Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Geschichte. Georg Wilhelm Friedrich Hegel
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Dies mag genug sein über diesen Gesichtspunkt der Mittel, deren der Weltgeist sich zur Realisierung seines Begriffes bedient. Einfach und abstrakt ist es die Tätigkeit der Subjekte, in welchen die Vernunft als ihr an sich seiendes substantielles Wesen vorhanden, aber ihr zunächst noch dunkler, ihnen verborgener Grund ist. Aber der Gegenstand wird verwickelter und schwieriger, wenn wir die Individuen nicht bloß als tätig, sondern konkreter mit bestimmtem Inhalt ihrer Religion und Sittlichkeit nehmen, Bestimmungen, welche Anteil an der Vernunft, damit auch an ihrer absoluten Berechtigung haben. Hier fällt das Verhältnis eines bloßen Mittels zum Zwecke hinweg, und die Hauptgesichtspunkte, die dabei über das Verhältnis des absoluten Zweckes des Geistes angeregt werden, sind kurz in Betracht gezogen worden.
c) Das Dritte nun aber ist, welches der durch diese Mittel auszuführende Zweck sei, das ist, seine Gestaltung in der Wirklichkeit. Es ist von Mitteln die Rede gewesen, aber bei der Ausführung eines subjektiven endlichen Zweckes haben wir auch noch das Moment eines Materials, was für die Verwirklichung derselben vorhanden oder herbeigeschafft werden muss. So wäre die Frage: Welches ist das Material, in welchem der vernünftige Endzweck ausgeführt wird? Es ist zunächst das Subjekt wiederum selbst, die Bedürfnisse des Menschen, die Subjektivität überhaupt. Im menschlichen Wissen und Wollen, als im Material, kommt das Vernünftige zu seiner Existenz. Der subjektive Wille ist betrachtet worden, wie er einen Zweck hat, welcher die Wahrheit einer Wirklichkeit ist, und zwar insofern er eine große welthistorische Leidenschaft ist. Als subjektiver Wille in beschränkten Leidenschaften ist er abhängig, und seine besonderen Zwecke findet er nur innerhalb dieser Abhängigkeit zu befriedigen. Aber der subjektive Wille hat auch ein substantielles Leben, eine Wirklichkeit, in der er sich im Wesentlichen bewegt und das Wesentliche selbst zum Zwecke seines Daseins hat. Dieses Wesentliche ist selbst die Vereinigung des subjektiven und des vernünftigen Willens: Es ist das sittliche Ganze, – der Staat, welcher die Wirklichkeit ist, worin das Individuum seine Freiheit hat und genießt, aber indem es das Wissen, Glauben und Wollen des Allgemeinen ist; doch ist dies nicht so zu nehmen, als ob der subjektive Wille des Einzelnen zu seiner Ausführung und seinem Genuss durch den allgemeinen Willen käme, und dieser ein Mittel für ihn wäre, als ob das Subjekt neben den andern Subjekten seine Freiheit so beschränkte, dass diese gemeinsame Beschränkung, das Genieren aller gegeneinander jedem einen kleinen Platz ließe, worin er sich ergehen könne; vielmehr sind Recht, Sittlichkeit, Staat, und nur sie, die positive Wirklichkeit und Befriedigung der Freiheit. Die Freiheit, welche beschränkt wird, ist die Willkür, die sich auf das Besondere der Bedürfnisse bezieht.
Der subjektive Wille, die Leidenschaft ist das Betätigende, Verwirklichende; die Idee ist das Innere; der Staat ist das vorhandene, wirklich sittliche Leben. Denn er ist die Einheit des allgemeinen, wesentlichen Wollens und des subjektiven, und das ist die Sittlichkeit. Das Individuum, das in dieser Einheit lebt, hat ein sittliches Leben, hat einen Wert, der allein in dieser Substantialität besteht. Antigone beim Sophokles sagt: Die göttlichen Gebote sind nicht von gestern, noch von heute, nein, sie leben ohne Ende, und niemand wüsste zu sagen, von wannen sie kamen. Die Gesetze der Sittlichkeit sind nicht zufällig, sondern das Vernünftige selbst. Dass nun das Substantielle im wirklichen Tun der Menschen und in ihrer Gesinnung gelte, vorhanden sei und sich selbst erhalte, das ist der Zweck des Staates. Es ist das absolute Interesse der Vernunft, dass dieses sittliche Ganze vorhanden sei; und hierin liegt das Recht und Verdienst der Heroen, welche Staaten, sie seien auch noch so unausgebildet gewesen, gegründet haben. In der Weltgeschichte kann nur von Völkern die Rede sein, welche einen Staat bilden. Denn man muss wissen, dass ein solcher die Realisation der Freiheit, d. i. des absoluten Endzwecks ist, dass er um sein selbst willen ist; man muss ferner wissen, dass allen Wert, den der Mensch hat, alle geistige Wirklichkeit, er allein durch den Staat hat. Denn seine geistige Wirklichkeit ist, dass ihm als Wissenden sein Wesen, das Vernünftige gegenständlich sei, dass es