Elduria - Die Entscheidung. Norbert Wibben
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Ingbert will sein Tier antreiben, doch es gehorcht nicht. Im nächsten Moment schreckt er zusammen. Sein kleiner Trupp ist von mehreren Kriegern umstellt, die aus dem Boden gewachsen zu sein scheinen. Woher die Männer und Frauen so unerwartet gekommen sind, ist ihm unerklärlich. Einige von ihnen murmeln unverständliche Worte, womit sie offenbar die Tiere beruhigen. Dabei zielen alle mit gespannten Bogen auf die Reiter.
Beim Blick auf die Bewaffneten befürchtet Ingbert zuerst, von den Soldaten des Hexenmeisters gestellt worden zu sein. Doch dann fällt ihm ein Stein vom Herzen. In Drakonias Militär sind nur männliche Kämpfer zu finden. Deshalb werden das hier Elfen, genauer gesagt, Nordelfen sein! Sie haben glatte blonde oder krause, rötliche Haare. Es gibt auch vereinzelt dunkle und schwarze, aber allen gemein ist, dass sie bis auf die Schultern hinabreichen. Ihre Kleidung ist widerstandsfähig und deren grünliche und graue Farben dienen offenbar dazu, dass sie sich im Wald einfacher verbergen können. Passt das zu dem Bild, dass er sich von diesen Wesen gemacht hat?
Er gibt seinen Freunden das Zeichen, ihre bereits gezogenen Waffen zurückzustecken. Er geht mit gutem Beispiel voran und wendet sich dann an die fremden Krieger.
»Wir haben friedliche Absichten. Wir sind Flüchtlinge aus Elduria und bitten um euren Schutz.«
Die Elfen senken weder die Waffen, noch geben sie zu erkennen, ob sie die Worte verstanden haben. Sollten sie eine andere Sprache nutzen?
»Wir wollen euch nichts Böses und erbitten euren Schutz für uns«, versucht es Ingbert erneut, wobei er bewusst langsam spricht. Da die Krieger weiterhin nicht reagieren, wagt der junge Mann etwas Ungewöhnliches. Er fordert seine Freunde auf, langsam abzusitzen und alle Waffen vor sich auf den Boden zu legen. Er geht gleichzeitig beispielgebend voran. Die gespannten Pfeile bleiben auch dann noch auf seine Brust gerichtet, als er Schwert und Messer samt Gurt abgelegt und sich einen Schritt davon zurückgezogen hat. Den Zügel seines Tieres hat er gleich nach dem Absteigen losgelassen. Er fordert seine Männer mit Blicken auf, es nachzumachen. Erst, als ihm alle gefolgt sind, senken die Krieger ihre Bogen. Einige von ihnen treten vor und sammeln die Waffen ein, ohne ein Wort zu sagen. Die anderen nehmen ebenso schweigend jeweils die Zügel von zwei Pferden und führen sie fort. Dabei beobachten die Entwaffneten etwas Unwirkliches. Die Tiere werden mehrere Schritte geführt, um dann zu verschwinden. Sollten die Nordelfen Zauber nutzen? Ingbert hat davon berichten hören, es aber stets für eine Art Kindermärchen gehalten. Doch hier scheinen die Geschichten zur Wirklichkeit zu werden.
Die Elfen mit den aufgesammelten Waffen folgen den vorangegangenen Kriegern und lösen sich etwa an der gleichen Stelle in nichts auf, so wie zuvor die mit den Pferden. Zwei hochmütig blickende Nordelfen geben ein Handzeichen. Die noch staunenden Freunde werden gleichzeitig von einer wohlklingenden Stimme aufgefordert, zu folgen. Wer von den beiden gesprochen hat, bekommen sie nicht mit. Die Männer gehen voraus und drehen sich nicht einmal um. So sicher fühlen sie sich, dass die Fremden ihrer Aufforderung nachkommen werden.
Sechs weitere Elfen, es sind allesamt Frauen, stehen mit gesenkten Bogen rechts und links und bilden eine Gasse, durch die Ingbert, seinen Freunden vorneweg, den Vorausgehenden folgt. Er beobachtet genau was geschieht. Er kann weder auf dem Waldboden noch an den wenigen Bäumen, die er passiert, etwas Besonderes entdecken. Trotzdem erscheint urplötzlich eine beeindruckende Festung vor ihm, zu der die vorangehenden Elfen ihre Pferde und Waffen bringen. Sie steht auf einer großen Freifläche und ihre vielen Türme mit den wehenden Fähnchen auf ihren Spitzen wirken im hellen Mondlicht beeindruckend.
