Geliebtes Carapuhr. Billy Remie

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Geliebtes Carapuhr - Billy Remie Chroniken der Bruderschaft 3

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genervt, eine bequemere Position zu finden, aber durch die Nächte, die er bereits auf dem Holzstuhl an Desiths Seite verbracht hatte, taten ihm jegliche Gelenke und Knochen weh. Natürlich hätte er auch einen Barbaren abstellen können, der Desiths Bewacher spielte, aber sowohl er als auch seine Mutter und Jori hielten es für klüger, dass er sich selbst darum kümmerte. Er nahm diese Pflicht – auch wenn er sie nur aufgelastet bekommen hatte, um aus dem Weg zu sein – sehr ernst. Vermutlich hätte Vynsu ohnehin kein Auge zugetan, wenn er Desiths Schutz einem anderen Krieger anvertraut hätte. Außerdem tat es Vynsu auch für Derrick, für seinen Bruder. Er wollte dessen Gefährten beschützen, denn er wusste, Derrick hätte ihm den gleichen Gefallen erwiesen.

      Vynsu verschränkte wieder die Arme vor der Brust, als es weiterhin still blieb, und rutschte tiefer an der Stuhllehne hinab, dann schloss er die Augen und schmatzte. Solange er hier saß, würde niemand an ihm vorbeikommen, weder ein Eindringling noch Desith. Keiner würde ein- noch ausgehen.

      Plötzlich fiel ihm etwas auf. Wobei, eigentlich war es mehr das Aufflammen eines unguten Gefühls. Normalerweise schreckte er auf, wenn er spürte, dass sich außer ihm noch jemand im Raum befand, doch dieses Mal war es mehr das Gefühl, dass etwas fehlte…

      Erschrocken richtete sich Vynsu auf und fuhr zum Bett herum. Desiths Lager war leer, kein Körper befand sich mehr darin. Das hatte ihn aufgeweckt! Kein Geräusch, kein Eindringling, sondern das Fehlen von etwas, das er bewachen sollte.

      Fluchend stand er auf, ging um das Bett herum, als würde Desith wie durch ein Wunder wiederauftauchen, dabei rasselte sein Gürtel und seine Schwertscheide. Desith blieb natürlich spurlos verschwunden.

      Er war ja so ein Hohlkopf! Warum hatte er nicht mitbekommen, dass Desith aufgestanden war?

      Und wie konnte das überhaupt sein? Nach dem Trank, den Vynsus Mutter Desith verabreicht hatte, hätte dieser mindestens bis zum nächsten Abend durchschlafen müssen. Sie hatte es ihm versichert!

      Zornig über sich selbst, seine Unfähigkeit verfluchend, stakste er durch das Zeltinnere auf den Ausgang zu und schlug die Plane zurück. Zwei Leibwächter waren davor positioniert, sie zuckten ebenso erschrocken zusammen wie er. Vynsu hatte von den weiteren Bewachern nichts gewusst.

      Er sah die beiden Krieger nacheinander prüfend an, sie waren erfahrene Männer, aber noch nicht alt, etwa zehn oder fünfzehn Jahre älter als er, einer blond, einer braunhaarig, beide bärtig. Vermutlich Brüder, sie sahen sich ähnlich, aber er kannte ihre Namen nicht, obwohl er sich sicher war, dass er sie schon oft gesehen hatte.

      »Prinz?«, fragte der Dunkelhaarige irritiert, als Vynsu sie nur grimmig anstarrte.

      Er riss sich zusammen und schüttelte den Kopf. »Verzeiht, ich dachte, ich hätte etwas Ungewöhnliches gehört.«

      Ein Nackenkitzeln hielt ihn irgendwie davon ab, die Wahrheit zu sagen. Er wollte das Lager nicht aufschrecken. Vielleicht wollte er aber auch nicht seine Schuld eingestehen, immerhin war ihm allein Desith entwicht. Ihm allein.

      »Nein«, erwiderten sie unisono und tauschten miteinander verwunderte Blicke. »Alles still hier draußen«, versicherte der Blonde.

      Grübelnd starrte Vynsu ihm in das markante Gesicht. »Niemand ging ein oder aus?«

      Sie sahen sich an, als überlegten sie, ob sie es sich erlauben konnten, ihn zu fragen, ob er seinen verdammten Verstand verloren hätte.

      »Niemand«, versicherte der Dunkelhaarige schließlich, sie hatten wohl beschlossen, Vynsu erst noch weiter zu beobachten, bevor sie sich ein Urteil über dessen geistigen Zustand erlaubten.