objektives, unmittelbares Dasein für ihn habe; so nur ist er Bewusstsein, so nur ist er in der Sitte, dem rechtlichen und sittlichen Staatsleben. Denn das Wahre ist die Einheit des allgemeinen und subjektiven Willens; und das Allgemeine ist im Staate in den Gesetzen, in allgemeinen und vernünftigen Bestimmungen. Der Staat ist die göttliche Idee, wie sie auf Erden vorhanden ist. Er ist so der näher bestimmte Gegenstand der Weltgeschichte überhaupt, worin die Freiheit ihre Objektivität erhält und in dem Genuss dieser Objektivität lebt. Denn das Gesetz ist die Objektivität des Geistes und der Wille in seiner Wahrheit; und nur der Wille, der dem Gesetze gehorcht, ist frei, denn er gehorcht sich selbst und ist bei sich selbst und frei. Indem der Staat, das Vaterland, eine Gemeinsamkeit des Daseins ausmacht, indem sich der subjektive Wille des Menschen den Gesetzen unterwirft, verschwindet der Gegensatz von Freiheit und Notwendigkeit. Notwendig ist das Vernünftige als das Substantielle, und frei sind wir, indem wir es als Gesetz anerkennen und ihm als der Substanz unsres eignen Wesens folgen: Der objektive und der subjektive Wille sind dann ausgesöhnt und ein und dasselbe ungetrübte Ganze. Denn die Sittlichkeit des Staates ist nicht die moralische, die reflektierte, wobei die eigne Überzeugung waltet; diese ist mehr der modernen Welt zugänglich, während die wahre und antike darin wurzelt, dass jeder in seiner Pflicht steht. Ein atheniensischer Bürger tat gleichsam aus Instinkt dasjenige, was ihm zukam; reflektiere ich aber über den Gegenstand meines Tuns, so muss ich das Bewusstsein haben, dass mein Wille hinzugekommen sei. Die Sittlichkeit aber ist die Pflicht, das substantielle Recht, die zweite Natur, wie man sie mit Recht genannt hat, denn die erste Natur des Menschen ist sein unmittelbares, tierisches Sein.
Die ausführliche Entwicklung des Staates ist in der Rechtsphilosophie zu geben; doch muss hier erinnert werden, dass in den Theorien unsrer Zeit mannigfaltige Irrtümer über denselben im Umlauf sind, welche für ausgemachte Wahrheiten gelten und zu Vorurteilen geworden sind; wir wollen nur wenige derselben anführen und vornehmlich solche, die in Beziehung auf den Zweck unsrer Geschichte stehen.
Was uns zuerst begegnet, ist das direkte Gegenteil unsres Begriffes, dass der Staat die Verwirklichung der Freiheit sei, die Ansicht nämlich, dass der Mensch von Natur frei sei, in der Gesellschaft aber und in dem Staate, worin er zugleich notwendig trete, diese natürliche Freiheit beschränken müsse. Dass der Mensch von Natur frei ist, ist in dem Sinne ganz richtig, dass er dies seinem Begriffe, aber eben damit nur seiner Bestimmung nach, das ist, nur an sich ist; die Natur eines Gegenstandes heißt allerdings so viel als sein Begriff. Aber zugleich wird damit auch die Weise verstanden und in jenen Begriff hineingenommen, wie der Mensch in seiner nur natürlichen unmittelbaren Existenz ist. In diesem Sinne wird ein Naturzustand überhaupt angenommen, in welchem der Mensch als in dem Besitze seiner natürlichen Rechte in der unbeschränkten Ausübung und in dem Genuss seiner Freiheit vorgestellt wird. Diese Annahme gilt nicht gerade dafür, dass sie etwas Geschichtliches sei, es würde auch, wenn man Ernst mit ihr machen wollte, schwer sein, solchen Zustand nachzuweisen, dass er in gegenwärtiger Zeit existiere oder in der Vergangenheit irgendwo existiert habe. Zustände der Wildheit kann man freilich nachweisen, aber sie zeigen sich mit den Leidenschaften der Rohheit und Gewalttaten verknüpft und selbst sogleich, wenn sie auch noch so unausgebildet sind, mit gesellschaftlichen, für die Freiheit sogenannten beschränkenden Einrichtungen verknüpft. Jene Annahme ist eines von solchen nebulosen Gebilden, wie die Theorie sie hervorbringt, eine aus ihr fließende notwendige Vorstellung, welcher sie dann auch eine Existenz unterschiebt, ohne sich jedoch hierüber auf geschichtliche Art zu rechtfertigen.
Wie wir solchen Naturzustand in der Existenz empirisch finden, so ist er auch seinem Begriffe nach. Die Freiheit als Idealität des Unmittelbaren und Natürlichen ist nicht als ein Unmittelbares und Natürliches, sondern muss vielmehr erworben und erst gewonnen werden, und zwar durch eine unendliche Vermittlung der Zucht des Wissens und des Wollens. Daher ist der Naturzustand vielmehr der Zustand des Unrechts, der Gewalt, des ungebändigten Naturtriebs unmenschlicher Taten und Empfindungen. Es findet allerdings Beschränkung durch die Gesellschaft und den Staat statt, aber eine Beschränkung