Erzählungen aus 1001 Nacht - 1. Band. Anonym
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Baue auf Frauen nicht – Trau ihren Herzen nicht,
Denn ihre Freuden und Leiden – Hängen an ihrer Lust!
Lügende Liebe schwören sie – Während die Arglist nicht weicht:
Nimm Yusuf zum Beispiel – Hab acht vor Listen und Schmerzen!
Iblis verjagte Adam – (Seht ihr's nicht?) durch ihre Künste.
Und ein anderer sagt:
Schweig mit dem Tadel, Mann! Er treibt zur Leidenschaft ohne Grenzen – Mein Fehler ist nicht wie dein Tadel so schwer.
Wenn mich die echte Liebe befiel, so geschah – Anderes nicht mir als vielen vor mir im Zeitenmeer.
Denn ein Wunder ist der und preisenswert – Der gegen Weibeslisten fand eine Sinnenwehr.
Als sie diese Worte hörten, staunten sie in höchstem Staunen, und sie trat von ihnen zu dem Ifriten, nahm wie zuvor seinen Kopf auf ihren Schoß und sagte leise: »Jetzt zieht eures Weges, und hebt euch hinweg aus dem Bereich seines Zorns.«
Da zogen sie fort und sprachen zueinander: »Allah! Allah!« und: »Es gibt keine Majestät, und es gibt keine Macht außer bei Allah, dem Glorreichen, Großen; und bei ihm suchen wir Zuflucht vor Weibes Bosheit und Ränken, denn wahrlich, ihnen ist keine Macht gewachsen. Bedenke, o mein Bruder, wie diese Frau mit einem Ifriten verfährt, der so viel mächtiger ist als wir. Da nun ihn ein noch größeres Mißgeschick betroffen hat als uns, was uns reichlichen Trost spenden sollte, so wollen wir in unsere Länder und Hauptstädte zurückkehren und beschließen, uns nie mehr mit Frauen zur Ehe zu verbinden, und alsbald wollen wir ihnen zeigen, welches unser Verhalten sein soll.« Und sie ritten zu den Zelten des Königs Schahryar zurück, die sie am Morgen des dritten Tages erreichten. Dann versammelten sie die Veziere und Emire, die Kämmerlinge und hohen Würdenträger, und König Schahryar gab seinem Vizekönig ein Ehrengewand und erließ den Befehl zu unverzüglicher Rückkehr in die Stadt. Dort setzte er sich auf den Thron, schickte nach dem Vater der beiden Mädchen, die (Inschallah!) sogleich erwähnt werden sollen, und sprach: »Ich befehle dir, mein Weib zu nehmen und sie zu Tode zu treffen; denn sie hat ihr Gelübde und ihre Treue gebrochen.« Und der Vezier schleppte sie zum Richtplatz und tötete sie. Dann griff König Schahryar zum Schwert, begab sich in den Serail und erschlug all die Nebenfrauen und ihre Mamelucken. Und er schwor sich mit einem bindenden Schwur, welcher Frau auch immer er sich vermählen sollte, ihr nachts ihr Mädchentum zu nehmen und sie am nächsten Morgen zu erschlagen, um seiner Ehre gewiß zu sein; »denn«, sagte er, »nie gab es, noch gibt es ein keusches Weib auf dem Angesicht der Erde«. Da bat Schah Zaman um Erlaubnis, heimwärts zu ziehen; und er brach auf, ausgestattet und geleitet, und er reiste, bis er sein eigenes Land erreichte. Derweilen befahl Schahryar seinem Vezier, ihm die Braut der Nacht zu bringen, damit er zu ihr hineingehen könne; und der führte ein sehr schönes Mädchen herbei, die Tochter eines der Emire, und der König ging um die Abendzeit zu ihr hinein, und als der Morgen dämmerte, hieß er den Vezier ihr den Kopf abschlagen; und der Minister tat es aus Furcht vor dem Herrn. So fuhr er während dreier Jahre fort, indem er sich jede Nacht einer Jungfrau vermählte und sie am nächsten Morgen tötete, bis die Leute ein Geschrei gegen ihn erhoben und ihm fluchten und zu Allah beteten, er möge ihn und seine Herrschaft völlig vernichten. Die Frauen stifteten Aufruhr, die Mütter weinten, und die Eltern flohen mit ihren Töchtern, bis in der Stadt kein Mädchen mehr war, das für die Lust des Königs taugte. Und wieder befahl der König seinem Großvezier, ihm wie gewöhnlich eine Jungfrau zu bringen; und der Vezier ging hin und suchte und fand keine mehr; so kehrte er in Not und Sorgen heim, denn er fürchtete für sein Leben.
