Bis die Gerechtigkeit dich holt. Ute Dombrowski

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Bis die Gerechtigkeit dich holt - Ute Dombrowski страница 4

Bis die Gerechtigkeit dich holt - Ute Dombrowski Eltville-Thriller

Скачать книгу

reagiert haben.“

      Sie gingen davon und die beiden Frauen blieben erschüttert zurück. Dann sank Kendra plötzlich auf die Knie und schluchzte heftig. Ihre Schultern bebten, als Lisa die junge Frau wieder hochzog und in die Arme nahm.

      „Sie wird es schaffen, die Ärzte tun sicher alles für Hanka. Kommen Sie, setzen wir uns kurz auf die Bank.“

      Als sie nebeneinander saßen, entschuldigte sich Kendra für den Gefühlsausbruch, aber Lisa winkte nur ab.

      Sie streckte der Joggerin die Hand hin und sagte: „Ich bin Lisa. Sie sind die nette, junge Frau, die mir immer zunickt, wenn ich auf meiner Bank sitze.“

      „Ich bin Kendra. Ja, ich sehe Sie immer dort sitzen und Sie sehen sehr entspannt und zufrieden aus. Wir können doch Du sagen.“

      „Gerne. Was denkst du, wer Hanka das angetan hat?“

      „Keine Ahnung, ich hoffe nur, hier an Rheinufer läuft kein Vergewaltiger herum, der kleine Mädchen anfällt.“

      Sie verabschiedeten sich und wollten sich am kommenden Tag zu einem Kaffee treffen.

      4

      Die dunkle Gestalt hinter dem Baum stand vollkommen ruhig da, das einzige, was sich bewegte, war der Zeiger der Uhr, der unaufhaltsam vorwärtsstürmte. Nein, es war nicht das einzige, was sich bewegte: Das Herz klopfte der Gestalt so laut in ihrer Brust, dass es fast zersprang. Hinter ihr floss der Rhein so entspannt dahin, als ob er schon schlief.

      In sieben Minuten war es soweit. Die Dunkelheit war undurchdringlich, nachdem der Mond hinter einer Wolke verschwunden war. Die Gestalt schwitzte unter der schwarzen Wollmaske, aber sie wusste nicht, ob es vor Aufregung oder Hitze war. Die Hände steckten in schwarzen Gummihandschuhen, das Messer in der Hand hatte vorhin im Mondlicht noch silbern geglänzt, aber jetzt war es genauso unsichtbar wie alles andere.

      Es war kurz vor Mitternacht, in der Ferne waren Schritte von schweren, festen Schuhsohlen zu vernehmen. Die dunkle Gestalt hinter dem Baum straffte sich. Sie war bereit, den zu richten, der Unrecht begangen hatte.

      Ein dicker, grobschlächtiger Mann war in seinen Umrissen zu erkennen, er näherte sich unaufhaltsam und mit eiligen Schritten dem Baum. Die Gestalt kam hinter dem Baum hervor und ließ das Messer mit der langen, scharfen Klinge auf die Person, die fast genauso groß war, niedersausen. Erschrocken fasste sich der dicke Mann an die Schulter, schaute hoch und gab der Gestalt die Möglichkeit, das Messer in voller Länge in seinen Hals zu stoßen. Mit einer kurzen, drehenden Bewegung zerriss die Klinge die Hauptschlagader und ein Schwall von Blut sprang aus der Wunde heraus.

      Die Gestalt trat zurück und sah dem Todeskampf des Mannes zu. Sie nickte zufrieden und nahm die Maske ab, sie fühlte Erleichterung. Dann wandte sie sich ab. Der tote Körper des dicken Mannes blieb in der Blutlache liegen. Am Morgen wird man ihn finden, dachte die Gestalt, dann ist es endgültig vorbei. Sie holte eine winzige weiße Stoff-Rose aus der Innentasche der Jacke hervor und ließ sie auf die Leiche fallen.

      Sie ging heim, unter die Dusche und ins Bett, aber sie fand keinen Schlaf. Dieser Mann hatte kein Recht zu leben. Wer so etwas tat, hatte sein Recht zu leben verloren. Niemand durfte einem Schwächeren ungestraft wehtun.

