Tom Jones. Henry Fielding
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Читать онлайн книгу Tom Jones - Henry Fielding страница 26
Rebhuhn focht einige Zeit bloß verteidigungsweise, und strebte wirklich nur, sein Angesicht mit seinen Händen zu schützen; da er aber fand, daß seine Widersacherin von ihrer Wut nicht nachließ, so dachte er, er könne wenigstens suchen, sie zu überflügeln oder ihre Flügel unthätig zu machen. Da er also ihre Arme packte, verlor sie im Ringen ihr Kopfzeug; und ihr Haar, das zu kurz war, die Schultern zu erreichen, sträubte sich auf ihrem Kopfe empor; ihr Schnürleib, das nur unten durch ein Loch befestigt war, barst auf, und ihr Busen, woran sie weit mehr Vorrat hatte, als an Haaren, fiel bis unter den Gürtel herab; auch ihr Gesicht war befleckt mit dem Blute ihres Bettgenossen; ihre Zähne knirschten vor Wut; und Feuer, wie es vom Amboß eines Grobschmieds sprühet, schoß ihr aus den Augen, so daß alles zusammengenommen diese amazonische Heldin einem weit kühneren Manne, als Rebhuhn war, ein Gegenstand des Schreckens hätte werden können. Er hatte endlich das Glück, durch den Besitz ihrer Arme die Waffen, welche sie am Ende ihrer Finger trug, unbrauchbar zu machen; welches sie nicht so bald merkte, als die wässerige Weichheit ihres Geschlechts das Feuer ihres Zorns löschte und sie plötzlich in Thränen zerschmolz; worauf denn bald eine Ohnmacht die Schlacht endigte.
Das bißchen Besinnung, welche Rebhuhn während dieses Auftritts, von dessen Anlaß er kein Wort wußte, noch übrig behalten hatte, verließ ihn nunmehr noch völlig. Er lief augenblicklich auf die Straße und schrie aus: seine Frau läge in Todesnöten, und flehete die Nachbarn an, sie möchten ihr doch aufs eiligste zu Hilfe kommen! Verschiedene gute Weiber thaten sein Begehren, gingen in sein Haus, brauchten die in solchen Fällen gewöhnlichen Mittel, und Frau Rebhuhn ward zur innigsten Freude ihres Mannes wieder zu sich selbst gebracht. Sobald sie ihre Lebensgeister ein wenig wieder gesammelt und durch ein herzstärkendes Gläschen wieder etwas beruhiget hatte, begann sie die Gesellschaft von den mancherlei Beleidigungen, die sie von ihrem Manne erfahren hätte, zu benachrichtigen. Er begnügte sich nicht damit, sagte sie, ihr eigenes Ehebette zu beflecken, sondern als sie ihm das vorgeworfen, habe er sie noch dazu auf die entsetzlichste Weise, die man sich nur erdenken könnte, gemißhandelt; habe ihr das Kopfzeug und die Haare vom Kopfe gerauft, habe ihr die Schnürbrust vom Leibe gerissen und zu gleicher Zeit ihr einige Stöße und Schläge versetzt, davon sie die Mäler wohl mit in ihr Grab nehmen würde.
Der arme Mann, welcher in seinem Gesichte mehr sichtbare Merkzeichen des ausbrechenden Aergers seiner Frau aufzuweisen hatte, stand da im stillen Erstaunen über diese Anklage, welche, wie ihm hoffentlich der Leser bezeugen wird, weit über die Schranken der Wahrheit hinausging; denn in der That, er hatte ihr nicht einen einzigen Schlag gegeben. Da aber sein Stillschweigen von der ganzen Gerichtsbank als ein Geständnis des Verbrechens angesehen ward, so begannen sie alle una voce ihn herunterzumachen und auszuhunzen, wobei oft wiederholt ward, nur eine feige Memme könne ein Weib schlagen.
Rebhuhn ertrug alles mit Geduld, als aber seine Frau sich auf das Blut in ihrem Gesichte als auf einen Zeugen seiner Grausamkeit berief, da konnte er nicht umhin, das Eigentum seines Blutes zu reklamieren (wir wissen, daß es sein war), weil er es für unnatürlich hielt, daß sein eigenes Blut wider ihn selbst um Rache schreien sollte, wiewohl ehemals das Blut der Erschlagenen gegen ihre Mörder gethan haben und noch thun soll.
Auf diese Reklamation gaben die Weiber keine andere Antwort, als: es wäre schade, daß das Blut nicht aus seinem Herzen wäre, anstatt aus seinem Gesichte, und alle erklärten dabei, daß, sollten ihre Ehemänner nur eine Hand gegen sie aufheben, sie ihnen das Blut aus dem Herzen abzapfen wollten.
Nach manchem Verweise, wegen des Vergangenen, und mancher Vermahnung, die dem armen Rebhuhn wegen seiner künftigen Aufführung gegeben worden, ging endlich die Gesellschaft auseinander und ließ Mann und Weib zu einer persönlichen Konferenz bei einander, worin Rebhuhn sehr bald die Ursache aller seiner Leiden erfuhr.
