Elduria - Die Entscheidung. Norbert Wibben
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Das Trommeln vieler Hufe auf dem Waldboden dringt ins Innere. Das Mädchen webt schnell einen magischen Schutz aus Protego und Sgiath um sich und ihre Amme. Die Tür birst unterdessen mit einem blendend hellen Blitz und lautem Getöse. Das Eindringen grimmig blickender Männer in die Wohnstube bekommt sie schon nicht mehr mit. Sie befindet sich im gleichen Augenblick an der Stelle innerhalb des Elfenwaldes, wo Dragon und sie, vor dem Nebel fliehend, mit Mühe hineingelangten. Außerhalb des Waldes zucken Blitze wild über den Himmel und dicke Regentropfen scheinen waagerecht auf die Flüchtenden zuzustürmen. Sie fallen jedoch am Waldrand zu Boden und bilden dort kleine Bachläufe. Sollte das Unwetter durch einen weiteren Zauber Creulons verursacht werden?
Atropaia, die ihre Augen kaum offenzuhalten vermag, will sich ermattet auf den Waldboden setzen. Sie versteht nicht, warum Runa das zu verhindern sucht. Die überlegt, ihr noch einmal Lebensenergie zu übertragen, doch das unterlässt sie vorsichtshalber. Sie befürchtet, ihre ganze Kraft zu benötigen, um Danryas Haus zu erreichen. Sie bückt sich und legt sich die Arme Atropaias um den Hals, wobei sie deren Körper auf ihrem Rücken balanciert. Sie beginnt, sich mit Mühe aufzurichten. Sobald beide stehen, beißt Runa die Zähne zusammen und versucht, sich dem nur einen Schritt entfernten Waldrand zu nähern. Das gelingt nur äußerst langsam, da die Amme wie ein schweres Gewicht auf ihren Schultern liegt.
Sobald sie sich genau auf der Grenze nach draußen befinden, hallt ein schriller Schrei durch die Luft. Der dichte Regen trifft sie und wirkt wie ein Wasserfall, nur dass er nicht von oben herabfällt. Die Elfe und das Mädchen sind sofort klatschnass. Atropaia reißt erschrocken die Augen auf und schnappt unwillkürlich nach Luft. Sie weiß nicht, was geschieht und klammert sich zitternd an Runa. Die zuckt fast gleichzeitig zurück, weil bernsteinfarbene Augen sie aus dem feuchten Nass heraus anstarren. Sie stützt die Amme immer noch und zieht sie weiter. Das kalt blickende Augenpaar kommt näher. Es blickt so wütend, wie der Sturm inzwischen tobt. Der starke Wind versucht, sie zurückzudrängen.
»Das kann nicht Dragon sein«, durchfährt das Mädchen ein warnender Gedanke. »Seine Pupillen lassen ein dahinterliegendes Feuer erahnen. Das hier ist …«
»Das ist die Spiegelung eines grauen Wolfes!«, warnt Danrya über Gedankenverbindung. »Creulon setzt sie gerne als Späher ein. Er will euch daran hindern, den Ring um den Elfenwald zu durchbrechen. Gleiches soll der entfesselte Wind bewirken. Der dunkle Magier steht in Verbindung mit dem Tier und nutzt hin und wieder dessen Augen. Sobald er dich sieht, wird er herbeieilen! Du musst aus dem Bereich des Zauberrings herauskommen, erst dann gelingt der Ortswechsel mit Zauberkraft.«
Das ist leichter gesagt, als getan. Der Untergrund außerhalb des Waldes ist von den Wassermassen derart aufgeweicht, dass er rutschig wie Schneematsch ist. Einen Fuß vor und einen halben zurück, ist mehr, als das Mädchen mit jedem Versuch an Abstand zum Waldrand gewinnt. Soll Runa jetzt den magischen Sprung nutzen? Sie atmet heftig und ihr Herz klopft zum Zerspringen.
»Portaro«, versucht sie, doch der Regen klatscht weiter in ihr Gesicht. Von hinten, also aus der Tiefe des Waldes, dringen näherkommende Huftritte. Werden dort die Bewaffneten erscheinen, die soeben die Tür aus ihren Angeln gesprengt haben? Runa rutscht aus, fällt erst auf beide Knie und dann flach auf den Bauch. Das Gewicht ihrer Amme drückt sie unbarmherzig nieder. Werden die Häscher sie jetzt doch bekommen? Das Trommeln der Pferdehufe ist bereits nahe und ein echter Wolf, nein, ein kleines Rudel, steht drohend nur wenige Schritte vor ihr im Dauerregen. Im Fallen lässt sie unbewusst die Arme Atropaias los. Die gleitet vom Rücken des Mädchens und auf die grauen Räuber zu. Die weichen etwas zurück und ducken sich, bevor sie ihre Mäuler öffnen. Das wirkt so, als würden sie lachen. Ihr Hecheln ist trotz des strömenden Regens zu hören. Runa meint sogar, ihren Atem als feinen Nebel vor den Schnauzen zu erkennen. Sie rollt sich entschlossen auf die Raubtiere zu. Der Leitwolf legt die Ohren an, hebt die Lefzen und knurrt drohend. Sie überlegt im Rollen, einen Zauber auf die Tiere zu schleudern. Der vorderste Wolf duckt sich und setzt zum Sprung an. Da stößt die bereits erhobene Hand des Mädchens gegen den Körper der Amme. Es greift nach dem Arm der Elfe und ruft fordernd: »PORTARO!«
Igoreth und Ingbert
Igoreth kerkert die von Owain gefangenen Elfen in Einzelzellen ein. Sie tragen silberne Fesseln um Fuß- und Handgelenke. Das verhindert nicht nur, dass sie mittels Magie fliehen, sondern auch, dass sie sich untereinander verständigen können. Aber jeder Versuch, in ihre Gedanken einzudringen, ist dadurch ebenso unmöglich. Die wahre Absicht dieser als Spione eingesetzten Elfen bleibt deshalb dem Hexenmeister und Owain, und somit auch Drakonia, verborgen. Igoreth könnte zwar deren Fesseln lösen, befürchtet jedoch, dass sie das nutzen werden, um sofort zu fliehen.
