Elduria - Die Entscheidung. Norbert Wibben

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Elduria - Die Entscheidung - Norbert Wibben Elduria

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zu wollen.

      »Paia sieht zwar etwas erholt aus, aber ich möchte sie nur ungern allein lassen. Sollten unsere Verfolger hier auftauchen, was durchaus nicht unmöglich ist, wird sie sich kaum mit Magie wehren können.«

      »Den Rückweg trete ich in Begleitung einiger Drachen an, falls ich sie dazu überreden kann. Wohin ich sie führen soll, kannst du mir ja gedanklich mitteilen«, fordert der Junge. Sie stellen die zuletzt unterbrochene Verbindung wieder her. »Außerdem muss ich es sofort wissen, sollten die Verfolger hier erscheinen. Versprich mir, mich in dem Fall hierher zu holen.«

      »Wenn du das möchtest, gerne. Ich mache das aber von der Situation abhängig. Vielleicht werde ich vorher mit Paia flüchten. Doch das sehen wir, sobald es dazu kommen sollte.«

      Dragon nickt, tritt ins Haus und verabschiedet sich von der Elfe. Dann nimmt er seine Drachengestalt an und stellt sich den Eingang zur Drachenschule vor. Runa berührt seinen Rücken und bringt ihn mit dem magischen Sprung dorthin. Sie wünscht ihm Glück und ist im nächsten Augenblick wieder zurück im Wohnraum.

      Der Junge möchte in gedanklicher Verbindung mit dem Mädchen bleiben, falls es, wie er anführt, die Unterstützung durch ihren Beschützer nötig haben sollte. Doch Runa ist schon bald anderer Ansicht.

      »Wenn ich Hilfe benötige, werde ich den Kontakt zu dir herstellen! Du musst dir dann lediglich den Ort anschauen, wo ich erscheinen soll. Aber bis dahin können wir die Gedankenverbindung unterbrechen. Ich möchte mich mit Paia über viele Dinge unterhalten. Das würde dich genauso ablenken, wie es bei mir der Fall wäre, sollte ich deine Diskussionen mit den anderen Drachen mitverfolgen.«

      Dieser Überlegung stimmt Dragon schließlich zu. Seine Rückkehr wird mehrere Tage dauern. Auch wenn er sehr schnell zu fliegen vermag, werden die ihn hoffentlich begleitenden Kreaturen nicht alle die gleiche Geschwindigkeit wie der Jungdrache erreichen können. Außerdem rechnet das Mädchen damit, dass sie vorzugsweise in der Nacht herkommen werden, um keine ungewollte Aufmerksamkeit zu erregen. Sie könnten sonst feindlichen Zauberern gemeldet werden und müssten in dem Fall mit Angriffen rechnen.

      In den nächsten Tagen berichten Runa und ihre Amme, was sie in den vergangenen sieben Jahren erlebt haben. Seitens Atropaia gibt es nicht viel zu erzählen, da sie, bis auf die Verhöre und die kurzzeitigen Hofgänge, keine Abwechslung im Kerker hatte. Deshalb fällt es dem Mädchen schwer, einen Anhaltspunkt dafür zu finden, wann die Elfe von einem Zauber getroffen sein könnte. Dass das auf ihrer Flucht geschehen sein sollte, schließt es aus.

      Runa schüttelt den Kopf. Creulon hatte zu keiner Zeit an einem Verhör teilgenommen, wie Atropaia versichert. Wie und wann kann er dann einen dunklen Fluch auf sie geschleudert haben? Wenn diese Möglichkeit auszuschließen ist, würde das bedeuten, dass die Krankheit der Amme durch einen Zauberspruch geheilt werden können müsste.

      Am nächsten Tag bittet sie die Elfe um die Erlaubnis, über eine Gedankenverbindung in ihre Erinnerungen eindringen zu dürfen. Obwohl es sie vermutlich sehr schmerzen wird, möchte sie ihre Mutter Raika kennenlernen. Gleiches trifft auf ihren Vater Kenneth zu. Sie weiß, dass Atropaia mit ihnen über viele Jahre befreundet gewesen ist und hofft, dass sie ihrer Bitte nachgeben wird.

      Die Elfe schaut Runa lange an, bevor sie nickt.

