Tokeah. Charles Sealsfield
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Tokeah - Charles Sealsfield страница 23
»Beinahe sollte ich glauben, daß du von dem Häuptling der Salzsee, wie du den Seeräuber nennst, mehr weißt, als mir und dir gut sein dürfte«, erwiderte der junge Mann, der nun gespannt zu werden schien. »Der Häuptling der Salzsee ist ein großer Krieger, und seine Name ist weit bekannt«; sprach das Mädchen trocken.
»Und wie weit ist es von hier zu seinem Wigwam?« fragte er, den Ausdruck gebrauchend, der von der Indianerin am leichtesten verstanden werden konnte.
»Mein Bruder«, erwiderte die Indianerin spöttisch, »ist ja von seinem Wigwam in seinem Kanu angekommen. Wenn die roten Männer ihre Späher und Spione aussenden, dann wählen sie solche, die wissen, wie lang der Pfad ist, der zum Feinde führt. Tun es die Weißen anders? Canondah ist ein schwaches Mädchen, aber sie ist die Tochter des Miko.« Sie hatte die letzten Worte mit einer Würde und Bestimmtheit ausgesprochen, die zugleich zu sagen schienen, daß seine bisherige Vertraulichkeit nicht am rechten Orte angewandt sei.
»Aber du wirst doch nicht glauben, daß ich ein Spion bin, der ausgegangen, um den Freibeuter auszuspähen?«
»Mein weißer Bruder spricht mit der Zunge unserer Feinde, oder spricht er mit einer doppelten Zunge?«
»Wirklich,« sprach der Jüngling, »ich weiß nicht, träume oder wache ich mit dir, liebes Mädchen. Vielleicht bist du es, der ich mein Leben schulde. Wenn dem so, dann nimm meinen aufrichtigen innigen Dank. Ich bitte um Vergebung, wenn meine Ausdrücke, die du mißzuverstehen scheinst, dich beleidigen. Sage mir nur, wo ich bin. Ich erinnere mich dunkel eines kupferfarbigen, artigen Mädchens, die zu meinem Beistande kam, als ich soeben vom Alligator gepackt wurde, auf den ich, ihn für einen Baumstamm ansehend, meinen Fuß setzte; und dann schwimmt vor meiner trüben Phantasie eine liebliche Göttergestalt, mehr Kind als Mädchen, die gleich einem Engel nur im Traume mir erschien. Wo ist das Mädchen? Sie ist eine Weiße, sie wird mich, ich sie eher verstehen. Aber die Wahrheit zu sagen – obwohl ich die Verhältnisse nicht kenne, in denen du zum Seeräuber stehen magst – ich habe Ursache, gegen ihn aufgebracht zu sein. Wir waren von unserer Station in Jamaika abgegangen, um die Mündungen des Mississippi zu sondieren. Ich mit einigen meiner Kameraden hatte von unserem alten Brummbär, ich meine unsern Kapitän, Erlaubnis erhalten, nach Schildkröten und Austern zu jagen. Wir hatten uns ziemlich weit von der Fregatte entfernt und waren in eine tiefe Bucht eingelaufen, wo wir treffliche Austernbänke fanden. Als wir am besten mit unseren Rechen beschäftigt waren, sahen wir plötzlich eine bewaffnete Jacht vor uns. Was zu tun? Unsere Kutlasse und Pistolen hatten wir natürlich zurückgelassen, und so mußten wir uns samt und sonders ergeben, wurden dann fortgeschifft und gelangten in der Nacht in eine Art Blockhaus, wo wir dann abgesondert und eingesperrt wurden, und woher ich nun stehenden Fußes komme.« Die Indianerin hatte natürlich von der Erklärung des jungen Briten nur die Hälfte begriffen, und sie schüttelte noch immer den Kopf.