Nun hatte er zwei Töchter, Schahrazad und Dunyazad, von denen die ältere die Bücher und Annalen und Legenden früherer Könige gelesen hatte und die Geschichten und Exempel vergangener Menschen und Dinge; ja, man sagte, sie habe tausend Geschichtenbücher gesammelt, die von alten Geschlechtern und entschwundenen Herrschern handelten. Sie hatte die Werke der Dichter gelesen und kannte sie auswendig; sie hatte die Philosophie studiert und die Wissenschaften, die Künste und Fertigkeiten; und sie war witzig und weise, heiter und höflich, wohlbelesen und wohlerzogen. Die sprach an diesem Tage zu ihrem Vater: »Weshalb sehe ich dich so verwandelt und mit Last und Sorge beladen?« Darüber sagt auch einer der Dichter:
Sage, wer Sorge hat – Gram soll nicht dauern:
Hat die Freude kein Morgen – Vergeht auch das Trauern.
Als der Vezier von seiner Tochter diese Worte hörte, erzählte er ihr von Anfang bis zu Ende alles, was zwischen ihm und dem König vorgefallen war. Da sagte sie: »Bei Allah, o mein Vater, wie lange soll dies Frauenmorden noch dauern? Soll ich dir sagen, was mir im Sinn liegt, um beide Seiten vor dem Untergang zu retten?« »Fahre fort, meine Tochter,« erwiderte er; und sie sprach: »Ich wünsche, daß du mich diesem König Schahryar zum Weibe gibst; entweder werde ich leben, oder ich werde ein Lösegeld für die Töchter der Moslems und das Werkzeug ihrer Befreiung aus seinen Händen und deinen.« »Allah bewahre dich,« rief er in hellem Zorn, der keiner Nahrung mehr bedurfte, »Witzarme, setze dein Leben nicht solcher Gefahr aus! Wie wagst du mich mit Worten anzureden, die so sehr fern der Klugheit stehen, und so nah der Torheit! Wisse, daß, wem es an Erfahrung in Dingen der Welt gebricht, leicht ins Unglück gerät; und wer nicht das Ende bedenkt, behält nicht die Welt zum Freunde, und die Leute des Volkes sagen: Ich lag bequem, nur meine Dienstbereitschaft brachte mir Unbequemlichkeit.« »Unbedingt mußt du«, unterbrach sie ihn, »mich zur Täterin dieser guten Tat machen und ihn mich töten lassen, wenn er will: ich sterbe nur als ein Lösegeld für andere.« »O meine Tochter,« fragte er, »und wie soll das dir nützen, wenn du dein Leben fortgeworfen hast?« Und sie antwortete: »O mein Vater, es muß sein, komme davon, was da wolle.« Der Vezier geriet nochmals in Zorn, tadelte und schalt sie und schloß: »Wahrlich, ich fürchte, es werde dir ebenso ergehen wie dem Esel und dem Ochsen mit dem Handelsmann.« »Und wie,« fragte sie, »erging es ihnen, mein Vater?« Und er begann
Die Erzählung von dem Ochsen und dem Esel
Wisse, meine Tochter, einst lebte ein Kaufmann, der viel Geld besaß und viele Knechte, und er war reich an Rindern und Kamelen; er hatte auch ein Weib und Kinder, und er lebte auf dem Lande, denn er war erfahren in der Landwirtschaft und dem Ackerbau ergeben. Nun hatte ihm Allah, der Sehr Hohe, die Gabe verliehen, daß er die Sprachen der Tiere und Vögel aller Art verstand, aber bei Strafe des Todes, wenn er die Gabe verriet. Er hielt sie also aus Furcht geheim. In seinem Kuhstall hatte er einen Ochsen und einen Esel, die beide dicht beieinander in je einem Stande angebunden waren. Als nun der Kaufmann eines Tages mit seinen Knechten in der Nähe saß, und seine Kinder ringsum