigenen Unschuld und Schlichtheit; Alovisas Stolz und die Achtung, die ihr hoher Stand von der Welt einforderte, im Kontrast zu ihrem eigenen schändlichen und zerrütteten Zustand; sie sah sich selbst gänzlich dem Ruin preisgegeben. Mit Worten war das Ausmaß ihres Jammers kaum zu beschreiben.
Doch von all ihren düsteren Gedanken war am schlimmsten ihre Glaube, dass D´Elmont wusste, von wem der Brief stammte, und dass er sie, Amena, nur hofierte, um sich für eine Weile zu amüsieren, und sie seinem Ehrgeiz opferte, um die Eitelkeit ihrer Rivalin zu nähren; eine gerechte Wut öffnete Amena nun die Augen, und indem sie sein Verhalten vom Beginn bis zuletzt genauer betrachtete, verrieten ihr tausend Dinge, dass seine Absichten den Namen Liebe bei weitem nicht verdienten. Keiner, der jemals auch nur im Geringsten von jenen Leidenschaften gerührt war, die Amenas Seele aufwühlten, würde annehmen, dass sie unter diesen Umständen Schlaf fände; doch während Schmerz und Verwirrung sie in Unruhe hielten, fand die geschäftige Alovisa desto mehr Freude an anderen Dingen: Sie hatte Amena versprochen, nach ihrem Vater und dem Count zu schicken, und war sich bewusst, dass nicht mehr viel Zeit bis zum Morgen blieb, um so viele verschiedene Strategien zu entwickeln, um alle drei zu täuschen, den Ruin ihrer Rivalin zu besiegeln und das Interesse ihres Geliebten zu erwecken; sobald sie den richtigen Zeitpunkt für gekommen hielt, sandte sie einen Boten zu Monsieur Sanseverin, der in seinem Leid ihrem Ruf sofort folgte. Sie empfing ihn in ihrer Ankleidekammer und sagte mit vorgetäuscht besorgter Miene:
„Wie schwer es doch ist, Kummer zu verbergen! Obwohl Ihr Euch mit Rücksicht auf Eure und die Ehre Eurer Tochter zweifelsohne darum bemüht, verrät mir Euer Gesicht den Kummer doch zu deutlich, als dass ich zuversichtlich wäre, ihn selbst verbergen zu können.“
„Wie, Madame“, klagte der ungeduldige Vater und ließ seinen Tränen Lauf, „kommt es, dass Ihr von meinem Unglück wisst?“
„Leider“, antwortete sie. „fürchte ich, dass Ihr der letzte wart, der von diesem Unglück Kenntnis bekam. Meine Hoffnung war, dass mein Rat und die täglichen Beweise der Geringschätzung, die der Count Eurer Tochter gegenüber hegt, sie dazu bringen würden, ihn zurückzuweisen, und ich bitte Euch tausendmal um Verzeihung für den Verrat an unserer Freundschaft, als ich Euch eine Affäre verschwieg, von der Ihr hättet erfahren müssen.“
„Ach, Madame!“, unterbrach er sie, „ich bitte Euch, sich für nichts zu entschuldigen, was der Vergangenheit angehört. Die Größe Eurer Güte ist mir wohlbekannt, und auch die Gunst, mit welcher Ihr meine Tochter immer beehrt habt; ich bitte nur darum, nicht länger im Unwissen über das schlimme Geheimnis bleiben zu müssen.“
„Ihr werdet über alles informiert werden“, sagte sie. „Ihr müsst mir aber versprechen, meinen Ratschlägen zu folgen.“
Nachdem er dies tat, teilte sie ihm mit, auf welche Weise Amena in ihr Haus gekommen war, wie kühl sich der Count ihr gegenüber verhalten hatte und wie es um das Ungestüm ihrer Leidenschaft für ihn stand.
