Die Kaiserreich Trilogie, 3. Der Kopf. Heinrich Mann

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Die Kaiserreich Trilogie, 3. Der Kopf - Heinrich Mann

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ihm nahten. Noch immer schien es sein erster Augenmerk, was sie brächten.

      »Armer Schwindler,« sagte Terra ihm, »es kommt nichts mehr. Dies alles war einzig auf Deinen schwindelnden Geist errichtet, auf unser aller schwindelnden Geist. Je fester meinesgleichen sich auf die bestehende Gesellschaftsordnung verließ, umso unerschütterlicher erschienest auch Du. Da verfiel man auf Fehler im Betrieb und fragte nicht weiter nach, ob Luftspiegelungen Betrieb erfordern. Du bist das Opfer des allgemeinen Bedürfnisses nach dem Unwahrscheinlichen, seine Spender verschwinden unbedankt. Schlafe wohl!« schloß er, denn er hörte Schritte.

      *

      Die Frau von drüben entstieg der Versenkung. »Ich bin nicht neugierig«, erklärte sie, da Terra sie hinter die Wand geleiten wollte. »Es könnte auch wieder eine Enttäuschung sein.«

      »Er sieht gut aus.«

      »Er hatte endlich alles, was ich bei Männern suchte.«

      »Doch nicht«, sagte Terra, in einer Regung vor Eifersucht. »Er hatte keine Zukunft.«

      »Sterben ist das einzige Unverzeihliche«, – damit wandte sie sich ab. Bei der Treppe hielt sie an und stützte sich, die Knie zitterten ihr nun doch. »Ich würde ihn geheiratet haben«, – Grausen überlief sie. »Und niemals konnte ich einen Hereinfall weniger gebrauchen, als heute.«

      »Mit einer Bewunderung, die von Fall zu Fall nur wächst, sehe ich Sie an einer neuen Lebenswende.«

      Sie streckte plötzlich die Hand hin. »Ich habe Ihnen zu danken, Claudius.«

      »Hierbei fällt mir besonders auf, daß Sie meinen Namen noch wissen«, sagte er unsicher.

      »Man hat mir berichtet, was Sie heute alles getan haben, um hier die Rakete zum Platzen zu bringen.«

      »Sie gaben mir darin nichts nach, Durchlaucht. Sie opferten sogar Ihre Perlenkollier.«

      Sie sagte vornehm: »Geld spielt keine Rolle, wo es sich tatsächlich um mehr handelt.« Und gehoben, fast mit Hingebung: »Sie, lieber Freund, haben mich vor einem der Skandale bewahrt, die einer Frau nichts nützen. Das vergeß ich Ihnen nie. Sie können in jeder nur denkbaren Lebenslage auf mich zählen. Ich schwöre es Ihnen bei – bei dem Toten«, schloß sie und ging vor ihm her, die Stufen hinab.

      »Ihre Wohnung bekundet einen erlesenen Geschmack«, stellte er drunten fest. Sie verzog den Mund. »Er hört Sie nicht mehr. Zum Glück ist alles auf mich überschrieben und schon bezahlt.«

      In einem der Zimmer lief ein kleines Kind rastlos und unter Freudengeschrei von einer Ecke zur andern. Die Wärterin entfernte sich, als sie eintraten. »Mama!« rief das Kind entzückt, warf die Puppe fort, die es nachschleifte und hing sich an die Mutter. »Es hat das Talent, sich zu freuen«, meinte Terra. »Auch ich soll es in einem seltenen Maß gehabt haben.«

      »Es hängt noch immer mit mir zusammen«, sagte die Mutter. »So oft ich mich aufrege, ist es außer sich.«

      »Noch immer? Wie alt ist es?«

      »Zweieinviertel Jahre ist es alt, mein Freund«, sagte sie und sah ihn an. Sein Blick, der den ihren aushielt, kam ins Zittern, ein Schrecken durchlief ihn, er wußte nicht, ob peinlich oder süß. Er lachte auf. »Und drei Jahre ist unsere nähere Bekanntschaft her. Sie haben die vorgeschriebene Zeit streng eingehalten, Lili.«

      Sie sagte sachlich: »Es ist ein Knabe. Er heißt Klaus, wie es sich gehört. Gib dem Herrn die Hand, mein Klaus!«

      Terra beugte sich hinab, um die kleine Hand zu fassen. Seine dunklen Augen forschten mit brennendem Ernst in den braunen des Kindes, auf seinem blonden Gesicht. Er hielt sich grade noch zurück, um nicht den Kopf zu schütteln. Schließlich konnte es sogar wahr sein. Eine Tatsache, nicht unglaubwürdiger als andere. Nicht schwerer zu befolgen diese, als jede Konvention ... Das eingeschüchterte Kind entzog sich dem ausdauernden Herrn. Es weinte eine Minute lang, dann durcheilte es wieder mit Freudengeschrei das Zimmer.

