Elduria - Die Entscheidung. Norbert Wibben
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»Sie sieht wirklich elend und viel älter aus, als sie vermutlich ist. Wenn ein dunkler Fluch die Ursache sein sollte, was kann ich dann machen?«, überlegt sie.
»Probiere alle Sprüche, die positiv wirken könnten«, fordert Dragon. Das Mädchen hatte vergessen, dass der Junge noch immer in gedanklichem Kontakt zu ihm steht. Doch anders als manches vorige Mal, freut sie sich darüber. Sie nickt in seine Richtung und wendet sich erneut ihrer Amme zu. Die ist inzwischen eingeschlafen, so erschöpft ist sie von den Strapazen der Rückreise. Sie mussten oftmals eine größere Strecke wandern, um sich nicht als Zauberer zu erkennen zu geben. Creulon hätte dann womöglich einen Hinweis zugetragen bekommen können, und das wollten sie nicht riskieren. Runa hält ihre Hände nebeneinander über die im Sessel in sich zusammengesunkene Elfe.
»Salvus! Beatha!« Ob der Spruch zum Übertragen von Lebensenergie dieses Mal besser wirkt, weiß das Mädchen nicht, hofft es aber inständig. Das auf die Westelfe hinunterfließende, goldene Gleißen unterbricht es nicht so schnell. Runa will möglichst lange ihre Energie übermitteln. Es könnte sogar fast zu viel sein, denn sie taumelt und wird sofort von Dragon gestützt.
»Du musst vorsichtig mit dem letzten Spruch sein! Wenn du nicht aufpasst, fällst du in tiefe Bewusstlosigkeit. Dann vermagst du die Übertragung nicht zu stoppen und würdest als Folge davon sterben.«
Der Junge führt Runa besorgt zu einem Stuhl, auf den sie sich fallen lässt. Sie richtet ihren Blick dankbar zu ihm auf.
»Dann würdest du mich retten. Du bist schließlich mein Beschützer, dem ich inzwischen sehr oft das Leben zu verdanken habe!« Ein leichtes Lächeln spielt um ihre Lippen.
Dragon droht ihr mit erhobenem Finger.
»Ich sehe schon, dir geht es nicht so schlimm, wie es aussah. – Doch zurück zum Übertragen der Lebensenergie. Die kann nur der Zauberer stoppen, der damit begonnen hat.«
»Aber, wenn du …«
»Genau, falls ich jedoch in gedanklicher Verbindung mit dir stehen sollte, könnte ich das möglicherweise auch aufheben.«
»Richtig. Das wäre ähnlich so, wie das bei den Zauberangriffen der Hexenmeister oder dem von Creulon war.«
»Aber besser ist, wir lassen es nicht so weit kommen, dass wir das probieren müssen!«
Der Junge blickt Runa beschwörend an. Sie nickt langsam. Es sieht allerdings so aus, als ob sie ihm nicht genau zuhören würde. Das bestätigt das Mädchen auch sofort durch ihren nächsten Satz.
»Damit hast du mich auf eine Idee gebracht. Ich sollte versuchen, über eine Gedankenverbindung in Atropaias Kopf nach der Ursache für ihre Schwäche und den Husten zu suchen. Dann könnte ich in der Lage sein, den dunklen Fluch von ihr zu nehmen, wenn der die Ursache sein sollte. Denke nur an die dunkel-violetten Wolken, die wir am Rand unseres Bewusstseins aufspüren und vertreiben konnten. Ich vermute, das könnte bei ihr ähnlich aussehen.«
Runa greift nach ihrer Teetasse und nimmt einen großen Schluck. Sie will bereits aufstehen, als Dragon sie sanft zurück auf den Stuhl drückt.
»Das kannst du später oder besser noch morgen probieren. Du solltest dich vorher völlig erholen, denn auch du schaust angegriffen aus!«
Sie blickt den Jungen an. Erst nach einem Blick zu ihrer Amme hinüber nickt sie.
»Einverstanden. Da Paia tief zu schlafen scheint, könnte ich die Verbindung im Moment doch nicht herstellen. – Aber ich sollte versuchen, Danrya zu beruhigen. Möglicherweise kennt sie einen weiteren Spruch, den ich anwenden kann.«
»Das kannst du gerne machen, nachdem du dich auch etwas ausgeruht hast!«
Das Mädchen blickt den Jungen an und will empört auffahren. Doch nach wenigen Momenten besinnt es sich, dass Dragon recht hat. Es nickt und schaut ihn schelmisch an.
