Elduria - Die Entscheidung. Norbert Wibben
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»War das gut so?«
»Das hast du auf den Punkt getroffen. Es wird nicht mehr lange dauern, dann kannst du mich vertreten.«
Snow strahlt über das erhaltene Lob. Sie gibt das Signal, dass das Essen bereitsteht. Kurz darauf strömen alle Bewohner in den Speisesaal, wo Köchin und Küchenhilfe die Speisen gemeinsam verteilen. Die zufriedenen Mienen bilden unausgesprochen das von der Elfe erhoffte Lob. Einige preisen sogar mit Worten das zwar einfache, aber äußerst leckere Gericht.
Abends sinkt Snow völlig erschöpft ins Bett. Sie überlegt, warum ihr immer wieder Fehler, wie die verkohlten Schmorkartoffeln, passieren. Wurde sie irgendwann mit einem Fluch belegt? Sie erinnert sich szenenhaft an unerklärliche Ereignisse, sollten die die Ursache sein? Sie lebte in einem Gebiet im mittleren Elduria, das abgelegen von größeren Städten liegt. Deshalb wunderte sie sich, als die Truppen der Königin Drakonia auch in ihren kleinen Ort einfielen, als die Schlacht gegen den König längst gewonnen war. Wetterham ist der Name der Ansiedlung, die nordwestlich des Elfenwaldes, etwa auf halbem Weg vom Waldrand bis zur Westküste liegt. Früher wohnten hier Elfen und Menschen friedlich zusammen.
Das änderte sich, sobald brandschatzende und plündernde Kämpfer der Königin Merions auftauchten. Sollten Zauberer die Bewaffneten begleitet haben, hätten sie dann dunkle Flüche auf die dort lebenden Westelfen geschleudert? Das wäre durchaus erforderlich gewesen, da sich die Elfen den Männern entgegenstellten. Dabei konnte sie einen fehlgeleiteten Zauberspruch zumindest teilweise abbekommen haben, ist Snow überzeugt.
Drakonia rechnete zudem offenbar mit Problemen, die sie mit den magisch begabten Wesen bekommen könnte. Was diese dann auch durch ihre Gegenaktionen ungewollt bestätigten. Dabei versuchten sie lediglich, sich und die Menschen ihrer Nachbarschaft vor Schaden zu schützen. Trotzdem war es aus Sicht der Herrscherin logisch, dass sie diese Wesen durch ihre Zauberer ausschalten ließ.
Snow, die damals keine zehn Jahre alt war, bewegte sich auf Anraten anderer Elfen möglichst so langsam wie Menschen, um nicht aufzufallen. Obwohl sie noch sehr jung und in Magie wenig erfahren war, versuchte sie manches Mal, denen zu helfen, die von den wie losgelassene Teufel wütenden Soldaten gepeinigt wurden. Sie wollte mit magischen Sprüchen diesem Rauben und Morden Einhalt gebieten, wurde jedoch von zwei älteren Elfen daran gehindert. Die führten die Jüngere in die Freiheit zu den Nordelfen. Mit viel Glück gelang es ihnen, sich durch die Reihen der Gegner zu stehlen. Doch seitdem schämt sich Snow, dass sie sich ihren Rettern nicht widersetzt hatte. Sie hätte Widerstand leisten und den Bewohnern Wetterhams, zumindest aber ihren näheren Nachbarn, zu helfen versuchen müssen.
»Dann wärst du längst tot!«, hatten die älteren Elfen ihr ein ums andere Mal auf die Selbstvorwürfe geantwortet.
Trotzdem nagt der Zweifel in manchen Nächten an ihr, ob das damals klug oder nur feige gewesen war. Seit den ersten Tagen in der Geborgenheit und Sicherheit des nördlichen Elfenwaldes, hat sie sich vorgenommen, sich nicht erneut vor einer Gefahr zu verbergen. Bei der nächsten Auseinandersetzung, die gegen die Soldaten Drakonias geführt wird, will sie nicht nochmals fliehen, sondern mit allen Mitteln dem Bösen die Stirn bieten.
Eine Wiederholung?
Runa forscht nach der Ursache, warum ihre Amme immer noch so schnell ermattet. Sie hat bereits mehrfach Lebensenergie übertragen und auch die neu erlernten Sprüche gegen dunkle Zauber anzuwenden versucht. Doch alles scheint erfolglos zu bleiben. Das Mädchen vermutet deshalb schon, seine Zauberkräfte verloren zu haben. Vielleicht als Spätfolge des magischen Sprungs? Wie sollte sie es sonst erklären, in dieser wichtigen Angelegenheit so wenig erfolgreich zu sein?
