Neues Vertrauen. Ute Dombrowski

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Neues Vertrauen - Ute Dombrowski страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
Neues Vertrauen - Ute Dombrowski

Скачать книгу

zu haben und diese engmaschige Kontrolle tut mir gut.“

      „Ich frage mich echt manchmal, wie er das alles abrechnet. Gehst du nicht jede Woche hin?“

      „Jeden Freitag. Er fragt, wie es mir geht, misst Blutdruck und wir reden. Keine Ahnung, wie er das abrechnet, kann mir ja auch egal sein.“

      Karin lachte.

      „Vielleicht ist er in dich verknallt.“

      „Nein, auf keinen Fall. Er ist immer sehr streng und hat niemals irgendwas getan, das auf so etwas schließen lässt. Er ist halt schon sehr lange mein Arzt. Nach der Operation hatte er direkt die Nachsorge übernommen und es gibt niemanden, der sich so für mich und meinen Fall interessiert.“

      „Keine Sorge, das war nur Spaß. Wie sieht er denn aus?“

      „Groß, größer als ich, graue Augen, Dreitagebart, aber gepflegt, braune Haare. Ein Typ wie viele, und er ist sehr unterkühlt. Wer ihn nicht kennt wie ich, denkt, er ist arrogant. Aber das ist nur eine Hülle. Ich denke, er ist innen drin ein warmherziger Mensch.“

      „Das ist doch gut. Und schön, dass du deinem Arzt vertrauen kannst. Das ist heutzutage nicht selbstverständlich. Denkst du manchmal, er will dich nur abzocken?“

      „Nein, niemals. Er holt die Medikamente auch immer direkt in der Krankenhausapotheke, damit ich keine extra Wege habe, denn das Zeug ist teuer und man muss es eh bestellen.“

      „Das ist aber wirklich nett von ihm.“

      „Ja, leider kann das Medikament, das ich gut vertrage, nur noch mit Problemen geliefert werden. Engpass bei der Herstellung. Aber ich brauche es nun mal und es ist das einzige Medikament, das ich ohne größere Nebenwirkungen vertrage.“

      „Aber es ist doch lebensnotwendig!“, rief Karin aufgebracht. „Das können die nicht machen!“

      „Es ist nicht zu ändern, da gibt es noch mehr Medikamente, die nicht mehr hergestellt werden oder wo es schwierig ist, die zu bekommen.“

      Karin schüttelte den Kopf und trank ihren Wein aus. Lia erhob sich und brachte ihr Glas und die leere Flasche in die Küche. Karin räumte rasch den Rest auf ein Tablett und folgte ihr.

      „Mach dir keine Sorgen, Dr. Miltzer besorgt mir das schon, es ist ja nur die eine Sorte. Und wenn nicht, gibt es den Wirkstoff auch noch in anderen Pillen. Da muss ich halt mit Nebenwirkungen leben.“

      Sie legte einen Arm um die Freundin. Karin lächelte, aber sie fand das immer noch schrecklich. Lia würde echt gesundheitliche Probleme bekommen, wenn sie die Medikamente nicht mehr hätte. Sie hatte ihr mal erzählt, dass ein kleiner Knoten zurückgeblieben war, der nicht entfernt werden konnte, weil er zu nah am Sehnerv lag. Die Gefahr zu erblinden wäre zu groß. Lia tat ihr zum einen leid, andererseits hatte sie einen riesigen Respekt davor, mit wie viel Ruhe sie alles ertrug.

      Nun umarmten sie sich, Karin hatte ihrer Freundin ein Taxi gerufen und gab Lia ihre Jacke, als sie ein kurzes Hupen hörte. Die beiden verabschiedeten sich vor der Tür und Lia stieg ein. Karin ging zurück auf den Sessel und griff nach dem Block und dem Stift, die auf dem Tisch lagen. Sie wollte sich eine Anzeige für das WG-Zimmer überlegen und hoffte auf eine neue Mitbewohnerin.

      „Wäre schön, wenn es schnell ginge … vielleicht bin ich zu Weihnachten nicht mehr allein.“

      Dass es wirklich so schnell gehen würde, war unwahrscheinlich, denn es war nur noch eine Woche bis zu den Feiertagen, doch die Hoffnung durfte sie ja insgeheim trotzdem haben.

      Der Mann, der in der Nähe des Hauses geparkt hatte, sah, wie die Tür aufging und Lia sich von ihrer Freundin verabschiedete. Er hörte ihr helles Lachen. Lia war ins Taxi gestiegen und er fuhr ihm hinterher.

      „Gute Nacht, meine Schöne“, flüsterte er und lächelte.