      Er schnaubte und drehte sich bereits wieder um, als er noch ein letztes Mal innehielt. »Und ihr habt auch nicht geschlafen? Für keinen noch so winzigen Augenblick?«

      »Nein«, versicherten sie ihm. »Eure Mutter stellte uns hier ab, als sie zu Bett ging, da haben wir Euch noch herumlaufen gehört. Niemand kam hier vorbei, Herr, die …« Der Blonde trat unbehaglich von einem auf den anderen Fuß. »Die Leute meiden das Zelt.«

      Vynsu runzelte die Stirn, doch er hatte gerade keine Zeit, sich danach zu erkundigen, weshalb hier niemand freiwillig vorbeikam, immerhin hatte er gerade ein ganz anderes Problem. »Hm«, brummte er, »gut.«

      Er zog sich wieder in das von Kerzenschein geflutete Innere zurück, Schatten tanzten über die Wände, als der Luftzug von draußen die Flammen bewegte.

      Wie, beim Allvater, war Desith aus diesem Zelt gelangt? Vielleicht hatte er eine Wand aufgeschlitzt und war geflohen. Vynsu drehte sich um, um die Zeltplanen abzulaufen, als er abermals in dieser Nacht erschrocken zusammenzuckte.

      Desith lag im Bett, friedlich schlafend, als wäre er nie fort gewesen.

      Einen unbegreiflichen Moment lang stand Vynsu einfach da und starrte ihn, ohne zu blinzeln, an. Er lag noch genauso sabbernd auf der Seite, wie Vynsu ihn zuletzt gesehen hatte.

      Hatte Vynsu sich getäuscht? Aber nein, so sehr konnten seine Augen ihn doch nicht trügen! Vielleicht hatte er noch geträumt.

      Mit einem großen Bogen, als hätte Desith die Pest, ging Vynsu wieder um das Bett herum, eine Hand auf dem Knauf seines Schwertes, es gab ihm Halt. Seine braunen, gesprenkelten Augen suchten den Boden nach Spuren ab, doch dort war nichts, kein einziger Fußabdruck. Auch die Kleider, die für Desith bereit lagen, waren unangerührt, und er wäre wohl kaum nackt durch das Lager gelaufen und dann zurückgekehrt. Verwirrt ging Vynsu die Zeltwände ab, doch auch diese wiesen keinerlei Ausbruchsspuren auf. Niemand war herein, noch herausgekommen. Unmöglich.

      Er fuhr sich über den violetten Schopf, seine Seiten waren frisch rasiert, seine Mutter hatte sich dessen angenommen.

      »Ich werde noch verrückt«, murmelte er. Vielleicht hatte er geschlafwandelt. Trotzdem ließ ihn das drängende Gefühl nicht los, dass er sich nicht getäuscht hatte. Unbehagen legte sich um seinen Magen wie ein Eisenband, und zog sich langsam zu.

      Er kratzte sich an der Schläfe und drehte sich wieder zu Desith um. Er legte den Kopf schief und betrachtete dessen schlanken Rücken mit schmalen Augen. Von hinten hatte er fast ein wenig Ähnlichkeit mit Lohna. Aber nur fast.

      Leise trat er näher an das Bett heran und beugte sich über den schlafenden Wildfang, der selbst so still und friedlich irgendwie nach Ärger aussah. Es gab Männer, die betrachtete man nur ein einziges Mal und man wusste von vorne herein, dass sie einen ruhelosen, feurigen Charakter besaßen. Das war wie bei Pferden. Vynsu konnte einen Hengst bereits einschätzen, wenn er ihn nur in der Ferne auf der Weide grasen sah. Genauso erging es im mit Desith. Von Anfang an, als sie nur Jungen gewesen waren, hatte er gewusst, dass Desith sich nicht einfach ein Halfter anlegen lassen würde, zumindest nicht, wenn er es nicht höchstpersönlich zu seinem eigenen Vergnügen verlangte.

      Und irgendwie ließ ihn das Gefühl nicht los, dass Desith ihm selbst im Schlaf an der Nase herum führte.

      »Nicht mit mir«, sagte er zu dem Schlafendem, leise und grollend. »Hörst du, Desith? Du wirst dich schön brav benehmen, sonst Gnaden dir deine verbannten Götter.«

      Plötzlich riss Desith die Augen auf und schnappte nach Luft. Vynsu war zu überrascht, um rechtzeitig zurückzuzucken, da hatte Desith ihn bereits mit erstaunlich kräftigen Fingern am Revers seines Hemdes gepackt und mit einem Ruck zu sich herab gezerrt.

      »Dämonen!«, raunte er unheilvoll.

      Vynsu runzelte die Stirn. »Was?«

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