Totensee. Betty Hugo

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Totensee - Betty Hugo

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entsprechend, gestaltet. Bei der Begehung entpuppte sich eine der älteren Damen als regelrechte Kräuterhexe und fragte Bruder Ansgar Löcher in den Bauch.

      Bei einer ausgesprochen seltenen Pflanze, die in einem Beet blühte, musste er allerdings bei der lateinischen Bezeichnung passen, die das Kräuterweib unbedingt wissen wollte. Lisa wandte erstaunt den Kopf und starrte Jonas an, als er blitzschnell in die Bresche sprang und die lateinische Bezeichnung dieses Krautes parat hatte. Sofort hingen alle Rentnerinnen regelrecht an den Lippen dieses gebildeten jungen Mannes. Sie löcherten ihn nun mit ihren botanischen Fragen.

      Lisa bemerkte, wie Bruder Ansgar beleidigt war, dass er nicht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit stand. Sie nutzte diesen Augenblick, um ihm eine scheinbar harmlose Frage zu stellen, die ihr die ganze Zeit schon auf der Seele brannte, nämlich ob es hier alte Legenden oder Schauergeschichten gab, die sich um die Geschichte des schwarzen Sees rankten.

      Der Mönch erstarrte kurz, sein misstrauischer Gesichtsausdruck verstärkte sich, dann riss er sich zusammen, lachte die Frage weg und verkündete salbungsvoll, im Brustton der Überzeugung:

      „Über diesen gottgeweihten Flecken gibt es keine Schauergeschichten zu erzählen. Zu allen Zeiten haben hier gottesfürchtige Mönche ein hartes, arbeitsames und friedliches Leben geführt.“

      Aber Lisa bemerkte sofort, wie sich ein feindseliger Ausdruck in seine Augen schlich. Sie ließ nicht locker:

      „Ich habe mal gehört, dass es hier irgendwo eine Gedenkstätte geben soll, die den Opfern des Totensees gewidmet ist. Stimmt das?“

      Bruder Ansgar konnte jetzt nur noch mit Mühe und Not seinen aufkeimenden Ärger unterdrücken. Er wiegte den Kopf bedächtig hin und her.

      „Der Abt unseres Klosters sieht es nicht gern, wenn solche alten Geschichten ausgegraben werden. Das ist unserem modernen, auf Erholung ausgerichteten Image nicht zuträglich. Wir wollen keinen Gruseltourismus, sondern Gäste die die vollkommene Ruhe und Abgeschiedenheit suchen,“ flüsterte er Lisa zu, in der Hoffnung, die anderen würden es nicht mitbekommen.

      Lisa insistierte nachdrücklich:

      „Aber es gibt diese ungewöhnliche Gedenkstätte?“

      Bruder Ansgar wand sich sichtlich und schaute nervös zu den anderen Gästen, die immer noch den jungen Mann umringten. Er rang sich zur Wahrheit durch:

      „In der Tat, es gibt diesen Ort, der den Opfern des,“ er senkte seine Stimme zu einem heiseren Flüstern,“ Totensees gewidmet ist. Aber das gehört nicht zum allgemeinen Besichtigungsprogramm. Aber…,“ er zögerte, „meines Wissens sind dort Gott sei Dank in den vergangenen Jahren keine Gedenkveranstaltungen mehr durchgeführt worden. Es gab wohl schon länger keine Opfer …“, seine Stimme verlor sich in unangenehmen Erinnerungen.

      “Zeigen sie mir den Weg dorthin!“

      Lisa erschrak vor ihrer eigenen Stimme. Das war ihr fast im Befehlston herausgerutscht.

      Bruder Ansgar wand sich erneut, aber dann flüsterte er ihr ins Ohr, welchen Weg sie nehmen musste.

      Lisa nickte ihm zu und machte sich sofort auf die Suche.

      Überschrift 1

      10. Kapitel

      Lisa gelangte nach nur wenigen Minuten eiligen Fußmarsches an ihr Ziel.

      Allerdings konnte sie nicht fassen, welcher Anblick sich ihr bot. Darauf wäre sie nicht im Traum gekommen. Hatten sie alle angelogen?

      Aber ihre Großmutter war nicht mehr ganz bei Kräften gewesen, vielleicht waren ihre Erinnerungen unvollständig oder sie hatte aus Trauer entscheidende Fakten verdrängt.

