Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Geschichte. Georg Wilhelm Friedrich Hegel
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Geschichte - Georg Wilhelm Friedrich Hegel страница 13
Zweitens ist eine andere Vorstellung zu erwähnen, welche gegen die Ausbildung überhaupt des Rechts zur gesetzlichen Form geht. Der patriarchalische Zustand wird entweder für das Ganze oder wenigstens für einige einzelne Zweige als das Verhältnis angesehen, in welchem mit dem Rechtlichen zugleich das sittliche und gemütliche Element seine Befriedigung finde und die Gerechtigkeit selbst nur in Verbindung mit diesen auch ihrem Inhalte nach wahrhaft ausgeübt werde. Dem patriarchalischen Zustande liegt das Familienverhältnis zugrunde, welches die allererste Sittlichkeit, zu der der Staat als die zweite kommt, mit Bewusstsein entwickelt. Das patriarchalische Verhältnis ist der Zustand eines Übergangs, in welchem die Familie bereits zu einem Stamme oder Volke gediehen und das Band daher bereits aufgehört hat, nur ein Band der Liebe und des Zutrauens zu sein, und zu einem Zusammenhange des Dienstes geworden ist. Es ist hier zunächst von der Familiensittlichkeit zu sprechen. Die Familie ist nur eine Person, die Mitglieder derselben haben ihre Persönlichkeit (damit das Rechtsverhältnis, wie auch die ferneren partikularen Interessen und Selbstsüchtigkeiten) entweder gegeneinander aufgegeben (die Eltern) oder dieselbe noch nicht erreicht (die Kinder, die zunächst in dem vorhin angeführten Naturzustande sind). Sie sind damit in einer Einheit des Gefühls, der Liebe, dem Zutrauen, Glauben gegeneinander; in der Liebe hat ein Individuum das Bewusstsein seiner in dem Bewusstsein des andern, ist sich entäußert, und in dieser gegenseitigen Entäußerung hat es sich (ebenso sehr das andere wie sich selbst als mit dem andern eines) gewonnen. Die weiteren Interessen der Bedürfnisse, der äußeren Angelegenheiten des Lebens, wie die Ausbildung innerhalb ihrer selbst, in Ansehung der Kinder, machen einen gemeinsamen Zweck aus. Der Geist der Familie, die Penaten sind ebenso ein substantielles Wesen als der Geist eines Volkes im Staate, und die Sittlichkeit besteht in beiden in dem Gefühle, dem Bewusstsein und dem Wollen nicht der individuellen Persönlichkeit und Interessen, sondern der allgemeinen aller Glieder derselben. Aber diese Einheit ist in der Familie wesentlich eine empfundene, innerhalb der Naturweise stehenbleibende; die Pietät der Familie ist von dem Staate aufs höchste zu respektieren; durch sie hat er zu seinen Angehörigen solche Individuen, die schon als solche für sich sittlich sind (denn als Personen sind sie dies nicht), und die für den Staat die gediegene Grundlage, sich als eines mit einem Ganzen zu empfinden, mitbringen. Die Erweiterung der Familie aber zu einem patriarchalischen Ganzen geht über das Band der Blutsverwandtschaft, die Naturseiten der Grundlage hinaus, und jenseits dieser müssen die Individuen in den Stand der Persönlichkeit treten. Das patriarchalische Verhältnis in seinem weiteren Umfang zu betrachten, würde namentlich auch dahin führen, die Form der Theokratie zu erwägen; das Haupt des patriarchalischen Stammes ist auch der Priester desselben. Wenn die Familie noch überhaupt nicht von der bürgerlichen Gesellschaft und dem Staate geschieden ist, so ist auch die Abtrennung der Religion von ihr noch nicht geschehen und umso weniger, als ihre Pietät selbst eine Innerlichkeit des Gefühls ist.
Wir haben zwei Seiten der Freiheit betrachtet, die objektive und die subjektive; wenn nun als Freiheit gesetzt wird, dass die einzelnen ihre Einwilligung geben, so ist leicht zu ersehen, dass hier nur das subjektive Moment gemeint ist. Was aus diesem Grundsatze natürlich folgt, ist, dass kein Gesetz gelten könne, außer wenn alle übereinstimmen. Hier kommt man sogleich auf die Bestimmung, dass die Minorität der Majorität weichen müsse; die Mehrheit also entscheidet. Aber schon J. J. Rousseau hat bemerkt, dass dann keine Freiheit mehr sei, denn der Wille der Minorität wird nicht mehr geachtet. Auf dem polnischen Reichstage musste jeder einzelne seine Einwilligung geben, und um dieser Freiheit willen ist der Staat zugrunde gegangen. Außerdem ist es eine gefährliche und falsche Voraussetzung, dass das Volk allein Vernunft und Einsicht habe und das Rechte wisse; denn jede Faktion des Volkes kann sich als Volk aufwerfen, und was den Staat ausmacht, ist die Sache der gebildeten Erkenntnis und nicht des Volkes.