Ingbert reißt sich von dem Anblick los. Er dreht sich schnell um und sieht, wie seine Freunde offenbar aus dem Nichts hinter ihm erscheinen. Haben sie soeben eine Art Tor durchschritten? So wirkt es auf ihn, doch er bemerkt kein Anzeichen oder sonstiges Merkmal, das auf dessen Vorhandensein hindeutet. Sobald schließlich die sechs Frauen auftauchen, gibt es einen kleinen wellenförmigen Wirbel und danach eine Reflexion, in der die umstehenden Bäume kurzzeitig verzerrt wiedergegeben werden. Was es auch gewesen ist, es scheint nun nicht mehr dort zu sein, schlussfolgert Ingbert. Er dreht sich zurück und folgt den vorausgehenden Elfen.
Sie werden über einen mit feinen Steinchen bestreuten Weg, über eine Holzbrücke und durch ein Tor geführt, das mit einem hochgezogenen Fallgitter gesichert werden kann. Die zinnengekrönten Mauern weisen eine beachtliche Dicke auf. Der junge Mann schaut sich neugierig um und versucht, Vergleiche mit den drei Burgen der Triqueta anzustellen. Diese Anlage ist um vieles größer und mächtiger gestaltet. Der gesamte Innenbereich ist mit Feldsteinen gepflastert. Die Gebäude wirken gleichzeitig weniger bedrohlich, obwohl sein geübtes Auge erkennt, dass die Festung schwieriger zu erobern sein würde, als die ihm bekannten Burgen Drakonias.
Ingbert beschleunigt den Schritt. Sobald er sich dicht hinter den vorausgehenden Elfen befindet, wendet er sich an sie.
»Ihr sprecht unsere Sprache, wie ich hören konnte. Das freut mich. Wie vorhin schon gesagt, sind wir Flüchtlinge, die bei euch Schutz suchen. Gewährt ihr uns diesen?«
Eine Antwort bekommt er nicht. Sollten die Elfen ihn doch nicht verstehen und lediglich wenige Worte beherrschen? Im ersten Moment ist er stehengeblieben, aber nun schließt er wieder auf und legt seine Hand auf die Schulter eines der vorausgehenden Krieger. Seine Absicht ist, sich dessen Aufmerksamkeit zu sichern, um ihm mit Zeichen darzulegen versuchen, was er möchte.
Im gleichen Augenblick, in dem er die Kleidung berührt, liegt er mit dem Bauch auf den harten Steinen des Innenhofes und spürt ein Messer an seiner Kehle.
»Wie kannst du es wagen?«, zischt der Krieger. »Ich lasse mich nicht von einem derart ängstlichen Wurm berühren!«
»EREMON!« Dieser laut ausgesprochene Name bezieht sich offenbar auf den Elfen, der auf Ingberts Rücken kniet. Das Messer ist so schnell verschwunden, wie es an die Kehle gedrückt worden war. Auch der Druck im Kreuz ist weg. Der junge Mann richtet sich mit wutblitzenden Augen auf und stellt sich herausfordernd vor den Elfenkrieger. Noch bevor er etwas sagen kann, steht eine Elfenkriegerin neben ihnen, Sollte sie soeben noch den Abschluss gebildet haben? Obwohl die neun Freunde aus Elduria murren und sich näher zu ihrem Führer drängen, zeigt sie keinerlei Anzeichen von Angst.
»Was ist hier los?« Ihr herrischer Blick zeugt davon, dass sie in der Rangordnung offensichtlich höher als Eremon steht. Bevor der antworten kann, nutzt Ingbert die sich bietende Gelegenheit.
»Ich bin gestolpert und diesem Krieger in den Rücken gefallen, was er als Angriff gedeutet haben muss.« Er blickt in die dunkelgrünen, fast schwarzen Augen der Kriegerin. Deren nahezu weiße und kaum gelockten Haare reichen wie bei den anderen bis auf ihre Schultern hinab, werden aber zusätzlich über ein geflochtenes, grünes Stirnband gehalten. Ob dieser Unterschied etwas zu bedeuten hat, fragt sich der junge Anführer. Die Augenbrauen der Elfenkriegerin heben sich. Sollte er sie unangemessen anstarren? Ingbert wendet sich sofort ab und dreht sich dem Elfen zu, dessen Messer er vorhin so schnell an seinem Hals gespürt hat. »Ich bitte um Verzeihung!« Er verbeugt sich tief und richtet sich langsam wieder auf. Der junge Mann will vermeiden, als Unruhestifter eingeordnet zu werden. Er ist überzeugt, wenn das geschehen sollte, wird er die Elfen kaum überzeugen können, sich an die Seite der Aufständischen in Elduria zu stellen. Eremon starrt ihn an. Er scheint zu überlegen, was er von dieser Reaktion Ingberts halten soll. Zum zweiten Mal überrascht der durch eine Geste, die zumindest Vorsicht zeigt. Er neigt seinen Kopf, als würde er die