Enthält viel Materie, woran der Leser sein Urteil und sein Nachdenken üben kann.
Ich glaube, es ist eine wahre Bemerkung, daß wenige Geheimnisse nur einer Person mitgeteilt werden; aber wahrlich, es würde einem Wunderwerke sehr nahe kommen, wenn eine Begebenheit von dieser Art einem ganzen Kirchspiele bekannt sein und sich gar nicht weiter verbreiten sollte.
Und wirklich waren nur wenige Tage vergangen, als die Gegend umher über den Schulmeister vom kleinen Baddington, um mich eines Volksausdrucks zu bedienen, die Schandglocke zog und von ihm sagte, er habe seine Frau entsetzlich geprügelt. An einigen Orten ward sogar ausgesprengt, er habe sie ermordet, an andern, er habe ihr die Arme gebrochen, wieder an andern, er habe ihr die Beine entzwei geschlagen; kurz, es ließ sich kaum eine Beschädigung erdenken, die einem menschlichen Körper zugefügt werden kann, die nicht hie und da versichert wurde, Frau Rebhuhn habe solche von ihrem Manne erlitten. Die Ursache des Streits ward gleichfalls gar verschieden erzählt, denn wie einige Leute sagten, Frau Rebhuhn habe ihren Mann mit der Magd im Bette ertappt, so wandelten auch andere Ursachen von verschiedenem Inhalt umher; ja einige übertrugen die Verschuldung auf die Frau, und auf den Mann die Eifersucht.
Jungfer Wilkins hatte längst schon von diesem Zwist gehört, da aber eine andere Ursache desselben, als die wahre, zu ihren Ohren gelangte, so hielt sie für ratsam, davon zu schweigen, um so mehr vielleicht, als die Schuld durchgehends auf Herrn Rebhuhn gelegt wurde, und seine Frau, als sie noch in Herrn Alwerths Hause diente, die Jungfer Wilkins einigermaßen beleidigt hatte, und weil Jungfer Wilkins zum Vergessen und Vergeben nicht viel Anlage besaß.
Jedoch, Jungfer Wilkins, welche Dinge von weitem sehen und sehr gut einige Jahre in die Zukunft hinausblicken konnte, hatte als große Wahrscheinlichkeit wahrgenommen, daß Herr Kapitän Blifil wohl einst ihr Brotherr werden würde, und da sie sehr deutlich unterscheiden konnte, daß der Kapitän dem kleinen Findling nicht eben gar zu wohl wollte, so meinte sie, würde sie ihm einen angenehmen Dienst leisten, wenn sie etwas auskundschaften könnte, wodurch die Zuneigung geschmälert werden müßte, welche Herr Alwerth zu diesem Kinde gefaßt zu haben schien, und welche dem Kapitän so sichtbare Unruhen verursachte, daß er sie sogar nicht einmal so gänzlich vor Herrn Alwerth selbst verbergen konnte. Obgleich seine Gemahlin, die ihre Rolle öffentlich weit besser spielte, ihm verschiedenemal ihr eigenes Beispiel empfahl, um über die Thorheit ihres Bruders, die sie, wie sie sagte, wenigstens ebensogut einsähe und darüber ebenso unwillig wäre, als nur irgend ein anderer, ein Auge zuzudrücken.
Als derohalben Jungfer Wilkins zufälligerweise, obgleich lange nachher, das Wahre von der obigen Geschichte erfahren hatte, so ermangelte sie nicht, alle, auch die kleinsten dabei vorgefallenen Umstände auszuspähen, und hinterbrachte dann dem Kapitän, sie habe endlich den wahren Vater des kleinen Bankerts ausfindig gemacht, über dem es ihr so leid thäte, sagte sie, daß ihr Herr seinen guten Namen im Lande verlieren sollte, weil er soviel aus ihm machte.
Der Kapitän verwies ihr den Schluß ihrer Rede als eine unschickliche, vorlaute Beurteilung der Handlung ihres Herrn, denn hätte es auch des Kapitäns Ehre oder sein Verstand ihm zugelassen, mit Jungfer Deborah ein Bündnis einzugehen, so wollte sein Hochmut keineswegs darein willigen. Und die Wahrheit zu sagen ist keine Aufführung unpolitischer, als wenn man sich mit Bedienten seiner Freunde in eine Konföderation gegen ihren Herrn einläßt; denn dadurch wird man hernach zum Sklaven eben dieser Bedienten, und steht in übler Gefahr von ihnen verraten zu werden. Und diese Rücksicht war's vielleicht, welche den Kapitän Blifil verhinderte, gegen Jungfer Wilkins näher herauszugehen, oder sein Gefallen an ihren hämischen Anmerkungen über Herrn Alwerth zu bezeigen.
Allein, ob er gleich der Jungfer Wilkins kein Vergnügen über diese Entdeckung blicken ließ, so machte ihm solche doch innerlich nicht wenig Freude, und er beschloß den bestmöglichsten Gebrauch davon zu machen.