Die Schlacht von Terria. Sabine Gräfin von Rothenfels

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Die Schlacht von Terria - Sabine Gräfin von Rothenfels

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Ihre älteste Tochter Marga stand bei ihren Freundinnen und winkte des jungen Burschen zu, die versuchten einen möglichst wagemutigen Eindruck auf die jungen Frauen zu machen. Lilly dagegen war ganz verschwunden. Missa vermutete sie bei den anderen Kindern, die noch ein Stück mit den Kämpfern mitliefen.

      Die alten Männer, die zurückblieben, stimmten ein Lied an, das vom Heerzug aufgenommen wurde. Es war ein uraltes Schlachtlied aus Atowars Zeiten. Den Refrain: ”Hurray, hurray, Almach ein Hurray...” konnte man noch hören, als die kleine Armee längst aus dem Blickfeld der Almachen verschwunden war.

      ”Die Götter mögen euch beistehen”, murmelte König Marken, bevor er auf eine junge Dienerin gestützt, zurück in den Palast humpelte.

      Der König war sehr nachdenklich. Hatte er das Richtige getan? Es war ihre menschliche Pflicht, den Wendorrianern beizustehen und keiner der Hauptleute oder Edlen hatte etwas Gegenteiliges geraten. Trotzdem war der alte Mann sehr besorgt.

      Die tapfere Armee Almachs bestand doch zum großen Teil aus Bauern, Jägern und Handwerkern. Ihren Platz in der Armee nahmen die Männer nur ein, wenn eine Waffenübung abgehalten wurde oder Lumpengesindel aus Almach vertrieben werden musste.

      Die Offiziere waren fähige Männer. Autoritätspersonen, die von allen geschätzt und geachtet wurden. Aber auch die Hauptmänner hatten noch nie einen echten Kampf - Mann gegen Mann - bestreiten müssen. Marken seufzte tief. Man konnte nur auf die Götter vertrauen.

      Er schickte die Dienerin fort und versenkte sich ins Gebet. Er betete darum, dass die Gottheiten seine Männer beschützten. Nicht zuließen, dass der Tod seiner Untertanen auf seinem Gewissen lastete.

       ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

      Olan der Weise saß auf dem Bock eines Wagens. Er war zu alt um noch mitzumarschieren und zu störrisch um das Reiten zu versuchen.

      Er sang nicht. Gedankenverloren starrte er in die Wolken als wolle er die Zukunft daraus lesen.

      Was sie vorhatten, war Wahnsinn, ohne Zweifel. Doch waren sie nicht verpflichtet dem schönen Volk zu helfen? Und was drohte, wenn sie nichts taten? Wenn sie aber in dieser Schlacht siegreich wären, blieben Almach und alle anderen Länder dies und jenseits der Berge verschont. Wenn nicht, Olan mochte den Gedanken nicht zu Ende denken.

      In seinem langen Leben hatte er manch bittere Zeit erlebt. Seine erste Erinnerung an Hunger und Verzweiflung lag im Winter seines vierten Lebensjahres. Ein Winter, in dem es im Dorf nur Elend und Not gab. Da Hagelstürme die Ernte vernichtet hatten und ein schweres Fieber die Menschen hinwegraffte. Er freilich wusste damals nichts davon. Er erinnerte sich an die beißende Kälte, an das seltsame Gefühl im leeren Bauch. An die Nacht, da er hatte mit ansehen müssen, wie sein Vater zum letzten Mal röchelte, ehe der vor Fieber glühende Körper für immer still lag. Das Weinen der Mutter als sie ihm sagte, es wäre kein Brot mehr da. Dann das gütige Gesicht der Großmutter, die ihm eine Schale Baumrindensuppe mit duftenden Kräutern einflößte, woraufhin er in einen tröstenden Schlaf gefallen war.

      Manches Mal in seinem Leben hatte er Tod und Elend gesehen, oft hatte er helfen können. Dank der guten Ausbildung, die er durch Mutter und Großmutter genossen hatte. Doch nie hatte Olan ein Schlachtfeld gesehen und er hatte immer gehofft, nie eines sehen zu müssen.

      Reichte es nicht, was die Natur und die Götter ihnen auferlegten? Mussten die Menschen noch zusätzliches Leid schaffen?

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      In der zweiten Nacht lagerten sie auf halber Höhe des Gebirgszugs. Es war eine Nacht voller Wind und klatschendem Regen. Das ganze Gebirgsmassiv schien in Aufruhr. Das unheimliche Heulen des Sturmes kündigte bereits den nahenden Winter, obwohl es doch erst Zeit war, die Ernte einzubringen. Doch hier in den Bergen mahnte der eisige Nordwind, Mensch und Tier, sich auf die kalte Jahreszeit vorzubereiten.