      Und auf die Aussagen des Mönchs konnte sie sich gar nicht verlassen, dass hatte sie schon bemerkt. Die Klosterleitung wollte aus geschäftlichen Gründen die Vergangenheit verschweigen.

      Was sie hier überblickte war jedenfalls kein Denkmal!

      Lisa überwand ihren ersten Schock und betrachtete genauer die Umgebung.

      An der äußersten Ecke der hohen, teils verwitterten Außenmauer fand Lisa das vernachlässigte Gräberfeld. Es wurde von einer verfallenen, mit Moos überwucherten, brusthohen Ziegelsteinmauer umfriedet, die von einem schiefen, verrosteten Metalltor durchbrochen wurde. Vor lauter Aufregung beschleunigte sich ihr Atem.

      Jetzt würde sich zeigen, ob ihre Großmutter auf dem Totenbett noch ganz bei Sinnen gewesen war.

      Das Tor quietschte leise, als sie es zögernd aufdrückte und der Kies knirschte unter ihren Fußsohlen, als sie den Hauptpfad entlang schritt. Gleichzeitig beschleunigte sich abermals ihr Herzschlag und hämmerte wie ein Schmiedehammer in ihrer Brust. Erneut hielt sie inne, schaute sich sichernd nach allen Richtungen um und überblickte dann die einsam und verlassen in der Nachmittagssonne liegenden Grabstätten, die einen trostlosen Eindruck machten. Sie waren von Moosen und Flechten überwuchert. Einige Grabsteine waren im Laufe der Zeit umgefallen, andere halb im Erdreich versunken. Die Schatten in den Mauerecken wurden bereits länger. Aus dem Augenwinkel meinte sie zu sehen, wie eine Gestalt hinter der Mauer abtauchte, aber vielleicht hatten ihre überreizten Nerven sie bloß getäuscht.

      Hierher, in diese gottverlassene Einöde, verirrten sich keine Hotelgäste.

      Die bloße Existenz dieser Gräber war für Lisa immerhin der erste reale Beweis, dass die seltsame Geschichte ihrer Großmutter nicht der Fantasie der alten Frau entsprungen war. Es handelte sich allerdings nicht um eine bloße Gedenkstätte.

      Tatsächlich handelte es sich hier um einen Friedhof. Das fand sie äußerst merkwürdig! Wo sich ein Friedhof befand, waren mit Sicherheit auch Leichen begraben worden. Wie vertrug sich das mit der Erzählung, der angeblich verschwundenen Opfer des Totensees? Mit noch immer klopfendem Herzen und abwesendem Blick stromerte sie einmal quer durch die Gräberreihen und erhaschte hier und da eine verwitterte Grabinschrift. Nach und nach beruhigte sie sich und ihr gesunder Menschenverstand gewann wieder die Oberhand. Sie beschloss, die Suche nach der Grabstätte ihrer verstorbenen Großtante systematischer anzugehen.

      Lisa versuchte mit ihren Augen die Größe des Friedhofs abzuschätzen. Dabei bemerkte sie, dass die Sonne schon tief im Westen stand und die Bäume lange, dunkle Schatten warfen. Der Wind hatte ein wenig aufgefrischt und brachte sie zum Frösteln.

      Zum allerersten Mal beschlich Lisa an diesem Nachmittag das dumpfe Gefühl, dass der Totensee dunkle Geheimnisse verbarg, die besser nicht ans Tageslicht kommen sollten. Hier war sie weit, weit weg vom modernen Wellness Betrieb der Hotelanlage. Und auch sehr einsam. Sie schaute sich um, keine Menschenseele war zu entdecken.

      Lisa machte sich daran, alle Gräberreihen systematisch abzuschreiten und die Gräber zu zählen. Außerdem wollte sie dabei Ausschau nach dem Grab halten, welches sie suchte. Aber sie machte sich keine übertriebene Hoffnung, die Stelle schon heute ausfindig zu machen. Langsam brach die Abenddämmerung herein und sie hielt sich in einer besonders schattigen Ecke auf. Außerdem waren viele Gräber mit Moos und anderen Flechten derart überwuchert, dass man kaum die Inschriften entziffern konnte. Womöglich musste sie einige Grabinschriften freilegen, um die Namen zu lesen.

      Mit gesenktem Kopf und verschränkten Armen, um das Frösteln zu unterdrücken, wanderte Lisa an den Gräbern entlang. Sie

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