      »Mein liebes Winterkind. Bist du sicher, dass du das willst? Ich verstehe den Wunsch, sozusagen deine Wurzeln besser kennenlernen zu wollen. Trotzdem möchte ich dir raten, dabei äußerst vorsichtig zu sein. Dich erwartet nicht nur Schönes. Und auch, wenn die Bilder völlig real wirken werden, wirst du nicht in Verbindung mit ihnen treten können. Daran musst du immer denken, um dich nicht ignoriert zu fühlen. Das würde vermutlich mehr schmerzen als alles andere. Du kannst nicht jede meiner Erinnerungen betrachten, da du dazu Jahre benötigen würdest. Deshalb kann manche Sequenz einen falschen Eindruck erwecken, wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen betrachtet wird.«

      »Ach bitte, liebe Paia! Was du soeben sagtest, ist mir bewusst. – Ich kenne Raika nur aus deinen Erzählungen. Und damals war ich noch viel zu klein, um alles begreifen zu können. Ich bekäme einen etwas besseren Eindruck, sollte ich sozusagen einige Augenblicke mit Mutter und Vater verbringen können. Auch wenn das lediglich aus deiner Sicht heraus erfolgt, wäre ich dir mehr als dankbar.«

      »Nun gut. Aber ich versuche, die Erinnerung zu steuern. Also greife bitte nicht in den Ablauf der Sequenzen ein. Außerdem habe ich natürlich auch nur einiges miterlebt, da wir nicht alle Tage zusammen waren. Bevor du Schlussfolgerungen aus dem ziehst, was du gleich zu sehen bekommst, sollten wir gemeinsam darüber reden. Versprichst du mir das?«

      Runa nickt.

      Atropaia setzt sich in den Sessel und macht es sich bequem, während das Mädchen das Sofa nutzt.

      »Bereit?«, diese Frage sendet die Elfe gedanklich.

      »Ja«, antwortet Runa und stellt damit die Verbindung her.

      Die Reise in die Vergangenheit schmerzt sie mehr, als vorher vermutet. Es dauert anschließend längere Zeit, bis sie ihre Tränen zu stoppen vermag und das Schluchzen endet. Dieses Mal ist es Atropaia, die das Mädchen aufrichtet. Sie macht sich und ihr eine große Tasse mit Pfefferminztee und reicht dazu Ingwerplätzchen. Der prickelnde Teeduft und der würzige Geschmack des Gebäcks helfen dabei.

      »Raika wollte, dass ich dir alle Zaubersprüche beibringe, die du zur Erfüllung deiner Aufgabe als Drachensucherin benötigen könntest.«

      »Das ist verständlich«, antwortet das Mädchen. »Gibt es denn noch mehr, als in dem Anhang des Buches über die Insel der Drachen stehen?«

      »Das kenne ich nicht. Was für eine Art ist es, möglicherweise ein Roman? Ich dachte, du wärst meiner Empfehlung gefolgt und hättest die Zauberkenntnisse von Danrya. Die Aufforderung hatte ich als Information für dich in dem Kochbuch hinterlassen.«

      »Die Notizen habe ich gelesen und deine Freundin hat auch wirklich viele Sprüche mit mir geübt.«

      Runa sucht nach dem Rucksack, der seit ihrer Ankunft im oberen Raum neben ihrem Bett liegt. Sie steht kurz darauf vor ihrer Amme und reicht ihr das Buch.

      »Das habe ich von Kaytlin, der Wirtin vom »Fuchs und Gans« bekommen. Wie es in ihren Besitz gelangt ist, hatte sie mir nicht gesagt.«

      Atropaia betrachtet den in geprägtes Leder gebundenen Band mit gekrauster Stirn, blättert zum Anhang und liest die aufgelisteten Zaubersprüche.

      »Das sind ja eine Menge guter und wirksamer Zauber. Sie decken fast alles ab, wofür Magie genutzt werden kann. Doch einige Sprüche fehlen. Mir fallen sofort fünf, nein sogar sechs ein, die nicht aufgeführt sind. Sie lauten Anghofio, Anghofio totalus, Cum ri buidseachd, Detineo tempus, Miscere und Re-Potentia.«

      »Aha. Und was bewirken sie?«

      »Die ersten zwei und der fünfte sind Zauber, die sozusagen zum Angriff eingesetzt werden können. Sie lösen eine teilweise oder totale Amnesie aus oder verwirren einen Gegner für eine begrenzte Zeit. Die anderen drei sind mehr defensiv beziehungsweise werden zur Heilung genutzt.«

      »Dann sollten wir sie alle üben, bis ich sie beherrsche, meinst du nicht auch?«

      »Selbstverständlich. Raika hatte eine ähnlich Einstellung zu Zauberei wie du, wie ich aus deinen Erzählungen herausgehört habe. Sie war eher darum bemüht, einem Gegner nicht zu schaden, wenn sich das irgendwie machen ließ. Deshalb wird dir »Cum ri buidseachd« nützlich sein. Der Spruch dient dazu, einem dunklen Fluch zu widerstehen

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