Wenn das Prinzip des einzelnen Willens als einzige Bestimmung der Staatsfreiheit zugrunde gelegt wird, dass zu allem, was vom Staat und für ihn geschehe, alle einzelnen ihre Zustimmung geben sollen, so ist eigentlich gar keine Verfassung vorhanden. Die einzige Einrichtung, der es bedürfte, wäre nur ein willenloser Mittelpunkt, der, was ihm Bedürfnisse des Staates zu sein schienen, beachtete und seine Meinung bekannt machte, und dann der Mechanismus der Zusammenberufung der einzelnen, ihres Stimmgebens und der arithmetischen Operation des Abzählens und Vergleichens der Menge von Stimmen für die verschiedenen Propositionen, womit die Entscheidung schon bestimmt wäre. Der Staat ist ein Abstraktum, der seine selbst nur allgemeine Realität in den Bürgern hat, aber er ist wirklich, und die nur allgemeine Existenz muss sich zu individuellem Willen und Tätigkeit bestimmen. Es tritt das Bedürfnis von Regierung und Staatsverwaltung überhaupt ein, eine Vereinzelung und Aussonderung solcher, welche das Ruder der Staatsangelegenheiten zu führen haben, darüber beschließen, die Art der Ausführung bestimmen und Bürgern, welche solche ins Werk setzen sollen, befehlen. Beschließt z. B. auch in Demokratien das Volk einen Krieg, so muss doch ein General an die Spitze gestellt werden, welcher das Heer anführe. Die Staatsverfassung ist es erst, wodurch das Abstraktum des Staates zu Leben und Wirklichkeit kommt, aber damit tritt auch der Unterschied von Befehlenden und Gehorchenden ein. Gehorchen aber scheint der Freiheit nicht gemäß zu sein, und die befehlen, scheinen selbst das Gegenteil von dem zu tun, was der Grundlage des Staates, dem Freiheitsbegriffe entspreche. Wenn nun einmal der Unterschied von Befehlen und Gehorchen notwendig sei, sagt man, weil die Sache sonst nicht gehen könne, – und zwar scheint dieses nur eine Not, eine der Freiheit, wenn diese abstrakt festgehalten wird, äußerliche und selbst ihr zuwiderlaufende Notwendigkeit zu sein, – so müsse die Einrichtung wenigstens so getroffen werden, dass so wenig als möglich von den Bürgern bloß gehorcht und den Befehlen so wenig Willkür als möglich überlassen werde, der Inhalt dessen, wofür das Befehlen notwendig wird, selbst der Hauptsache nach vom Volke, dem Willen vieler oder aller einzelnen bestimmt und beschlossen sei, wobei aber doch wieder der Staat als Wirklichkeit, als individuelle Einheit, Kraft und Stärke haben soll. Die allererste Bestimmung ist überhaupt: der Unterschied von Regierenden und Regierten; und mit Recht hat man die Verfassungen im allgemeinen in Monarchie, Aristokratie und Demokratie eingeteilt, wobei nur bemerkt werden muss, dass die Monarchie selbst wieder in Despotismus und in die Monarchie als solche unterschieden werden muss, dass bei allen aus dem Begriffe geschöpften Einteilungen nur die Grundbestimmung herausgehoben, und damit nicht gemeint ist, dass dieselbe als eine Gestalt, Gattung oder Art in ihrer konkreten Ausführung erschöpft sein solle, vornehmlich aber auch, dass jene Arten eine Menge von besonderen Modifikationen, nicht nur jener allgemeinen Ordnungen an ihnen selber, sondern auch solche zulassen, welche Vermischungen mehrerer dieser wesentlichen Ordnungen, damit aber unförmliche, in sich unhaltbare, inkonsequente Gestaltungen sind. Die Frage in dieser Kollision ist daher, welches die beste Verfassung sei, das ist, durch welche Einrichtung, Organisation oder Mechanismus der Staatsgewalt der Zweck des Staates am sichersten erreicht werde. Dieser Zweck kann nun freilich auf verschiedene Weise gefasst werden, zum Beispiel als ruhiger Genuss des bürgerlichen Lebens, als allgemeine Glückseligkeit. Solche Zwecke haben die sogenannten Ideale von Staatsregierungen und dabei namentlich Ideale von Erziehung der Fürsten (Fénelon) oder der Regierenden, überhaupt der Aristokratie (Plato) veranlasst, denn die Hauptsache ist dabei auf die Beschaffenheit der Subjekte, die an der Spitze stehen, gesetzt worden und bei diesen Idealen an den Inhalt der organischen Staatseinrichtungen gar nicht gedacht worden. Die Frage nach der besten Verfassung wird häufig in dem Sinne gemacht, als ob nicht