Die vergessene Welt. Arthur Conan Doyle

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Die vergessene Welt - Arthur Conan Doyle

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ich denken.«

      »Oh, das ist die beste Erklärung, die Sie geben können?«

      »Ja, Herr Professor. Und was ist Ihre Meinung?«

      »Die nächstliegende, nämlich, dass dieses Tier existiert. Dass es wirklich nach dem Leben gezeichnet ist.«

      Ich hätte lachen mögen, wenn nicht die Vision eines erneuten Rundtanzes den Korridor hinunter vor mir aufgetaucht wäre.

      »Zweifellos,« sagte ich, »zweifellos,« wie man einem Geistesschwachen nachgibt. »Ich muss indessen gestehen,« fügte ich hinzu, »dass dieses kleine menschliche Wesen mir zu denken gibt. Wenn es ein Indianer wäre, könnte man ihn als Beweis für das Vorhandensein einer Zwergrasse in Amerika halten, aber es scheint mir ein Europäer mit einem Sonnenhut zu sein.«

      Der Professor schnaubte wie ein wütender Büffelochs. »Sie gehen wirklich bis zum äußersten«, sagte er. »Sie vertiefen meine Einsicht ganz außerordentlich. Gehirnerweichung! Geistesträgheit! Wirklich erstaunlich!«

      Er wirkte zu lächerlich, als dass ich mich darüber hätte ärgern können. Es wäre tatsächlich eine Energievergeudung gewesen; denn wenn man sich über diesen Mann hätte ärgern wollen, so hätte man dazu fortwährend Anlass gehabt. Ich beschränkte mich darauf, müde zu lächeln. »Ich stieß mich daran, dass der Mann so klein ist«, sagte ich.

      »Sehen Sie hier«, rief er aus, sich vorn überneigend und den großen haarigen Wurstfinger auf das Bild setzend. »Sie sehen diese Pflanze hinter dem Tier. Ich vermute, Sie halten sie für einen Löwenzahn oder Rosenkohl – wie? Nun, das ist eine Elfenbeinnuss-Palme, die 50 bis 60 Fuß hoch wird. Sehen Sie nicht, dass der Mann zu einem bestimmten Zweck in das Bild gesetzt ist? Der Maler selbst konnte nicht vor der Bestie stehen und sie zeichnen, ohne sein Leben zu riskieren. Er brachte sich daher selbst später in der Skizze an, um einen Größenmaßstab zu geben. Seine Größe betrug, wollen wir sagen, über fünf Fuß. Der Baum ist zehnmal so hoch, was durchaus anzunehmen ist.«

      »Herr Gott im Himmel!« rief ich aus. »Sie denken also, diese Bestie war – aber dann würde die Bahnhofshalle von Charing Cross ja kaum eine Höhle für so ein Riesenvieh abgeben!«

      »Ohne jede Übertreibung, das ist sicherlich ein voll ausgewachsenes Exemplar«, sagte der Professor friedlich.

      »Aber man kann wohl nicht sämtliche Erfahrungen des Menschengeschlechts über den Haufen werfen lassen durch eine einzige Skizze – –«, ich hatte die nächsten Blätter umgeschlagen und festgestellt, dass das Buch nichts weiter enthielt –, »eine einzige Skizze von einem auf der Wanderschaft befindlichen amerikanischen Künstler, der sie vielleicht unter der Wirkung von Haschisch, oder im Fieberzustand, oder einfach zur Befriedigung einer wunderlichen Einbildungskraft angefertigt hat. Sie können doch als Mann der Wissenschaft eine solche Behauptung nicht verteidigen.«

      Statt einer Antwort holte der Professor ein Buch vom Regal herunter.

      »Dies ist eine ausgezeichnete Monographie meines begabten Freundes Ray Lankester«, sagte er. »Darin befindet sich eine Illustration, die Sie interessieren dürfte. Ah, ja, hier ist sie. Die Unterschrift lautet: »Wahrscheinliches Aussehen eines Stegosaurus aus der Juraperiode.« Das Hinterbein allein ist zweimal so lang als ein ausgewachsener Mann. Nun, was sagen Sie dazu?«

      Er reichte mir das geöffnete Buch. Ich stutzte, als mein Blick auf das Bild fiel. Dieses rekonstruierte Tier aus einer verflossenen Welt zeigte sicherlich eine große Ähnlichkeit mit der Skizze des unbekannten Künstlers.

      »Das ist in der Tat bemerkenswert«, sagte ich.

