Geliebtes Carapuhr. Billy Remie

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Geliebtes Carapuhr - Billy Remie Chroniken der Bruderschaft 3

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niemand umgekommen, darauf achteten die Wärterinnen penibel.

      Sarsar saß in seiner üblichen Ecke, Feuchtigkeit tropfte von der Decke direkt neben ihn auf den Boden, er hatte die Hände unter die Achseln geschoben und drückte sich in eine Nische. Eine Angewohnheit, um sich so unsichtbar wie möglich zu machen. Chusei schlürfte neben ihm den Brei, den er jeden Abend zusammenpanschte, indem er das Brot in sein Wasser bröselte und aufweichen ließ, sodass Sarsar fast würgen musste. Aber der Panther aß mit solchem Hunger, dass es fast schon wieder amüsant war. Wie eine Katze, der man ein Schälchen mit Milch auf die Fensterbank stellte, leckte er die Schale aus, sein Schwanz und seine Ohren zuckten freudig.

      »Verzieh nur das Gesicht«, sagte er immer, »aber mir nimmt niemand das Essen weg.«

      »Weil es widerlich aussieht«, gab Sarsar trocken zurück.

      Trotz, dass die Stärksten unter ihnen nun nicht mehr da waren, waren noch genug größere und kräftigere Männer in der Zelle, die Sarsar das Brot wegnahmen. Natürlich kämpfte er oft genug darum, aber manchmal war er einfach von der Arbeit zu müde.

      An diesem Abend hatte er eilig von seinem Brot ein Stück abgerissen und es sich in die Hose gestopft, bevor ihm der Rest aus den Fingern gerissen wurde. Die Stimmung in der Zelle war so angespannt, dass die Atmosphäre beinahe einem Gewitter glich. Die zurückgebliebenen Sklaven waren wütend und frustriert darüber, noch hier zu sein, einigen war bewusst geworden, dass sie nicht so stark waren, wie sie immer geglaubt hatten, was ihre Unzufriedenheit nur noch mehr verstärkte. Und dieser Groll musste natürlich irgendwo raus. Selbst Chusei und einige andere schwache Sklaven wurden von den anderen schikaniert, um Überlegenheit auszudrücken und den eigenen Stolz wiederherzustellen.

      Als alle mit dem Essen beschäftigt waren – oder hungrig in der Ecke saßen – zog Sarsar die Brotkante hervor und nagte heimlich daran. Er hätte ja geteilt, aber es war kaum genug, um selbst satt zu werden, und er musste zu Kräften kommen.

      Doch als er beobachtete, wie ein kräftiger, junger Bursche, der einen geschwollenen Wangenknochen hatte, aufstand und ohne zu zögern auf einen Schwächeren zuging, konnte er nicht einfach dasitzen und zusehen, wie der Mitgefangene von dem Größeren niedergerungen und geschändet wurde. Sie waren keine eingesperrten Affen, die eine neue Rangordnung festlegen mussten!

      Ehe Chusei ihn aufhalten und zur Vernunft bringen konnte, warf er den Rest von seinem Brot und traf den Sklaven am Kopf, der den anderen unter sich drückte.

      Wutentbrannte und gleichsam überraschte Augen starrten ihn an. Chusei verschluckte sich an seinem Brei, als er begriff, was geschehen war. Plötzlich schien die Zelle totenstill und alle starrten Sarsar an.

      Er stand auf, seine Lippe zuckte wütend und er ballte drohend die Hände zu Fäusten. »Lass ihn sofort los!«, knurrte er. Natürlich verstanden sie ihn nicht, er hatte beabsichtigt, dass ihn niemand verstand. Sein Tonfall genügte, um zu verstehen, was er wollte.

      »Hör auf!«, zischte Chusei und zupfte an seinem Ärmel, damit er sich wieder hinsetzte. »Willst du, dass sie dich totprügeln?«

      Mit einem Knurren und Worten in einer anderen Sprache, die nach Warnungen klangen, stand der Muskelprotz auf. So groß und so breit war er jedoch gar nicht, vielleicht Xaiths Statur, eher schlank und drahtig, wenn auch kräftig, aber lange kein Berg wie Vaaks.

      Sarsar machte einen drohenden Schritt auf ihn zu, während der kleine Sklave die Gelegenheit nutzte und davonkroch. Aber nicht, ohne Sarsars restliches Brot aufzuklauben und es sich ans Herz zu pressen, während er damit im Schatten verschwand.

      Der kräftige Bursche kam auf Sarsar zu, hatte eine neue Gelegenheit gefunden, seine Überlegenheit zur Schau zu stellen, und schubste ihn mit Drohungen auf den Lippen.