Zur Probe nutzt Runa kleinere Sprüche. Sie entzündet das Feuer im Kamin und bereitet das Frühstück mit Magie. Das klappt jedoch genauso ohne Probleme, wie die Änderung ihrer Gestalt. Deshalb muss etwas anderes die Ursache sein, aber was?
Voller Verzweiflung nimmt Runa an einem Nachmittag Kontakt zu Danrya auf. Atropaia ist in dem Sessel eingeschlafen, den ihre Freundin aus dem Haus in Ochsenham hierhergeholt hatte. Er ist inzwischen zu ihrem Lieblingsplatz geworden, auf dem sie sich immer öfter in eine dicke Decke einmummelt und meistens schnell einschlummert. Das Mädchen hofft, von der Westelfe einen Rat zu bekommen. Doch ihre erste Antwort lautet, dass sie aus der Ferne weder den Zustand, noch die möglichen Gegenmaßnahmen beurteilen kann. Sie hat jedoch eine Idee.
»Bist du sicher, dass Atropaia keinen Silberschmuck trägt, möglicherweise eine Halskette, Ringe oder Spangen? Für derart vergesslich halte ich sie zwar nicht, aber nach der langen Gefangenschaft könnte sie alten Familienschmuck angelegt haben. Der würde deinen Zauber zumindest abschwächen. Also nicht. Hm. Darauf hätte ich jetzt getippt. – Wie schlimm ist ihr Zustand? Hast du das Gefühl, dass ich nach ihr sehen sollte?«
»Du bist doch in Elduria, um den Aufstand gegen Drakonia zu organisieren. Wäre das eine große Störung? – Mir ist es ehrlich gesagt lieber, du könntest hierherkommen. Wenn ich Paia morgens Lebensenergie spende, ist die oft schon am Mittag aufgebraucht. Den Nachmittag verschläft sie und mag kaum den Sessel verlassen, um nach oben ins Bett zu gehen. Allmählich fühle ich mich von den ständigen Übertragungen völlig ausgelaugt.«
»Das ist als Folge durchaus möglich, meine Liebe. Ich bin zwar inzwischen auf dem Weg zu den Nordelfen, werde die Reise jedoch unterbrechen. Der Versuch, die Elfen auf die Seite der Aufständischen in Elduria zu ziehen, kann eine Verzögerung vertragen. Die Hilfe für Atropaia aber nicht, so scheint mir. Hm. Ich kann trotzdem erst in einigen Stunden bei euch sein. Einverstanden?«
»Danke! Ich weiß mir keinen Rat mehr und bin dir unendlich dankbar.«
»Dann bis später!«
Runa atmet erleichtert auf. Sie wirft einen prüfenden Blick auf ihre Amme. Woran mag es nur liegen, dass die Zauber lediglich kurz wirken? Sie hatte bereits in Grimgards Kerker Lebensenergie an Atropaia übertragen. Dass die Westelfe dabei noch silberne Spangen um Hand- und Fußgelenke trug, war die Erklärung, weshalb nur wenig der Energie wirken konnte. Dass das überhaupt gelang, lag daran, dass Runa ihr gleichzeitig die Hände auf den Kopf legte. Das vermutet sie jedenfalls. Doch die Klammern sind längst entfernt worden, noch bevor sie in das Haus im Elfenwald heimkehrten.
Ob sie einen Versuch machen sollte, in Atropaias Gedanken nach einem dort lauernden Schatten zu suchen? Obwohl sie mit Dragon diese Möglichkeit in Betracht gezogen hatte, achtete sie bei der vergangenen Gedankenverbindung zur Amme nicht auf entsprechende Hinweise. Sie wurde dabei zu sehr von ihrem Wunsch abgelenkt, die Sequenzen mit ihren Eltern, vor allem aber die mit Raika, sehen zu wollen. Da die Bilder mit den letzten Lebensminuten ihrer Mutter endeten, war sie anschließend derart traurig gewesen, dass sie nicht mehr an die Suche nach versteckten dunklen Flüchen gedacht hatte. Doch jetzt drängt der Gedanke daran immer mächtiger in ihr Bewusstsein.
Sie schaut grübelnd zu ihrer Amme hinüber. Die Hände Atropaias liegen auf ihrem Schoß. Ein Blick auf eines der Handgelenke offenbart eine dunkle Spur, die darum herum verläuft. Sofort wandern ihre Augen zum anderen hinüber. Auch dort bemerkt sie diesen Schatten. Sie befinden sich an den Stellen, wo die silbernen Klammern saßen. Das wirkt auf das Mädchen so, als ob diese Bereiche im Nachhinein