Die vergessene Welt. Arthur Conan Doyle

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Die vergessene Welt - Arthur Conan Doyle

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Alters, der eine schwarze Steuermannsjacke und braune Ledergamaschen trug. Ich erfuhr hinterher, dass es der Chauffeur war, der den infolge beständigen Wechselns leeren Platz des ersten Dieners einnahm. Er sah mich mit seinen hellen blauen Augen forschend von unten bis oben an.

      »Erwartet?« fragte er.

      »Eine Verabredung.«

      »Haben Sie einen Brief erhalten?«

      Ich zog den Umschlag hervor.

      »Richtig.«

      Er schien ein Mensch von wenig Worten zu sein. Als ich hinter ihm den Vorraum betrat, wurde ich plötzlich von einer kleinen Frau, die aus einer offenbar in einen Speiseraum führenden Tür hervortrat, zurückgehalten. Es war eine kluge, lebhafte, dunkeläugige Dame, mehr französisch als englisch im Typus.

      »Einen Augenblick«, sagte sie. »Sie können warten, Austin. Wollen Sie bitte hereinkommen, mein Herr. Darf ich fragen, ob Sie bereits früher mit meinem Mann zusammenkamen?«

      »Nein, gnädige Frau, ich hatte noch nicht die Ehre.«

      »Dann bitte ich Sie im voraus um Entschuldigung. Ich muss Ihnen nämlich sagen, dass er ein ganz unmöglicher Mensch ist – absolut unmöglich. Wenn Sie vorher gewarnt worden sind, werden Sie gewiss bereit sein, Nachsicht zu üben.«

      »Das ist sehr rücksichtsvoll von Ihnen, gnädige Frau.«

      »Verlassen Sie schnell den Raum, wenn er den Eindruck macht, gewalttätig zu werden. Erwarten Sie nicht, mit ihm diskutieren zu können. Verschiedene Leute haben sich Beleidigungen zugezogen, weil sie es versucht haben. Hinterher gibt es einen öffentlichen Skandal, und das fällt dann auf mich und auf uns alle. Ich hoffe, dass Sie nicht wegen Südamerika zu ihm kommen.«

      Ich konnte einer Dame nichts vorlügen.

      »Um Gottes willen! Das ist sein gefährlichstes Thema. Sie werden kein Wort von dem, was er sagt, glauben – ich würde mich darüber nicht wundern. Aber sagen Sie ihm das nicht; denn das macht ihn rasend. Tun Sie so, als ob Sie ihm glauben, dann werden Sie mit ihm zurecht kommen. Denken Sie immer daran, dass er es selber glaubt. Davon können Sie überzeugt sein. Es gibt keinen ehrenhafteren Mann auf der Welt. Bleiben Sie nicht zu lange. Sonst schöpft er Verdacht. Wenn Sie den Eindruck haben, dass er gefährlich wird – wirklich gefährlich – dann läuten Sie und halten Sie ihn sich vom Leibe, bis ich komme. Selbst in seinem schlimmsten Zustand bin ich meist in der Lage, ihn zu beruhigen.«

      Mit diesen ermutigenden Worten übergab mich die Dame des Hauses dem schweigsamen Austin, der während unserer kurzen Unterredung wie eine Bronzestatue der Verschwiegenheit gewartet hatte, und ich wurde von ihm an das Ende eines Korridors geführt. Ein Schlag gegen die Tür, eine Stierstimme von drinnen, und ich stand vor dem Professor.

      Er saß in einem Drehstuhl hinter einem breiten Tisch, der mit Büchern, Karten und Zeichnungen bedeckt war. Als ich eintrat, flog sein Stuhl herum, und er fasste mich ins Auge. Sein Äußeres versetzte mir den Atem. Ich war darauf vorbereitet, etwas sehr Seltsames zu sehen, aber eine so überwältigende Persönlichkeit wie diese hatte ich nicht erwartet. Es war seine Gestalt, die einem den Atem stocken machte, seine Gestalt und sein imponierendes Wesen. Sein Kopf war enorm. Der größte, den ich je bei einem menschlichen Wesen gesehen habe. Ich glaube bestimmt, dass sein Hut, wenn ich gewagt hätte, ihn aufzusetzen, mir über die Ohren gerutscht wäre und auf meinen Schultern hätte stehen können. Sein Gesicht und sein Bart erinnerten mich an einen assyrischen Stier. Das erstere war von blühender Farbe, der letztere schwarz, mit einem Stich ins Bläuliche, dessen gekräuselte Strähnen sich wie ein Spaten auf seine Brust legten. Das Haar war merkwürdig, glatt nach vorn heruntergestrichen und lief in einen langen, kühnen Schwung über die massige Stirn aus. Die Augen waren blaugrau unter großen, schwarzen Haarbüscheln; sehr klar, sehr kritisch und sehr herrisch. Gewaltig breite Schultern und eine Brust wie eine Tonne bildeten den übrigen Körper, soweit er oberhalb der Tischplatte sichtbar war, außer zwei enormen, mit langen, schwarzen Haaren bedeckten Händen. Dies alles und eine brüllende, dröhnende Stimme war mein erster Eindruck von dem berühmten Professor Challenger.

