Methoden der projektorientierten Risikoanalyse. Torsten Stau
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Bevor ein Überblick über das Problem des Risikomanagements von Projekten gegeben werden kann, sollten die am häufigsten verwendeten Begriffe definiert werden. Das ist besonders deshalb notwendig, weil die Terminologie in der Fachliteratur in diesem Bereich nicht immer eindeutig ist. Begriffe wie Risiko, Ungewissheit und die damit verbundenen Aspekte bei der Durchführung eines Projekts werden in unterschiedlichen Zusammenhängen erwähnt und mit voneinander abweichenden Bedeutungen belegt.
Die Bereiche Risikomanagement und Risikoanalyse werden anschließend ausführlich behandelt. In einem weiteren Kapitel wird versucht, ein Raster zu entwerfen, nach dem vorhandene Modelle und Verfahren zur Risikoanalyse klassifiziert und bewertet werden können.
2. Definitionen
Da wie bereits erwähnt die Terminologie in der Fachliteratur nicht immer eindeutig ist, werden zunächst die im Folgenden ständig verwendeten Begriffe definiert, bevor auf Risikomanagement und Risikoanalyse näher eingegangen wird, wobei ich mich weitgehend an die von Charette [4] verwendete Terminologie halte. Da die Fachliteratur überwiegend in den USA erschienen ist, halte ich es für ratsam, jeweils auch die englischen Fachbegriffe zu nennen.
2.1. Ungewißheit / Unsicherheit
Ganz allgemein lässt sich Ungewissheit oder Unsicherheit (uncertainty) folgendermaßen definieren:
Die Ungewissheit kann sich dabei auf vergangene, gegenwärtige oder zukünftige Ereignisse und Bedingungen erstrecken. Besondere Bedeutung kommt dabei den Aussagen über zukünftige Ereignisse oder Zustände zu, d.h. den Prognosen. Nach Brockhoff [5] ist eine Prognose (forecast) eine "Aussage über ein oder mehrere zukünftige Ereignisse, die auf Beobachtungen und einer – wenn auch rudimentären – Theorie beruht. Eine unsichere Prognose ist eine Vorhersage, bei der das Eintreffen eines zukünftigen Ereignisses nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit angegeben werden kann."
Unter Sicherheit (safety) versteht man ein Risiko, das so gering ist, dass es akzeptiert werden kann. Eine Entscheidung hierüber zu fällen, ist Aufgabe des Risikomanagements.
Je höher der Informationsstand, desto präziser wird im Allgemeinen eine Prognose zutreffen. Ein vollkommener Informationstand bedeutet dabei allerdings nicht, dass der Faktor Ungewissheit völlig eliminiert wird. Da in der (ökonomischen) Umwelt subjektiv nondeterministische Zusammenhänge gelten, ist auch bei Kenntnis aller relevanten Informationen, die für eine Aussage über die Zukunft notwendig sind, eine vollkommene Voraussicht niemals gegeben (vgl. Brockhoff [5]).
2.2. Risiko
Der Begriff des Risikos (risk) wird in der Fachliteratur (vgl. z.B. Charette [4], Fürnrohr [1], Rowe [6] oder Whatley [7]) einheitlich wie folgt definiert:
Nach Fürnrohr [1] stellt sich die Frage, "welche Aktion das geringste Risiko einer Divergenz zwischen Plandaten und faktischen Daten beinhaltet, oder anders formuliert: Welche Entscheidungen sind zu treffen, um das Risiko eines Verfehlens der angestrebten Projektziele so gering wie möglich zu halten."
Es versteht sich eigentlich von selbst, dass ein Risiko immer aus einer Unsicherheit entsteht. Diese Unsicherheit und die damit verbundenen Risiken sind im Rahmen der Risikoanalyse zu identifizieren.
Ein identifiziertes Risiko tritt (wenn überhaupt) mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auf. Die Eintrittswahrscheinlichkeiten der identifizierten Risiken sind im Rahmen der Risikoanalyse zu berechnen.
Ein auftretendes Risiko ist mit negativen Folgen oder Konsequenzen verbunden. Die negativen Folgen der aufgetretenen Risiken und die Höhe des damit verbundenen Schadens für das Projekt sind im Rahmen der Risikoanalyse zu berechnen.
Bezeichnet man die möglichen auftretenden negativen Folgen mit si (für scenario), die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens mit li (für likelihood) und den zu erwartenden Schaden mit di (für damage), so lässt sich das Risiko durch folgendes Tripel beschreiben:
Risiko = { < s i , l i , d i > }
Die identifizierten und bewerteten Risiken eines Projekts lassen sich in dieser Form als Tabelle auflisten und für die weitere Bearbeitung im Rahmen des Risikomanagements benutzen, denn jedes Risiko muss zu einer Entscheidung in irgendeiner Form führen.
In diesem Zusammenhang sind einige Anmerkungen wichtig: Die Eintrittswahrscheinlichkeit und die erwartete Höhe eines Verlusts müssen nicht notwendigerweise voneinander unabhängig sein. Außerdem muss man zwischen einzelnen und verschiedenartigen Ereignissen und negativen Folgen unterscheiden, denn das Risiko ist sicherlich höher, wenn in verschiedenen Bereichen (z.B. politisch, wirtschaftlich und sozial) eine negative Folge droht als nur in einem Bereich.
3. Risikomanagement
Im Streben nach besseren Projektergebnissen bedarf es neben den "klassischen Methoden" des Projektmanagements nach [8] eines "projektorientierten Risikomanagements (risk management), um Aktivitäten so zu bestimmen, dass die Wahrscheinlichkeit einer Störung oder eines Verlusts minimiert wird." Projektorientiertes Risikomanagement lässt sich folgendermaßen definieren:
Bei Risikomanagement handelt es sich also nicht um ein Verfahren zur Risikominimierung, sondern um einen Oberbegriff, der alle Verfahren und Aktivitäten umfasst, die zur Risikominimierung erforderlich sind. Ein wesentlicher Bestandteil des Risikomanagements ist deshalb die projektorientierte Risikoanalyse.
Nach Dobelke (in [9]) bedeutet Risikomanagement "der bewusste Umgang mit Risikopotentialen in der horizontalen Ebene, d.h. über sämtliche Projektphasen, sowie in der vertikalen Ebene, d.h. in allen Hierarchie- und Entscheidungsebenen."
Das Risikomanagement besteht aus folgenden drei Aufgabengebieten:
Diese drei Aufgabenbereiche des Risikomanagements sind nicht voneinander unabhängig und überschneiden sich. Sie werden auch nicht im Wesentlichen nacheinander erledigt, sondern ziehen sich im Normalfall über den gesamten Projektverlauf hin. Ebenso lässt sich die Risikoanalyse nicht in eine der drei "Schubladen" ablegen, denn sie kommt in allen drei Aufgabenbereichen zum Einsatz. Ein Projekt ist ein dynamischer Vorgang, der ständig abläuft, quasi ein Regelkreis, denn jede "Lageänderung" bedingt eine neue Analyse, und jede Analyse führt zu einer Entscheidung und damit wieder zu einer Lageänderung usw.
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