Grashalme. Walt Whitman
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Читать онлайн книгу Grashalme - Walt Whitman страница 12
Oh die Freude meiner Seele, die mit sich selbst im Gleichgewicht ruht; das wahre Sein aus der Materie hervorholt und es liebt; Charakter wahrnimmt und in sich
aufnimmt!
Meine Seele, die zu mir zurückgestrahlt wird aus allem, aus Gesicht, Gehör, Gefühl, Verstand, Lautbildung, Gedächtnis und dergleichen!
Das wirkliche Leben meiner Sinne und meines Fleisches, das über mein Fleisch und meine Sinne hinausgeht;
Mein materieller Leib und meine leiblichen Augen;
Jetzt steht es mir über jeden Zweifel fest, daß es nicht meine leiblichen Augen sind, die in letzter Hinsicht sehen,
Noch mein materieller Leib, der in letzter Hinsicht liebt, geht, lacht, ruft, umarmt und zeugt.
Oh des Farmers Freuden!
Des Mannes von Ohio, Illinois, Wisconsin, Kanada, Jowa, Kansas, Missouri, Oregon!
Bei Tagesanbruch sich zu erheben und sogleich zur Arbeit zu eilen!
Im Herbst das Land für die Wintersaat zu pflügen;
Obstgärten zu pflegen, Bäume zu pfropfen und im Herbst die Äpfel zu ernten.
Oh, im Schwimmbad zu baden oder an einer schönen Stelle am Ufer;
Im Wasser zu platschen! Bis über die Knöchel drin zu waten! Oder nackt am Gestade entlang zu rennen!
Oh die Raumvorstellung!
Die Vorstellung vom Überfluß aller Dinge, und daß es keine Grenzen gibt!
Aufzutauchen und eins zu sein mit Firmament, Sonne, Mond und eilenden Wolken!
Oh die Wonne des männlichen Selbstbewußtseins!
Niemandem Untertan zu sein! Niemandem, weder einem bekannten noch unbekannten Tyrannen, willfährig zu sein!
In aufrechter Haltung einherzuschreiten, mit leichtem, elastischem Schritt!
Mit voller sonorer Stimme aus breiter Brust zu sprechen,
Und die eigene Persönlichkeit allen andern Persönlichkeiten der Erde entgegenzustellen.
Kennst du die herrlichen Freuden der Jugend?
Freuden an lieben Gefährten, Scherzwort und lachenden Gesichtern?
Freude am frohen, lichtstrahlenden Tag? Freude am hochatmenden Kampfspiel?
Freude an holder Musik? Freude am hellstrahlenden Ballsaal und an Tänzern?
Freude an reichlicher Mahlzeit, kräftigem Trinkgelage und am Trinken?
Doch, oh meine erhabene Seele!
Kennst du die Wonnen des stillen Denkens?
Die Wonnen des freien, einsamen Herzens; des zärtlichen, trauernden Herzens?
Die Wonnen des einsamen Ganges mit niedergedrücktem und doch stolzem Gemüt, das Leiden und Mitsichringen?
Die geistigen Wehen, die Ekstasen, die Wonnen feierlicher Selbstvertiefung bei Tag und bei Nacht?
Die Wonnen des Todgedankens; an die großen Sphären: Zeit und Raum?
Die ahnungsvollen Wonnen besserer, höherer Liebesideale; am göttlichen Weibe, dem süßen, ewigen, vollkommenen Gefährten?
Dies alles sind deine eigenen unsterblichen, die deiner würdigen Freuden, oh Seele!
Oh, Zeit seines Lebens ein Herrscher und nicht ein Sklave des Lebens zu sein!
Dem Leben zu begegnen als ein Eroberer!
Keine Dünste, keine Langeweile, keine Klagen mehr noch höhnische Kritiken;
Nur diese stolzen Gesetze von Luft, Wasser und Erde, die mir beweisen, daß meine innerste Seele unerschütterlich ist!
Und daß nichts außer mir jemals über mich Gewalt bekommen soll!
Doch nicht einzig die Freuden des Lebens seien besungen – ich denke auch wieder an die des Todes:
Die schöne Berührung des Todes, die besänftigt und betäubt für einen Augenblick, wie's in der Natur liegt;
Ich lege meinen unreinen Leib ab, damit er verbrannt, zu Asche gemacht und beerdigt werde;
Mein wirklicher Leib aber bleibt mir sonder Zweifel für andre Sphären;
Mein verlassener Leib ist mir nichts mehr; er kehrt zurück zur Reinigung, zu weiterer Verwertung und zu ewiger Nützung der Erde.
Oh, anzuziehen mit mehr als gewöhnlicher Anziehungskraft!
Wie das ist, weiß ich nicht – doch sieh! etwas, das keinem andern sonst gehorcht,
Das immer angreift, nie sich zu verteidigen hat – wie magnetisch doch zieht es an!
Oh, gegen eine große Übermacht zu kämpfen; Feinden unerschrocken zu begegnen!
Ganz allein ihnen gegenüberzustehen; zu erproben, was einer allein imstande ist!
Streit, Pein, Gefängnis, öffentlicher Ächtung fest ins Gesicht zu blicken!
Das Schafott zu besteigen oder mit vollkommenem Gleichmut den Mündungen der Kanonen entgegenzugehen!
In Wahrheit ein Gott zu sein!
Auf einem Schiff zu segeln auf See!
Das langweilige, ewige Festland zu verlassen!
Zu verlassen die ermüdende Gleichmäßigkeit der Straßen, Bürgersteige und Häuser;
Dich, du unbewegliches festes Land zu verlassen und ein Schiff zu besteigen,
Und segeln, segeln, segeln!
Oh, das Leben hinfort zu besitzen wie ein Gedicht immer neuer Freuden!
Tanzen, händeklatschen, jauchzen, hüpfen, springen, weiter rollen, weiter schwimmen!
Ein Seefahrer der Welt zu sein, nach allen Häfen bestimmt!
Selber ein Schiff (sieh, wie ich wirklich meine Segel der Sonne und der Luft entgegenschwelle!)
Ein hurtiges, schaukelndes Schiff voll reicher Worte und Freuden!
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