»Mein Bruder spricht mit einer sehr gekrümmten Zunge. Will er sagen, daß er und die Seinigen nicht auf dem Kriegspfad gegen den Häuptling der Salzsee gewesen? Der Häuptling stiehlt nicht junge Männer. Warum sollte er ihn gefangen haben?«
»Wahrscheinlich weil er befürchtete, und zwar mit Recht, daß, wenn wir seinen Schlupfwinkel ausfindig machen, wir ihm auch das Nest zusammenschießen und ihn auf den Trümmern aufhängen.«
»Hab' ich nicht gesagt, daß mein weißer Bruder mit einer Doppelzunge spricht«, fuhr die Indianerin heraus. »Meines Bruders Volk ist auf dem Kriegspfad mit dem Häuptling begriffen, und er hat ihn mit den Seinigen in den Hinterhalt gelockt. Ist es nicht so?«
»Mein liebes Mädchen«, erwiderte der Brite, der müde zu werden schien, sich nicht verstanden zu sehen. »Wir sind nicht mit den Piraten im Kriege, obwohl wir ihn, wenn er in unsere Hände gerät, als solchen aufknüpfen, und das zwar in Ketten; aber wir haben diese Ehre des Krieges unserem widerspenstigen Bruder Jonathan angetan, den Yankees. Mit diesem sind wir im Kriege, das heißt nicht eben im Kriege, aber wir haben einige Schiffe und Truppenkorps abgesandt, sie zu züchtigen.«
»Meines Bruders Volk ist nicht auf dem Kriegspfade gegen den Häuptling der Salzsee begriffen, und doch würde ihn sein Volk beim Halse aufhängen. Meines Bruders Volk verdient wie die Hunde totgeschlagen zu werden.« Des Briten Miene zuckte unwillkürlich. »Mein Bruder sprach von den Yankees«, fuhr das Mädchen fort. »Hat er nicht gesagt, daß sein Volk, mit ihnen im Kriege begriffen, sie züchtigen will? Mein Bruder ist doch ein Yankee, seine Zunge ist die eines Yankee?«
»Ich habe die Ehre ein Engländer zu sein«, erwiderte der junge Mann mit jenem selbstgefälligen Schmunzeln eines verwöhnten Kindes, das seine Lippen wie die Schnauze eines gewissen Tieres streckte und zusammenzog und ihm jenen albernen Ausdruck gab, den wir so oft an unsern Verwandten zu belächeln Gelegenheit gefunden haben, wenn ihre Eigenliebe sich auf recht komfortable Weise gekitzelt fühlt.
»Ein Engländer«, wiederholte das Mädchen sinnend. »Der Häuptling unserer Schule hat uns vieles von einem Volke gesagt, das auf einer Insel weit gegen die aufgehende Sonne wohnt. Sie haben einen Häuptling, der ein alter, unschuldiger Mann ist«; bei diesen Worten deutete sie auf die Stirne. »Die Köpfe der Männer sind voll Nebel, und sie sind vielfräßig und hungrig immer. Sie haben ehemals Häuptlinge in das Land der Yankees gesandt, bis diese sie vertrieben haben. Gehört mein Bruder zu diesem Volke?«
Der Brite, der hier einen Katechismus hörte, wie ihn häufig westliche Schulmeister ihren Zöglingen auf eine seinen Landsleuten eben nicht sehr schmeichelhafte Weise einprägen, antwortete mit einem verlegenen Gesichte: »Ich bin allerdings aus einer Insel, und unser Häuptling, wie du unsern König taufst, hat wirklich so eine Art Spleen gehabt, und unser Oberhaus für Pfauen angesehen; aber ich habe nicht die Ehre«, fuhr er lachend fort, »meine Landsleute in der Beschreibung zu erkennen.«
»Meines Bruders Zunge hat sich wieder gekrümmt«, fuhr das Mädchen spöttisch fort. »Gehört er zu dem Volk, das viele Schiffe hat, und gegen welches der große weiße Vater den Tomahawk erhoben?«
»Ich denke, ich gehöre ihm an«, erwiderte der junge Mann ein wenig verdrießlich.
»Und sein Volk«, sprach sie mit einem mitleidsvollen Lächeln, »will die Yankees züchtigen?«
»Ja, das wollen wir«, fuhr der Brite mutig heraus.
»Arme Narren!« erwiderte die Indianerin. »Meines Bruders Volk wird sich derbe Schläge holen. Haben die Yankees ihm sein Land weggenommen?« fragte sie weiter.
»Der Teufel sollte sie holen, wenn sie sich so etwas in den Sinn kommen lassen wollten. Sie haben sich aber angemaßt, uns die Herrschaft der Salzsee, um indianisch zu sprechen, streitig machen zu wollen, und im Grunde auch das nicht; die Wichte haben sich nur geweigert, ihre elenden Schiffe von uns visitieren zu lassen, wozu sich doch alle übrigen, Franzosen und Russen, verstehen müssen. Dann wollen sie uns auch wehren, ihre Seeleute allenfalls der Ehre des britischen Rechtes auf den neunten Mann zu würdigen.«
Der Brite hatte in guter, gedrängt seemännischer Sprache und ziemlich genau die Ursachen des zweiten Krieges der Vereinigten Staaten mit England angegeben. Das Recht oder vielmehr die Anmaßung der Briten, amerikanische Schiffe zu visitieren, und die größere Anmaßung, solche Seeleute, die ihnen annehmlich schienen, von den amerikanischen Schiffen zu nehmen, hatte wirklich die amerikanische Nation veranlaßt, den Fehdehandschuh dem übermütigen England hinzuwerfen.
Die Indianerin hatte mit der gespanntesten Aufmerksamkeit dem jungen Briten zugehört, und obgleich sie vermutlich das Ganze seiner Rede nicht begriff, so ließ sie ihr durchdringender Verstand ziemlich den Sinn erraten.
»Weil also die Yankees mit ihren