      »Nun?« sagte er, indem er mich unverschämt anstarrte, »was denn?«

      Ich musste die Täuschung noch eine kurze Zeit aufrecht erhalten, sonst wäre ich zweifellos bereits am Ende meiner Unterhaltung gewesen.

      »Sie waren so liebenswürdig, mir eine Zusammenkunft zu gewähren«, sagte ich bescheiden, den Briefumschlag hervorziehend.

      Er nahm meinen Brief vom Schreibtisch und breitete ihn vor sich aus.

      »Ah, Sie sind der junge Mensch, der kein klares Englisch versteht, nicht wahr? Meine allgemeinen Behauptungen sind Sie so liebenswürdig, zu billigen, wenn ich Sie recht verstehe?«

      »Vollkommen – Herr Professor – vollkommen!«

      Ich sagte das mit großer Emphase.

      »Ach du lieber Gott! Das stärkt ja meine Position sehr, oder etwa nicht? Ihr Alter und Ihre Erscheinung machen mir Ihre Unterstützung doppelt wertvoll. Und, schließlich sind Sie besser als diese Schweineherde in Wien, deren Gegrunze sicherlich nicht mehr zu bedeuten hat als die vereinzelte Bemühung eines englischen Bullkalbes.« Dabei funkelte er mich an als den gewissermaßen anwesenden Vertreter dieser Tiergattung.

      »Ihre Gegner scheinen sich abscheulich benommen zu haben«, sagte ich.

      »Ich gebe Ihnen die Versicherung, dass ich noch in der Lage bin, meine eigenen Kämpfe auszufechten, und dass ich Ihre Sympathie nicht brauche. Lassen Sie mich nur allein, Herr, mit dem Rücken an der Wand. G. E. C. fühlt sich dann am wohlsten. Wir wollen uns bemühen, Herr, diesen Besuch abzukürzen, der für Sie kaum etwas Angenehmes haben kann und mir außerordentlich lästig ist. Sie haben, wie es scheint, einige Anmerkungen zum Inhalt meiner Denkschrift zu machen.«

      Diese brutale Unmittelbarkeit in der Behandlung unseres Gegenstandes machte ein Ausweichen schwierig. Ich musste also das Spiel weiter treiben, um eine bessere Gelegenheit für meine Absichten zu erspähen. Aus der Entfernung hatte das viel einfacher ausgesehen. O, mein irischer Witz, konntest du mir denn nicht helfen, wo ich deiner Hilfe so bitter bedurfte? Er durchbohrte mich mit seinen scharfen, stahlharten Augen. »Also bitte, Herr, legen Sie los«, tobte er.

      »Ich bin natürlich nur ein Student,« sagte ich mit einem einfältigen Lächeln, »kaum mehr, möchte ich sagen, als ein ernst strebender Mensch, und ich muss gestehen, es scheint mir, als ob Sie in dieser Frage ein wenig zu streng über Weismann urteilen. Hat nicht das allgemeine Beweismaterial seit dieser Zeit die Tendenz gehabt, seine Behauptungen zu bestätigen?«

      »Was für Beweismaterial?« Er sprach mit unheimlicher Ruhe.

      »Nun, ich weiß natürlich, dass es da nichts gibt, was man einen definitiven Beweis nennen könnte. Ich spreche nur von der Richtung des modernen Denkens und von der allgemeinwissenschaftlichen Anschauungsweise, wenn ich mich so ausdrücken darf.«

      Er beugte sich mit tiefem Ernst vornüber.

      »Ich nehme an, Sie wissen,« sagte er, indem er an den Fingern herzählte, »dass der Schädelindex ein konstanter Faktor ist?«

      »Natürlich«, sagte ich.

      »Und dass die Telegonie noch sub judice ist?«

      »Zweifellos.«

      »Und dass das Keimplasma verschieden ist vom parthenogenetischen

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