      »Aber Sie wollen nicht zugeben, dass das entscheidend ist?«

      »Sicherlich liegt hier eine Übereinstimmung vor, oder der Amerikaner hat ein derartiges Bild gesehen und im Gedächtnis aufbewahrt. Das könnte einem Mann im Delirium sehr gut passieren.«

      »Na, schön«, sagte der Professor milde. »Wir wollen das auf sich beruhen lassen. Ich möchte Sie jetzt bitten, sich diesen Knochen anzusehen.« Er gab mir denselben, den er schon vorher als zum Besitztum des toten Mannes gehörig erwähnt hatte, in die Hand. Der Knochen war ungefähr 6 Zoll lang und dicker als mein Daumen, mit den Anzeichen von vertrocknetem Knorpel an dem einen Ende.

      »Zu welchem der uns bekannten Tiere gehört dieser Knochen?« fragte der Professor.

      Ich prüfte ihn sorgfältig und suchte mir einige halbvergessene Kenntnisse ins Gedächtnis zurückzurufen.

      »Das ist vielleicht ein sehr dickes menschliches Schlüsselbein.«

      Eine Handbewegung des Professors drückte tiefste Geringschätzung aus.

      »Das menschliche Schlüsselbein ist gebogen. Dieser Knochen ist gerade. Auf seiner Oberfläche findet sich eine Einsenkung, die beweist, dass dort eine starke Sehne lag, was nicht der Fall sein könnte, wenn es ein Schlüsselbein wäre.«

      »Dann muss ich bekennen, ich weiß nicht, was es ist.«

      »Sie brauchen nicht beschämt zu sein, wenn sich Ihre Unwissenheit enthüllt, denn ich nehme an, dass der ganze Gelehrtenstab des Kensington-Museums auch nicht in der Lage wäre, den Knochen unterzubringen.« Er nahm darauf einen kleinen Knochen von der Größe einer Bohne aus einer Pillenschachtel. »Soweit ich sehe, bildet dieser menschliche Knochen eine Analogie zu dem in Ihrer Hand befindlichen. Das kann Ihnen eine Idee von der Größe des Tieres geben. An dem Knorpel können Sie erkennen, dass es sich hierbei nicht um ein versteinertes, sondern um ein Exemplar aus der Jetztzeit handelt. Was sagen Sie dazu?«

      »Sicherlich bei einem Elefanten – –«

      Er wand sich wie unter Schmerzen.

      »Nicht so etwas, sprechen Sie nicht von Elefanten in Südamerika. Selbst beim heutigen Stande unserer Volksschulen – –«

      »Gut,« unterbrach ich ihn, »irgendein großes südamerikanisches Tier – ein Tapir zum Beispiel.«

      »Sie können überzeugt sein, junger Mann, dass ich in den Elementen meiner Wissenschaft einigermaßen zu Hause bin. Dies ist weder ein Knochen von einem Tapir, noch von irgendeinem anderen uns in der Zoologie bekannten Geschöpf. Es gehört zu einem sehr großen, sehr starken und, aller Analogie nach, sehr wilden Tier, das noch jetzt auf der Erde lebt, aber bisher der Wissenschaft nicht bekannt geworden ist. Sie sind noch nicht überzeugt?«

      »Mein Interesse ist jedenfalls aufs tiefste erregt.«

      »Dann ist Ihr Fall nicht hoffnungslos. Ich fühle, dass irgendwo etwas Verstand in Ihnen schlummert. Wir wollen ihn also geduldig ans Tageslicht befördern. – Wir wollen jetzt den toten Amerikaner verlassen und in unserer Erzählung fortfahren. Sie werden begreifen, dass ich mich nur schwer vom Amazonenstrom trennen konnte, ohne diese Angelegenheit tiefer erforscht zu haben. Es fanden sich nämlich Andeutungen, die einen Schluss auf die Richtung, aus der der tote Wanderer gekommen war, zuließen. Indianische Legenden allein schon hätten mir als Führer dienen können, denn ich fand Gerüchte über ein seltsames Land unter den am Ufer wohnenden Stämmen allgemein verbreitet. Sie haben zweifellos schon vom Curipuri gehört?«

      »Niemals.«

      »Curipuri ist der Geist des Urwaldes. Etwas Furchtbares, etwas Bösartiges, etwas, dem man aus dem Wege geht. Niemand kann sein Aussehen oder sein Wesen beschreiben. Aber es ist ein Schreckenswort an den Ufern des Amazonenstromes. Über die Richtung, in der Curipuri lebt, sind sich alle Stämme

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