„Nun“, sagte sie, „falls Ihr Eurem Zorn gegen den Count öffentlich freien Lauf lasst, dann wird das nur die Entehrung Eurer Tochter zum Tischgespräch von ganz Paris machen. Er ist am Hof zu angesehen und hat zu viele Freunde, um sich irgendwelche Bedingungen aufzwingen zu lassen, die Euch zufriedenstellen. Schon der geringste Klatsch könnte ihm verraten, auf welche Weise er mit ihr und ihrer exzessiven, um nicht zu sagen: ärgerlichen Vernarrtheit in ihn ursprünglich bekannt wurde. Und sollte dies geschehen, dann würde die Schande gänzlich auf sie fallen, und nur wenige würden ihn dafür verdammen, die von einer so jungen und schönen Lady wie Amena angebotenen Liebkosungen akzeptiert zu haben.“
„Aber wie ist es möglich“, rief er ganz verwirrt über diese Worte, „dass sie so tief sinken konnte, ihre Liebe anzubieten? Ach Himmel, ist das die ganze Wirkung meiner Gebete, meiner Fürsorge und meiner Milde?“
„Zweifelt nicht an der Wahrheit meiner Worte“, sprach sie weiter. „Was ich weiß, habe ich von ihr selbst, und davon wird Euch überzeugen, was ich Euch nun sage und vorher vergessen hatte.“
Nun erzählte Alovisa ihm von dem Zettel, den Amena in den Brief geschoben hatte, welchen er sie zu schreiben gezwungen hatte, und dass sie Anaret zum Count geschickt hatte, was sie durch erfundene Umstände noch drastischer ausmalte, bis der alte Mann, der das alles wie ein Orakel für bare Münze nahm, zwischen Sorge und Zorn schwankend fast den Verstand verlor; doch zunehmend vom Zorn beherrscht, schwor er, Amena auf eine Weise zu bestrafen, die jedes Kind vom Ungehorsam abhalten würde.
„Jetzt ist der Moment“, sagte Alovisa, „wo ich erwarte, dass Ihr Euer Versprechen erfüllt; solche Drohungen sind kaum dazu geeignet, den Ruf Eurer Tochter oder Eure Seelenruhe wiederherzustellen; also glaubt mir, es ist besser, nicht viel Worte darum zu machen, vielmehr zeigt Gelassenheit in Eurer Miene und überlegt, ob Ihr nicht einen Freund in einem Kloster habt, wohin Ihr sie schicken könntet, bis das Gerede und ihre Torheit sich gelegt haben. Falls Ihr niemanden kennt, kann ich Euch ein Kloster in St. Dennis empfehlen, dessen Äbtissin nahe mit mir verwandt ist und auf meinen Brief hin Amena mit aller nur vorstellbaren Liebe behandeln wird.“
Monsieur war äußerst erfreut über diesen Vorschlag und dankte ihr in Worten, wie sie ihre scheinbare Freundlichkeit verdiente.
„Ich möchte nicht“, fuhr sie fort, „dass Ihr sie mit nach Hause nehmt oder sie seht, bevor sie dorthin geht; oder, wenn Ihr doch wollt, nicht bevor alles für ihre Abreise vorbereitet ist, denn ich weiß, dass sie so viele Versprechen, sich zu bessern, geben wird, bis sie mithilfe Eurer väterlichen Milde durchgesetzt hat, in Paris zu bleiben, und ich weiß auch, dass sie nicht die Kraft hat, diese Versprechen zu halten, wenn sie in der gleichen Stadt wie der Count lebt. Sie kann, wenn Ihr wollt, in meinem Haus versteckt wohnen, bis Ihr alles für die Reise hergerichtet habt; um üble Nachreden zu vermeiden, ist es auch hilfreich, wenn Ihr verbreitet, dass sie sich mittlerweile bei Verwandten auf dem Land aufhält.“
Während sie sprach, kam Charlo und teilte ihr mit, dass jemand sie zu besuchen wünschte. Sie zweifelte nicht daran, dass es D´Elmont war, also drängte sie Monsieur Sanseverin zu gehen, doch nicht ohne ihn den Entschluss bekräftigen zu lassen, ihre Ratschläge vollständig zu befolgen. Sobald sie sich der Ankunft von D´Elmont sicher war, schwand alle Traurigkeit aus ihrer Miene, die nun Frohsinn und gute Laune ausstrahlte; sie zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen und alle lachenden Kupiden in ihre Augen.
„Mein Herr“,