      Sarsar taumelte zwar unter dem Stoß, trat aber gleich darauf wieder auf ihn zu, starrte ihm unbeugsam in die Augen. Das provozierte den anderen nur umso mehr, er stieß Sarsar mit beiden Händen kräftiger zurück. Doch Sarsar tat nichts, außer sich ihm wieder entgegen zu stellen. Er schlug nicht zu, er würde niemals zuerst zuschlagen. Es genügte, ihm einfach in die dunklen Augen zu starren. Das machte den Burschen so unsicher, dass er den ersten Schritt machte und Sarsar die Faust auf die Wange schlug, dass ihm das Gesicht rumflog.

      Sarsar biss die Zähne zusammen, der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen, seine Wange pochte. Doch er erwiderte den Schlag nicht, sah einfach wieder auf und starrte den Sklaven wütend aber schweigend an.

      Erneut traf ihn ein Schlag, dieses Mal auf die andere Wange. Er keuchte, es fiel ihm immer schwerer, stand zu halten und wieder Haltung anzunehmen. Den anderen verunsicherte es so sehr, dass ihm seine Verwirrung deutlich ins Gesicht geschrieben stand. Sarsar dachte aber nicht daran, vor ihm in die Knie zu gehen, noch würde er einen Kampf beginnen, den er nicht gewinnen konnte. Denn wenn er anfing, sich zu wehren, würden die anderen eingreifen.

      Die Pferde gingen mit dem Sklaven durch, als Sarsar auch nach dem fünften und sechsten Schlag – die deutlich schneller hintereinander ihr Ziel fanden als die vorherigen – keine Resonanz zeigte.

      Er packte Sarsar an der Kehle und schrie auf ihn ein. Instinktiv packten Sarsars Hände die starken Arme des Sklaven und wollten sie auseinanderzerren. Er hatte natürlich nichts entgegen zu wirken, die Luft wurde ihm abgedrückt, als würden sich Felsen um seinen Hals zusammenziehen. Er verlor das Gleichgewicht, als der Sklave ihn rückwärtsschob. Sie fielen gemeinsam zu Boden. Er lag auf dem Rücken, sein Blick war längst verschwommen, schmerzhaft traten seine Augen hervor und ihm wurde die Zunge aus dem Mund gedrückt. Chusei riss an der Schulter des Sklaven, wurde aber gegen die Wand gestoßen.

      Blind tastete Sarsar den Boden ab, seine Ecke lag direkt neben ihm und er suchte panisch nach dem, was er schon seit seinem ersten Tag dort versteckt hielt und für einen besonderen Moment aufgespart hatte. Gerade als er glaubte, dass der Sklave ihm jegliches Leben mit bloßen Händen aus dem Leib presste, ertastete er die unebene Oberfläche des faustgroßen Steins, der wegen der Feuchtigkeit aus der Wand gebrochen war. Mit aller letzter Kraft schlug er dem wildgewordenen Burschen damit gegen die Schläfe.

      Im nächsten Moment war er frei und sog stöhnend Luft in seine Lungen, dabei warf er sich herum, hustete und keuchte wie ein Ertrunkener, den man an Land gezogen und gerade widerbelebt hatte.

      Chusei war sofort neben ihm, die Hand auf seinem Rücken. »Was hast du getan?«, raunte er.

      Die anderen Sklaven standen bereits auf, noch zu geschockt, um zu begreifen. Sie hatten bis zuletzt geglaubt, ihr Kamerad hätte alles im Griff.

      Sarsar ignorierte den Schmerz in seiner Kehle, Tränen liefen ihm aus den brennenden Augen und irgendetwas in seinem Rachen pfiff beunruhigend, wenn er einatmete. Aber er musste jetzt schnell handeln. Der Sklave lag mit einer schweren Kopfwunde halb benommen aber noch bei Bewusstsein neben ihm auf dem Rücken, Blut rann über seine Schläfe in sein Ohr.

      Sarsar kroch auf seine verschwitzte Brust, ehe die anderen sich einmischen konnten, und setzte sich auf. Da ging ein Ruck durch einige Mitgefangene, die ihrem Freund helfen wollten. Ketten klirrten. Sarsar schloss die Augen, versuchte, sich zu konzentrieren, und streckte die Hände aus, um sie um den Kopf des Verletzten zu legen. Seine Magie war wie eingefroren, doch sie ließ sich durch reine Willenskraft ermutigen, aufzuwachen. Es knisterte in der Luft und seine Hände begannen blau zu leuchten. Die anderen wichen wieder zurück, selbst Chusei. Mit ungläubigen Gesichtern sahen sie dabei zu, wie Sarsar die Kopfwunde des Sklaven heilte. Es kostete ihn einiges an Kraft, vor allem nachdem er beinahe erwürgt worden wäre. Es war nicht leicht, seine wabernde Aura zu bändigen, um sie wie einen sanften Windzug durch seinen reinen Willen nach vorne fließen zu lassen, damit sie die Wunde wieder zusammenwachsen

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