      Die Pferde waren erschöpft vom steilen Anstieg. Das Gewicht der Wagen war bergauf doppelt so schwer. Sonji überwachte persönlich die Sicherung der Fuhrwerke. Keiner der Karren sollte in die Tiefe stürzen und wertvolles Material mitreißen.

      Als er seine Inspektion fast beendet hatte, hörte er ein leises Niesen aus einem der Wagen. ”Gesundheit”, murmelte er abwesend in seinen struppigen Bart. Dann jedoch stutzte er. Drehte sich auf dem Absatz um und schlug die Plane zurück. ”Potz Blitz!”, entfuhr es ihm. ”Was zum Teufel machst du denn da drin?” Er griff in das Fuhrwerk und zog eine wild strampelnde Lilly heraus. ”Was du hier machst, hab ich dich gefragt!” zischte er wütend. Das hatte ihnen gerade noch gefehlt, ein kleines Gör auf einem Feldzug!

      Lilly heulte auf. ”Lass mich runter, Onkel Sonji! Du tust mir weh!”.

      Er stellte sie auf die Füße. ”Na warte, wenn dein Vater das erfährt!” Wütend zerrte er sie in die Mitte des Lagers. ”Was ist das denn?” Der erste, der ihnen begegnete, war Prinz Hendrik. ”Ich würde es für ein ungezogenes, kleines Kind halten”, schnaufte Sonji.

      ”Das ist ja ungeheuerlich! Wo kommt die Kleine denn her?”.

      ”Wo kommt wer her?” Elmar krabbelte aus seinem Zelt und wurde augenblicklich leichenblass. ”Lilly?”, er setzte sich, wo er gerade gestanden hatte auf die blanke Erde. ”Lilly? Wie? Warum?”. Elmar suchte nach Worten.

      Der Rest der Armee versammelte sich und alle starrten überrascht auf das kleine Mädchen, das plötzlich mitten unter ihnen aufgetaucht war. Der erste der die Fassung wieder fand, war der Weise. Er beugte sich zu Lilly herab. Putzte ihr die laufende Nase und lächelte sie freundlich an. ”Na meine Kleine, du hast dich wohl im Wagen versteckt und wolltest mit auf die große Fahrt, hm?” Das Mädchen schniefte laut und nickte. ”Ich hab so schlecht geträumt. Der Mann hat gesagt, ich soll mit Papa gehen, sonst passiert was ganz schreckliches.”

      Olan stutzte: ”Welcher Mann?”.

      ”Der in meinem Traum, ein großer Mann, ganz schwarz angezogen.”

      ”Der schwarze Mann”, lachte Sonji. ”Du meine Güte!”

      Doch der Weise fand es gar nicht zum Lachen: ”Was hast du noch geträumt?”

      Das Mädchen erzählt ihre Erinnerung. ”Ich habe einen Hügel gesehen, und es waren ganz viele Männer dort und sie kämpften, glaube ich. Und dann war da ein ganz helles Licht. So hell, dass ich die Augen zukneifen musste. Und der Mann hat immerzu gesagt, kämpfe Lilly! Kämpfe und beschütze deinen Vater! Und deswegen”, sie schniefte wieder: ”habe ich mich im Wagen versteckt, damit ich bei Papa sein kann.”

      Es war totenstill. Alle Augen waren auf Elmar gerichtet, der seine Tochter schweigend umarmte.

      ”Was soll denn jetzt geschehen?” fragte Sonji schließlich im Namen aller. ”Jemand muss sie zurück nach Adria bringen.”

      ”Nein”, Lilly schrie auf: ”Lasst mich mitgehen!”

      Ihr Vater tadelte sie. ”Deine Mutter wird sich zu Tode ängstigen, hast du daran gedacht?” Die Kleine schüttelte den Kopf. ”Mein Freund Orisch weiß wo ich bin. Ich habe ihn gebeten, Mama Bescheid zu sagen, sobald ich lang genug weg bin.” Sie sah ihn triumphierend an, sehr stolz auf ihren schlauen Plan.

      Die Männer jedoch waren erschüttert. Viele kannten die jüngste Tochter ihres Hauptmannes und wussten wie lieb, aber auch abenteuerlustig, die Kleine war. Keiner wollte das Kind in Gefahr

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