      3

      Die erdrückende Trauer war einer dumpfen Verbitterung gewichen. Eric erledigte seinen Job routiniert, jedoch war er unerbittlich geworden, es gab keinen Raum mehr für Gnade. Sein Herz hatte sich in einen schwarzen Felsen verwandelt und pausenlos spürte er das düstere Gewicht der Schuld an Biancas Tod auf seinen Schultern. Tag für Tag sah er sich dort auf der Treppe stehen und der Schuss hallte als tausendfaches Echo in seinem Kopf wider. In diesem Moment, als Bianca starb, war auch ein Teil von ihm gestorben. Nie wieder, dachte er, nie wieder wird das Leben zu ertragen sein.

      Simon, der ein Kollege gewesen war, ein Polizist, ein Profi am Computer, hatte sich als eiskalter Psychopath entpuppt. Er hatte Bianca getötet, um seinen Freund Pit zu rächen, weil sie diesen seelisch kaputten Mann verlassen hatte. Pit hatte viel Leid über andere Menschen gebracht, aber genau das hatte die beiden Jungen schon als Kinder vereint. Zwischen Pit und Simon hatte es in dem Kinderheim, in dem beide gelebt und gelitten hatten, eine enge Verbindung, eine Art Abhängigkeit gegeben, denn keiner der beiden konnte echte Freundschaft und Liebe empfinden. Kalt und empathielos hatten sie gelebt und in den Augen von Simon hatte Bianca Pits Leben zerstört, denn dieses eine Mal hatte Pit Gefühle für jemanden entwickelt.

      Wegen Bianca war Pit am Boden zerstört gewesen, hatte eine Frau misshandelt und getötet, und wegen Bianca hatte die Rächerin ihn hingerichtet. All die Jahre, die er darauf verwendet hatte, Bianca zu finden und zu zerstören, war Simon ihr immer nähergekommen und niemand hatte verhindern können, dass er sein Werk vollendete.

      Das hatte Cordelia, Psychologin und Freundin von Bianca, Eric immer wieder versucht zu sagen, nachdem sie gesehen hatte, wie beladen von Schuld die drei Männer waren: Eric, Ferdinand und Robin. Sie hatte den eigenen Schmerz über den Verlust ihrer Freundin weggeschoben, um ihnen zu helfen. Ferdinand und Robin konnte sie erreichen, doch Eric hatte sich verschlossen und ließ niemanden in seine Seele schauen. Er kam regelmäßig zum vereinbarten Termin, aber es gelang ihm nicht, das Unabwendbare anzuerkennen.

      Jetzt stand der Staatsanwalt im Bad vor dem beschlagenen Spiegel und sah einen alten Mann ohne Energie, dessen sonst so wache, freundliche Augen die Lebensfreude verlassen hatte. Er lebte nicht mehr, er funktionierte, und alle machten sich Sorgen.

      Eric schüttelte sich, kämmte sich die Haare und ging ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen. Seine Bett­seite war zerwühlt, aber die von Bianca war unberührt, denn er schaffte es nicht, sie zu benutzen, er rollte auch nicht zufällig im Schlaf hinüber, stets blieb er auf seiner Seite. Er nahm sich vor, Cordelia zu fragen, was das bedeutete. Konnte er eine bestimmte Grenze nicht überschreiten?

      Zu Biancas Beerdigung waren viele Menschen gekommen, sie hatten ihm tröstende Worte gesagt, doch sie waren nicht zu ihm durchgedrungen. Auch das Wissen, dass Simon ebenfalls tot war, hatte ihm keine Befriedigung gebracht, gerne hätte er ihn geschüttelt und gerufen: WARUM? Gerne hätte er ihn leiden sehen oder selbst getötet.

      Irgendwann an diesem Tag im Frühling hatte ihn jemand aus dem Keller geführt und dann war er zusammengebrochen. Als er im Krankenhaus wieder aufwachte, war sein erster Gedanke: Ich bin schuldig!

      Sie hatten ihn eine Weile mit Samthandschuhen angefasst, aber Cordelia erklärte, dass es besser war, ihn wieder am Alltag zu beteiligen. Also war Eric aufgestanden und zur Arbeit gegangen, so wie die anderen auch. Das Leben ging weiter, und bei diesem Satz, den er öfter hörte, wurde ihm speiübel. Er wäre am liebsten auch gestorben. Doch so klar war er noch: Er wollte die schönen Erinnerungen an Bianca aufrechterhalten und das ging nur, wenn er lebte. Er pflegte ihr Grab, saß jeden Tag auf dem Friedhof, so, wie es Bianca

Скачать книгу