Methoden der projektorientierten Risikoanalyse. Torsten Stau
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Risikomanagement basiert auf dem, was durchgeführt werden kann, nicht auf dem, was man hofft durchführen zu können. Realismus ist eine Voraussetzung für ein erfolgreiches Risikomanagement. Der Weg zum Versagen eines Projekts ist voll von guten Absichten.
Wenn das Risikomanagement durch das Projektmanagement weder aktiv unterstützt noch die Notwendigkeit dafür eingesehen wird, hat es wenig Sinn, so zu tun, als ob man es durchführen würde. Das Risikomanagement verlangt Manager, die beharrlich und vorurteilsfrei Problemen direkt ins Auge sehen, anstatt ihnen auszuweichen oder vor ihnen wegzulaufen. Niemand mag Probleme, aber sie existieren und man muss professionell mit ihnen umgehen.
3.5. Vergleich von Risikomanagement und "normalem" Management
Oft stellt sich die Frage nach dem Unterschied zwischen dem, was bei "normalem" Projektmanagement, und dem, was bei Risikoanalyse und Risikomanagement passiert. In den meisten Fällen gibt es theoretisch keinen Unterschied. Risikoanalyse und Risikomanagement sind lediglich Mittel zum Zweck und müssen als solche mit anderen Instrumenten konkurrieren, die ebenfalls dazu dienen, die Projektziele zu erreichen. Charette [4] sieht jedoch zwei Bereiche, in denen sich Risikoanalyse und Risikomanagement vom "normalen" Management unterscheiden.
Der erste Unterschied liegt in ihrer Philosophie. Management wird gesteuert durch Möglichkeiten und Gelegenheiten, während Risiken die Handlungsfreiheit einschränken. Als Beispiel führt Charette [4] hier die Softwareentwicklungsstrategie der Japaner an, die lieber bestehende Systeme verfeinern und verbessern als das ganze System zu verändern oder etwas Neues herzustellen. Sie legen mehr Wert auf Zuverlässigkeit als auf Funktionalität. Gegenübergestellt wird das Verhalten der USA, wo mehr Wert auf Funktionalität gelegt wird, auch auf Kosten der Zuverlässigkeit und mit Inkaufnahme höherer Kosten. Man orientiert sich an den Anforderungen der Verbraucher und baut Komponenten neu, wenn diese benötigt werden. Das Risikomanagement wird also gesteuert durch die Risiken und durch die Möglichkeiten eingeschränkt.
Ein weiterer Unterschied liegt in der individuellen Praxis beider Ansätze. Das typische Management kann man als erfolgsorientiert bezeichnen. Es herrschen Einstellungen vor wie "es wird schon gutgehen", "mir kann nichts passieren" oder "bloß aufpassen, dass nichts durch meine Schuld schiefgeht". Niemand möchte zugeben, dass etwas schiefgehen könnte, oder gar dafür geradestehen müssen. Umso größer ist dann die Krise, wenn tatsächlich etwas schiefgeht. "Normales" Management könnte man daher als optimistisch oder gar als blauäugig bezeichnen.
Risikomanagement ist dagegen wesentlich realistischer orientiert. Der Erfolg beruht auf dem Vorhersehen von und dem Umgang mit Fehlern. Es wird vorgebeugt; Charette [4] spricht sogar von defensivem Management. Es werden Fragen gestellt wie
was kann schiefgehen?
wie verhindere ich, dass etwas schiefgeht?
wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass etwas schiefgeht?
welche Folgen hat es, wenn etwas schiefgeht?
wann und wie weiß ich, dass etwas schiefgegangen ist?
was tue ich, wenn etwas schiefgegangen ist?
Diese ein wenig pessimistische Einstellung mag paranoid erscheinen, aber man bedenke folgenden Merksatz:
Charette [4] macht die Unterschiede an einem weiteren anschaulichen Beispiel deutlich: Wenn man eine Yacht von einem Hafen zum anderen segeln möchte, so gibt es dazu mehrere Möglichkeiten: Einerseits kann man weit ins Meer hinaus segeln, wobei man zwar viel Zeit braucht, aber die Riffe, Felsen und Sandbänke an der Küste umgeht. Andererseits kann man aber auch nahe an der Küste segeln und dabei ständig Karten zu Rate ziehen, auf denen die Riffe, Felsen und Sandbänke eingezeichnet sind. Ebenso wie man nicht sagen kann, welcher Kurs in jeder Situation der Beste ist, gibt es auch immer mehrere Wege, um zu einer Entscheidung zu kommen, wobei jedoch entscheidend ist:
Nur weil ein Risiko identifiziert worden ist, muss es noch lange nicht zum Tragen kommen. Die Risikoanalyse versucht, Erkenntnisse zu gewinnen, die dem Risikomanagement helfen, den Schaden gering zu halten, wenn ein Risiko eintritt. Dazu ist man bemüht, Größe, Eintrittswahrscheinlichkeit und Folgen der identifizierten Risiken zu reduzieren.
4. Risikoanalyse
Die Risikoanalyse ist die wichtigste Grundlage für das Risikomanagement. Ihr Ziel muss es sein, die Ungewißheiten, die ihm Rahmen der Projektplanung auftreten können, zu erkennen, zu quantifizieren und schließlich ihren Einfluß auf das Erreichen der Projektziele darzustellen. Auf der Basis der in der Risikoanalyse gewonnenen und verdichteten Informationen müssen die Entscheidungen über die zur Risikominimierung nötigen Vorgehensweisen getroffen werden. Die Qualität der Risikoanalyse ist Voraussetzung für eine optimale Risikobewältigung.
In Anlehnung an Whatley [7] kann man die projektorientierte Risikoanalyse folgendermaßen definieren:
Der Begriff Risikoanalyse wird in der Literatur sehr unterschiedlich verwendet. Grundsätzlich lässt sich Risikoanalyse charakterisieren als eine Maßnahme der Informationsbeschaffung und -verarbeitung zur Vorbereitung von Managemententscheidungen. Nach Fürnrohr [1] ist es das Ziel, "die Ungewissheiten in der Planung von Vorhaben aufzudecken, mit Wahrscheinlichkeiten zu bewerten und deren Konsequenzen (Risiken) in Bezug auf die angestrebten Projektziele darzustellen. Risikoanalysen sind keine Entscheidungsmodelle, die klare Handlungsweisen vermitteln. Vielmehr handelt es sich um Entscheidungshilfen, die dem Management die Konsequenzen von Entscheidungen verdeutlichen und alternative Handlungsoptionen aufzeigen sollen."
Die Risikoanalyse kann viele verschiedene Ziele haben, z.B. nach [8]:
Systematische Beschreibung der Projektrisiken
Ordnung der Risiken nach Prioritäten
Identifizierung von Problembereichen
Beseitigung von Defekten, Fehlern und Fallen des Projekts
Vergleich von erwarteten und tatsächlichen Werten
Vergleich zwischen alternativen Projektplänen
Vergleich mit ähnlichen abgeschlossenen Projekten
Detaillierte Optimierung der Projektparameter
Bewertung der Akzeptanz des Projekts
Basis für eine Kosten-Nutzen-Analyse
Basis für die Entscheidungsfindung
Die Risikoanalyse sollte immer zu einer Entscheidung führen, ist aber so gut wie nie der einzige Faktor, der zu einer Entscheidungsfindung herangezogen wird. Es kommen eine ganze Menge subjektive