Verlogenes Versprechen. Ute Dombrowski

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Verlogenes Versprechen - Ute Dombrowski Eltville-Thriller

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tut mir leid. Die Ärzte haben alles getan, was möglich war, es ist schrecklich, dass auch die neue Chemotherapie nicht wirksam war.“

      „Du hast doch gesagt, dass es diesmal gut wird!“

      Tränen liefen über Janoschs Wangen und er zitterte. War es jetzt soweit? Musste er sterben?

      „Was denkst du … wie lange noch?“

      „Das kann ich dir nicht sagen. Eine Woche oder ein Monat oder ein Jahr …“

      „Wird es wehtun? Habe ich dann noch meine sieben Sinne beisammen?“

      „Janosch, als dein Freund würde ich dir so gerne Hoffnung machen, aber als Arzt muss ich realistisch sein. Da selbst nach der Knochenmarktransplantation der Krebs zurückgekehrt ist, sehe ich keine Möglichkeit mehr.“

      „Macht noch eine Chemo! Oder bestrahlt mich erneut! Was ist mit einer Immuntherapie?“

      „Du bist so geschwächt, dein Immunsystem ist sozusagen nicht mehr vorhanden. Geh heim und tu das, was du immer schon mal machen wolltest. Erfülle dir Wünsche. Lebe und wenn es soweit ist, werde ich für dich da sein und dir die Schmerzen vom Leib halten.“

      „Konrad, sei bitte ehrlich. Gibt es im Ausland eine Möglichkeit für mich? Oder etwas Experimentelles? Ich gebe all mein Geld …“

      „Ich bin immer ehrlich zu dir gewesen, Janosch, wir kennen uns doch so lange … glaube mir, ich würde alles, ALLES versuchen, um dich am Leben zu halten. Besuche deine Mutter, Schwester, Freunde. Genieße die Zeit, die dir bleibt. Du hast das Glück, finanziell unabhängig zu sein, reise noch ein bisschen, nicht zu weit weg, nicht zu lange, fahre ans Meer oder in die Berge.“

      „Danke …“, murmelte Janosch.

      Er sah Konrad Knibbel, der ihn heute zum Onkologen begleitet hatte, noch einmal an und seufzte.

      „Das ist Scheiße.“

      „Ich weiß. Alles Gute. Komm nächste Woche zum üblichen Termin zu mir.“

      Als Janosch vor der Tür stand, rieb er sich die Augen. Er dachte: Jetzt bin ich siebenunddreißig, muss nicht arbeiten, habe weder Familie noch Kinder, auch die meisten Freunde haben sich von mir abgewendet und dazu habe ich einen Krebs in mir, der mich töten wird.

      Austherapiert, das war das Wort, vor dem er sich seit Jahren fürchtete. Austherapiert, das war sein Todesurteil. Womit hatte er das verdient?

      „Nein, ich gebe nicht auf! Es muss doch noch etwas geben, was mir hilft. Morgen, morgen beginne ich nochmal zu recherchieren.“

      Ganz in Gedanken lief Janosch durch die überfüllte Stadt zum Bahnhof, nachdem er sich von seinem Freund verabschiedet hatte. Konrad hatte noch einen Termin und konnte Janosch nicht heimbringen. Der kranke Mann sah nicht die Menschen, die ihn verstört aus dem Weg gingen, denn die Tränen der Verzweiflung bahnten sich nach wie vor ihren Weg. Janosch spürte sie nicht, denn er konnte nur eines denken: Ich will nicht sterben!

      Im Zug starrte er aus dem Fenster und als er in Eltville ausstieg, waren die Tränen versiegt. Er irrte durch die Altstadt heim und schloss die Haustür zweimal ab.

      Janoschs Haus befand sich am Ende der Straße zu den Weinbergen, eine Hecke verbarg es vor neugierigen Blicken. Die Rollläden waren heruntergelassen, um die Welt aus seinem Leben auszusperren.

      Janosch ließ sich auf die Couch fallen und schaltete den Fernseher an, aber er sah nicht, was lief. Er dachte an den Tag vor fünf Jahren, an dem sein Freund Konrad nach einem Routinecheck die furchtbare Diagnose stellte: Knochenmarkkrebs. Weitere Untersuchungen zeigten, dass es eine besonders aggressive Form war, die schon in die Leber gestreut hatte. Janosch war sich sofort bewusst gewesen, dass nur das volle Programm mit Operation, Knochenmarktransplantation, Chemotherapie und Bestrahlung helfen würde und weil er leben wollte, begab er sich euphorisch in die Hände der Spezialisten. Konrad, sein alter Schulfreund, war immer an seiner Seite gewesen.