      „Du wirst nie wieder jemandem etwas antun. Ich habe dich bestraft, weil es sonst keiner tun würde. Die Menschen schweigen, aber das ist nicht richtig!“

      Ein qualvoller Schrei kam aus ihrer Brust, ein Schrei voller Erinnerungen und Leid, den niemand hörte. Die Gestalt ballte die Fäuste und versuchte zu schlafen. Als in der Ferne die durchdringende Sirene eines Polizeiautos zu hören war, das mit flackerndem Blaulicht durch das Morgengrauen raste, schlief sie endlich tief und fest.

      5

      „Sie ist gestorben.“

      Kendra liefen die Tränen herunter.

      „Oh, nein!“, rief Lisa, die wie jeden Tag auf der Bank saß.

      Zwei Wochen waren vergangen, in denen sich die beiden jungen Frauen täglich sahen und meistens noch eine Tasse Kaffee im Café in der Nähe tranken. Sie hatten gehofft und gebangt und waren noch einmal von der Polizei befragt worden. Die Kommissarin war sehr einfühlsam gewesen und hatte, im Gegensatz zu ihrem Kollegen, auch nach ihrem Bauchgefühl gefragt.

      „Es war niemand zu sehen, der ihr etwas angetan haben könnte, also ist es vielleicht in ihrem Zuhause passiert und dann ist sie weggelaufen und hat sich versteckt“, hatte Lisa gesagt.

      „Das wissen wir nicht genau, niemand hat die Kleine irgendwo gesehen, nicht auf dem Weg, nicht im Ort. Wir kommen nicht weiter“, erklärte der blonde Kommissar sachlich. „Sie hat eine junge Mutter und einen älteren Stiefvater, also ist ein normales Familienleben wahrscheinlich. Sie sind auch nicht beim Jugendamt bekannt, also muss eine fremde Person dort gewesen sein. Bitte denken Sie noch einmal genau nach!“

      „Es war wirklich nichts Besonderes. Die drei alten Herren mit den Hunden, die Frau mit dem Kinderwagen, die Joggerin. Glauben Sie mir, ich bin jeden Tag dort und mir würde ein unbekannter Mann auffallen.“

      „Schade, ich habe so gehofft, dass Sie uns helfen können.“

      So war Lisa wieder gegangen, auch Kendra konnte nichts Hilfreiches aussagen. Nun saßen sie hier auf der Bank und weinten gemeinsam um die kleine Hanka, die die Ärzte nicht retten konnten.

      „Woher weißt du das denn?“

      „Es stand in der Zeitung. Sie wurde mehrfach vergewaltigt und ist vor fünf Tagen an inneren Blutungen gestorben. Die Leute von der Zeitung haben einen widerlich reißerischen Artikel daraus gemacht, aber sie haben nach Zeugen gesucht.“

      „Der Kommissar hat gesagt, zu Hause war alles in Ordnung.“

      „Ja“, sagte Kendra nachdenklich und wischte die Tränen ab, „das hat man bei uns auch gesagt. Mein Vater hat immer meine Stiefschwester gedemütigt und ihr wehgetan. Ich stand hinter der Tür, als sie ihm ein Brotmesser in den Hals gerammt hat. Danach ist sie aus dem Fenster gesprungen. Im elften Stock. Ich war noch klein, aber ich sehe diese Szene seit kurzem wieder deutlich vor mir.“

      „Oh, mein Gott, dann muss dich das mit Hanka ja noch viel schlimmer getroffen haben. Was meinst du mit: Das haben sie bei uns auch gesagt?“

      „Meine Mutter hat immer alles schön geredet und mir hat er nichts getan, weil ich sein Engelchen war. Meine Schwester Nora war wohl das Ergebnis eines Seitensprungs und er hat sie immer spüren lassen, dass sie nichts wert ist.“

      „Hat dein Vater das überlebt?“

      „Nein, Gott sei Dank nicht, er war ein mieses Schwein, das sich an Schwächeren vergriffen hat, aber nach außen hin war alles eine heile Welt. Ich hasse meine Mutter dafür, dass sie sich nicht gewehrt hat, dass sie meine Schwester nicht beschützt hat. Wir sind dann weggezogen. Als ich achtzehn war, bin ich weg. Das Jugendamt war zweimal da, aber die haben sich ja immer schön angekündigt und am Anfang hat er ihr auch nicht ins Gesicht geschlagen, nur dorthin, wo man es nicht sah. Und ich dachte, es ist in Ordnung so. Verstehst du? Ich war ein kleines, dummes Kind, das alles bekommen hat und ich dachte, es ist in Ordnung.“

      Ein

Скачать книгу