Methoden der projektorientierten Risikoanalyse. Torsten Stau
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4.1.2. Gewinnung von Informationen über die relevanten Risiken
Nun wird versucht, Informationen über diejenigen Risiken zu erhalten, die von Bedeutung für das Projekt sind. Mögliche Informationsquellen können beispielsweise sein (vgl. Charette [4]):
überlieferte Kenntnisse, Weisheiten
Analogien zu bekannten Fällen
einheitliche gemeinsame Einschätzungen
Ergebnisse von Experimenten und Tests
Überprüfung unerwarteter Erscheinungen
4.1.3. Kategorien der Risiken
Anhand der Ergebnisse aus den ersten Schritten wird nun versucht, die Risiken nach verschiedenen Kriterien zu kategorisieren, z.B. nach Art des Risikos:
Risiken, die von der Technik abhängen
Risiken, die vom Zeitplan abhängen
Risiken, die von Kosten abhängig sind
Risiken, die vom Einsatz bzw. einer Taktik abhängig sind
Risiken, die von Unterstützung abhängig sind
Eher zweifelhaft ist dagegen die häufig vorkommende Einteilung in bekannte, vorhersehbare, unidentifizierbare, unbekannte oder unbeobachtbare Risiken, da diese Bezeichnungen nicht eindeutig sind.
Hier kommen die in der Praxis häufig angewandten Risikochecklisten zum Einsatz, die auf empirischer Basis entstehen, d.h. auf der Grundlage einer systematischen Analyse vergleichbarer, abgeschlossener Vorhaben (nach Franke in [2]). Risikochecklisten ermöglichen eine Strukturierung des Problems und erleichtern das Auffinden von Risiken, die mit detaillierteren Aspekten des Projekts verbunden sind. Wenngleich methodisch bislang unbefriedigend, findet die Entwicklung und Anwendung von Risikochecklisten in der Praxis zunehmende Verbreitung. Die folgende Abbildung zeigt an einem vereinfachten Beispiel die Struktur einer Risikocheckliste nach Fürnrohr [1] und Franke (in [2]):
Ein weiteres geeignetes Hilfsmittel sind die sogenannten Stakeholderlisten. Als Stakeholder bezeichnet man Personen, Firmen, Gruppierungen und öffentliche Institutionen, die in irgendeiner Weise direkt oder indirekt einen Einfluss auf die Durchführung des geplanten Projekts haben könnten. Wideman [12] unterscheidet folgende Gruppen von Stakeholdern:
solche, die in direkter Beziehung zum Projekt stehen, wie Lieferanten, Auftraggeber bzw. Konsument und Projektmanager
solche, die einen Einfluss haben auf die physikalischen, infrastrukturellen, technologischen, kommerziellen/finanziellen/sozioökonomischen oder politisch/rechtlichen Bedingungen
solche, die in einer hierarchisch übergeordneten Beziehung zum Projekt stehen, wie staatliche Organe auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene
solche Personen, Gruppen oder Vereinigungen, die ein berechtigtes Interesse haben, wobei mitunter der Bezug zum Projekt fehlt, es aber als Gelegenheit erachten, um eigene Ziele zu verfolgen
Stakeholder lassen sich beispielsweise in folgende Kategorien unterteilen:
solche, die kontrollierbar sind
solche, die beeinflussbar sind
solche, für die man Verständnis aufbringen muss
Unter Umständen stößt man dabei auch auf Stakeholder, die das Projekt zum Scheitern bringen können, ohne dass man etwas dagegen unternehmen kann. Diese Gruppe kann nur identifiziert werden, aber es kann im Rahmen des Risikomanagements keine geeignete Maßnahme getroffen werden, um diese Risiken auszuschalten.
Um ein Beispiel zu bringen, welche Gruppen im Extremfall als Stakeholder zu berücksichtigen sind, kann es beispielsweise bei einem geplanten Staudamm dazu kommen, dass eine gefährdete Tier- oder Pflanzenart, die durch den Bau des Staudamms bedroht würde, zum Stakeholder wird und unter Umständen das Projekt scheitern lassen kann, auch wenn diese Gruppe ihre Rechte nicht selbst vertreten kann.
Nach Fürnrohr [1] verschafft "das systematische Erfassen von Stakeholdern und deren Beziehungen zum geplanten Projekt dem Management zusätzliche Transparenz über potentielle Risiken. Dieses gilt im Besonderen für Vorhaben mit Auswirkungen auf den sensiblen Bereich Umweltschutz."
Stakeholderlisten sind ein wesentlicher Bestandteil der Methode SIAM, die im dritten Teil der vorliegenden Arbeit vorgestellt wird. Siehe hierzu auch Neumann [13] oder Abonyi [14].
Häufig werden Risiken auch nach ihren Ursachen klassifiziert, z.B.:
Informationsmangel
Mangel an Kontrolle
Zeitmangel
Die Identifizierung und Klassifikation von Risiken ist die Voraussetzung für die Behandlung verschiedener Risikokategorien im Rahmen des Risikomanagements. Nach Franke (in [2]) können so unter anderem folgende Maßnahmen getroffen werden:
Bestimmte Risiken können durch geeignete Projektverträge ausgeschlossen werden. Um die Projektabwicklung beeinflussende Risiken auszuschließen, bietet sich als einziges Instrument eine vertragliche Lösung an.
Erfahrungsgemäß lassen sich bestimmte Projektrisiken im Vertrag ausschließen bzw. auf Dritte abwälzen.
Einige Risiken können vernachlässigt werden, weil sich ihr Auftreten als zu unwahrscheinlich oder die Folgen als akzeptabel herausgestellt haben.
Gegen einige der verbleibenden, nicht ausschließbaren Risiken kann man sich eventuell versichern, wobei der kostenmäßige Umfang dieser Risiken gegen die Kosten der Versicherungsprämie im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse abzuwägen ist.
Außerdem kann das Risiko in der Regel durch Revision der ursprünglichen Planung reduziert werden.
Es werden kalkulatorische Risikovorsorgen gebildet. Unter diesem Punkt werden jene Risiken subsummiert, die weder auszuschließen noch versicherbar sind. Es sind die Risiken, die bewusst eingegangen und somit verkraftet werden müssen.
Nachdem alle Risiken identifiziert und in Kategorien zusammengefasst worden sind, werden nun in der Phase der Risikobewertung die Wahrscheinlichkeiten ermittelt, mit denen gewisse Risiken auftreten können, sowie der mit ihnen verbundene zu erwartende Schaden.
4.2. Risikobewertung
Nachdem alle mit einem Projekt verbundenen Risiken identifiziert und kategorisiert und ihre Beziehungen und Abhängigkeiten untereinander analysiert sind, soweit das in dieser Phase