»Ja, Mutti!«
Fast im gleichen Augenblick fällt auch sie in tiefen Schlummer. Die Übertragung der Lebensenergie auf Atropaia hat mehr Kraft als gedacht gekostet.
Im Traum kehrt Runa in ihre ersten Jahre hier im Haus zurück. Ein zufriedenes Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. Vorsichtig, um sie nicht aufzuwecken, trägt Dragon sie zum Sofa hinüber. Er bettet sie darauf und breitet eine Decke über sie.
»Danke, mein Beschützer!«, murmelt das Mädchen im Halbschlaf.
Zur Dracheninsel und neue Zauber
Dragon möchte seiner ehemaligen Lehrerin Moira den kleinen Strauß Blumen von der Wiese bringen, wo ihr Bruder bestattet worden ist. Er will ihr auch davon berichten, dass er zusammen mit einer Drachensucherin gegen das Böse kämpft. Das Mädchen hat ihn bei diesen Worten leicht in Verdacht, mit seinen Beschützeraktionen vor ihr glänzen zu wollen. Und das hat er ihrer Meinung nach durchaus verdient. Sie schlägt ihm vor, ihn mit dem magischen Sprung dorthin zu bringen. Dann könnte sie von den jeweiligen Situationen berichten, ohne dass das wie ein Eigenlob Dragons wirken würde. Doch der Junge schüttelt sofort vehement den Kopf.
»Das habe ich keineswegs vor. Ich bin der Ansicht, dass wir im Kampf gegen Drakonia, Owain und Creulon jede Unterstützung brauchen können. Darüber haben Danrya und ich diskutiert. Ich möchte mit Moiras Hilfe versuchen, die anderen Drachen zu überreden, mit mir nach Elduria zu kommen.«
Runa fühlt sich sofort unbehaglich, ihren Freund und Beschützer derart selbstsüchtige Absichten unterstellt zu haben. Sie sollte ihn inzwischen besser kennen!
»Entschuldige bitte, ich dachte, du seist auf ein Lob Moiras aus.«
»Pah«, lautet die einsilbige Antwort des Jungen. Er wendet sich von dem Mädchen ab und geht nach draußen. Runa folgt ihm sofort und stellt sich in seinen Weg.
»Verzeihst du mir? Das war wirklich mehr als blöd von mir. Ich möchte nicht, dass du jetzt fortfliegst, ohne dass wir uns vertragen haben. – Bitte!«
Ihrer offensichtlichen Zerknirschtheit kann Dragon nicht standhalten. Nach wenigen Sekunden zieht ein Lächeln in sein Gesicht.
»Schon vergessen«, versucht er das Thema abzuschließen. Das Mädchen lächelt dankbar zurück.
»Wie sieht übrigens der Blumenstrauß aus? Du hattest ihn unter dein Oberteil gesteckt. Hat er da nicht gelitten? Ich weiß, Wiesenschaumkraut ist sehr empfindlich und kann nicht lange ohne Wasser überstehen.«
Der Junge greift erschrocken unter sein Hemd und zieht die Blumen hervor. Die sehen mitleiderregend aus. Runa deutet auf sie und murmelt: »Renovo!« Die schlapp herabhängenden Blütendolden richten sich auf. Die vielen, hellblauen, vierblättrigen Blüten leuchten wieder so frisch, als wären sie gerade erst gepflückt worden. Das führt zu einem Argument, das sofort von ihr genutzt wird.
»Wenn du bis zur Insel fliegen willst, werden die Blumen bei deiner Ankunft dort so unschön wie eben aussehen. Das geht bei diesen Pflanzen schnell. Deshalb mache ich dir erneut den Vorschlag, dich mit dem magischen Sprung dorthin zu bringen.«
»Ich bin sehr unsicher, wie die Drachen auf der Insel reagieren, wenn ich mit einer Halbelfe dort auftauche. Das könnte durchaus gefährlich werden. Darum möchte ich das lieber nicht.«
Er lässt sich