      Die Operation brachte den gewünschten Erfolg, ein Knochenmarkspender war relativ rasch gefunden worden und die Chemotherapie zerstörte die Krebszellen. In dieser Zeit ging es Janosch schlecht, aber er kämpfte und überlebte. Ein Jahr später war er frei von Krebs.

      Janosch ging regelmäßig zur Nachsorge und war zuversichtlich, mit der Energie, die er aufgebracht hatte, als Sieger aus dem Kampf zu gehen. Ein weiteres Jahr später wurden alle Hoffnungen zerschlagen. Der Krebs war mit ganzer Macht zurückgekehrt. Sein Kampf begann von vorn, aber jeder Gedanke an eine Heilung wurde zunichte gemacht, denn der Krebs hatte weiter gestreut. Neue Operationen waren nötig und mit jedem Schnitt ins Fleisch verlor Janosch an Kraft. Und nicht nur das. Die Haare, die langsam nachgewachsen waren, fielen erneut aus, der Appetit war verschwunden und wenn Janosch sich im Spiegel betrachtete, sah er einen abgemagerten, totkranken Mann, einem Geist ähnlicher als einem Menschen.

      Bis zu seiner Erkrankung war er ein normaler junger Mann gewesen. Sein Vater hatte ihm nach dessen Tod durch einen Unfall das Haus und ein dickes Bankkonto hinterlassen, sodass er ganz seiner Leidenschaft nachgehen konnte: dem Zeichnen. Er war nicht sehr erfolgreich, aber da er finanziell unabhängig war, genügte es ihm, ab und zu mal ein Bild zu verkaufen. Ansonsten lebte er in den Tag hinein, traf sich mit Freunden, schlief ab und an mit einer Frau und freute sich des Lebens.

      Dieses Leben war lange vorbei. Einzig Konrad verstand, was mit ihm los war. Viele Freunde hatten Angst vor dem Krebs und zogen sich zurück, andere wussten nicht, wie sie ihr herzzerreißendes Mitleid in Worte fassen sollten und der eine oder andere ärgerte sich, dass er Janosch nun nicht mehr ausnutzen konnte. Sie hatten ihn nach und nach im Stich gelassen.

      „Ihr miesen Typen, wenn es hart auf hart kommt, dann zeigt sich, wer die wahren Freunde sind.“

      Seine Familie, die aus der dementen Mutter und einer kinderreichen Halbschwester bestand, hielt sich ebenfalls zurück.

      Friderike sagte immer: „Ich will dich nicht mit den Kindern belasten, du brauchst ja Ruhe. Besuch doch die Mutti, dann habt ihr beide etwas davon. Melde dich, wenn ich etwas für dich einkaufen soll.“

      Janosch hatte sich nicht gemeldet, auch seine Mutter besuchte er nur selten. Die Frau schaute ihn an wie einen Fremden, also was sollte er da? Sie war in einem guten Pflegeheim und die Pfleger verstanden sehr gut, dass der schwerkranke Sohn sich nicht um seine Mutter kümmern konnte.

      Am Abend war er noch einmal aus dem Haus gegangen, um am Rhein dem Wasser nachzuschauen, das wie sein Leben an ihm vorbeifloss. Erschöpft ließ er sich auf eine Bank fallen, denn eine große Müdigkeit war über ihn gekommen. Er hatte sich kaum noch auf den Beinen halten können und hörte auch die Frau, die ihn jetzt ansprach, wie durch eine Nebelwand.

      „Hallo, geht es Ihnen nicht gut? Kann ich Ihnen helfen?“

      Er reagierte nicht, erst, als ihm jemand auf die Schulter tippte. Sein Kopf fuhr herum und er blickte in freundliche, sanfte Augen. Eine Frau in Sportkleidung beugte sich über ihn.

      „Es geht schon, ich muss nur einen Moment ausruhen.“

      „Sind Sie sicher? Soll ich Sie nach Hause bringen?“

      „Nein, nein, mir geht es gleich wieder gut.“

      „Ich setze mich kurz zu Ihnen, ja?“

      Janosch nickte. Er schloss die Augen und fühlte sich neben der

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