      »Ich habe Ihnen meinen aufrichtigen, tiefstgefühlten Dank abzustatten«, äußerte Terra, er küßte der Frau von drüben mit erlesener Höflichkeit die reich beringten Finger.

      »Es ist gern geschehen«, sagte sie und goß ihm Likör ein.

      »Wenn ich mir nur die einzige bescheidene Frage erlauben dürfte: warum trifft gerade mich dies unverdiente Glück?«

      »Es war nicht so unverdient«, erwiderte sie achselzuckend. »Sie wollten das Kind durchaus.«

      »Und vor mir –« begann er rachsüchtig.

      »Vor Ihnen, wenn Sie dies denn erwähnt wünschen, hatte wohl noch keiner es durchaus gewollt.« Worauf er, stärker atmend, vor sich hinsah. Versöhnlich fragte sie:

      »Was fangen wir jetzt miteinander an?« Er schlug munter vor: »Das Einfachste wäre es, gute Freunde zu bleiben.« »Wenn ich also Ihre gute Freundin bin: wie steht es mit Ihren Mitteln? Ich darf Sie nicht im Stich lassen. Sie waren Reklamechef in einer Generalagentur, die morgen schwerlich noch funktioniert.« Er wollte kurzerhand jede Besorgnis ablehnen. Aber sie: »Mir müssen Sie nicht erst beibringen, wie das Leben dreckig ist. Damals waren Sie es, der sein Geld für mich hergab.« Das sei etwas anderes, meinte er. »Sie sind auch der Vater meines Kindes.« Das lasse er sich grundsätzlich nicht bezahlen. »Aber Sie haben mich vor dem dummen Skandal bewahrt.« Hierauf lachte er, und sie mit ihm. Dies schien eine völlige Entspannung zu bewirken, weich brach sie in Tränen aus. Da sie aufstand, folgte er ihr. Sie gingen nochmals durch das Zimmer, das Kind stand und beobachtete mit spitzen Augen jeden ihrer Schritte. Er stützte sie im Gehen; die Hüfte der Frau von drüben glitt wieder über seine, ihre Wange neigte sich schmelzend seiner Schulter, ihr Atem traf ihn. Er sagte mit scharfer Stimme: »Ein so großes Unglück, scheint mir, ist eben nicht geschehen.«

      »Ach! Lieber Freund, Sie begreifen noch nicht, was geschehen ist.« Schluchzend: »Herr von Tolleben geht mir durch die Lappen.«

      »Der Bismarck? Lassen Sie ihn laufen! Er weiß vor Schulden nicht ein noch aus.«

      »Aber seine Stellung! Die Reklame! Claudius, helfen Sie mir!«

      »Der Mensch ist ein Unglück«, überlegte Terra. »Er hat keine Sinne. Was fesselte ihn an Sie, verehrte Freundin? Die allerhöchste Oper. Das Kunstwerk muß somit in Ihrer Gewalt sein. Mit dem Tode des Direktors ist es an Sie übergegangen. Vielmehr, der Verblichene hat es in die Ewigkeit mitnehmen wollen, er steckte es in Brand. Sie zogen es, mit Gefahr für Ihre schönen Hände, aus den Flammen.«

      »So viel Phantasie!« sagte die Frau von drüben und umarmte ihn.

      »Wenn er daraufhin nicht die lächerlichste Rolle bei Ihnen spielt, will ich es selbst tun.«

      »Aber Sie müssen ihm einen Wink geben.«

      »Die Gelegenheit würde sich finden«, sagte er – und schloß fest die Lippen. Denn er erinnerte sich der Gräfin und bemerkte auch, daß er ihrer, um derenwillen er durch diesen tatenreichen Tag gegangen war, kein einziges Mal heute gedacht hatte. Sie war ihm entrückt durch diesen Tag, als seien es hundert. Nahe an ihm stand die Frau von drüben und sah ihn erwartungsvoll an. In diesem Augenblick lief auch das Kind herbei und schmiegte sich zum erstenmal an seine Knie. Dies war ein besonderes Gefühl. Er setzte sich, um das Kind zu streicheln und weil er sich plötzlich erschöpft fand. Die Mutter sagte:

      »Ihr

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