Er verspottet sie als unfähige Spione, die sich von einem Nichtmagier fangen ließen. Die Elfen waren in der Nacht durch Owain und seine Männer überrascht und in silberne Netze gewickelt worden, wodurch deren Zauberkräfte aufgehoben wurden. Dass der Heerführer ihrer Magie somit nicht hilflos gegenüberstand, lässt der Hexenmeister absichtlich unerwähnt.
Ganz so einfach verlief die Festnahme dann aber doch nicht. Die überraschten Elfen erwachten sofort und bewegten sich mit der ihnen typischen Schnelligkeit. Sie versuchten sofort, die Netze abzustreifen. Das wollten einige von Owains Männern durch ihren Zugriff verhindern und kam manchen von ihnen teuer zu stehen. Die Nordelfen zogen trotz der Enge der Umhüllung ihre Schwerter und stießen damit mehrfach zu. Die Netze erhielten durch die Schärfe der Klingen große Risse, konnten aber nicht abgeworfen werden. Als es den vereinten Kräften aller schließlich gelang, sie zu fesseln und sicher zu verschnüren, waren drei der Bewaffneten tot. Die wurden schnell verscharrt, dann brachte Owain die Elfen zu Igoreth in die Festung Elfenstein.
Der ruft seine Kollegen, die Hexenmeister der Burganlagen Menschenzwinge und Drachenhorst zu Hilfe. Gemeinsam mit Owain zeigen sie den Gefangenen die versteinerten Elfen in der Umgebung der Burg als Warnung, aber die Nordelfen geben sich unbeeindruckt. Sogar die Folterung und der Tod zweier von ihnen bleiben ohne Wirkung auf den letzten von ihnen. Von der Absicht der Späher und damit der Elfenführerin, erfahren sie nichts. Der überlebende Gefangene schweigt eisern. Enttäuscht zieht Owain von dannen, um weiter nach Elfen zu forschen.
Igoreth ist ebenso unzufrieden. Er hatte gehofft, durch die eingekerkerten Spione sein womöglich verlorenes Ansehen bei Drakonia zurückzugewinnen. Er fürchtet immer noch, dass das Entkommen der zehn jungen Eldurianer zu seiner Entlassung führen kann. Dass sie entflohen sind, während er der Königin über deren Ergreifung berichtete, wird ihn kaum entlasten. Er würde das jedenfalls nicht als Entschuldigung gelten lassen! – Warum hört er nur nichts vom Hauptmann der Wache und dem Kerkermeister, die den Flüchtigen mit mehreren Bewaffneten folgen? Sollten sie sich gegen ihn verschworen haben? Dass das nicht so ist, hofft er zwar, hält aber genau das Gegenteil für wahrscheinlicher. Er geht in seiner Einschätzung unbewusst davon aus, wie er sich an ihrer Stelle verhalten würde.
Ingbert flieht mit seinen Freunden inzwischen zum Gebiet der Nordelfen. Den aus dem Kerker Entkommenen gereicht es zum Vorteil, dass sie in aller Ruhe die besten Pferde auswählen konnten. Die bringen sie schnell voran. Nachteilig ist allerdings, dass ihnen die Gegend unbekannt ist. Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass sie einem Weg folgen, der nur scheinbar direkt gen Norden führt. In unwegsamem Gelände biegt der dann unerwartet nach links, Richtung Westen ab. Das bemerken die Flüchtlinge zwar, sind aber zuerst voller Hoffnung, dass das lediglich dem Umstand geschuldet ist, dass sie einem alten Flusslauf folgen. Schon bald erkennen sie jedoch ihren Irrtum. Die Gegend ist felsig und schroff ansteigende Berge versperren jede Möglichkeit, das Flusstal zu verlassen, das sich immer weiter in die Höhe schlängelt. Einer der Berggipfel vor ihnen leuchtet weiß im Sonnenschein. Sollte dort Schnee liegen? So friedlich dieser Anblick auch anmutet, Ingbert fordert seine Freunde schließlich auf, anzuhalten.
»Wenn