Geliebtes Carapuhr. Billy Remie

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Geliebtes Carapuhr - Billy Remie Chroniken der Bruderschaft 3

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schert sich nicht um ein Stück sterbendes Fleisch«, spottete der Großkönig. Vynsu musste sich sehr fest auf die Zunge beißen, um nicht zu widersprechen. »Alles Göttliche hat uns längst verlassen. Und wenn es nach mir ginge, dürfte der liebe Gott mir ohnehin gern die Eier lutschen, aber mein Schicksal würd ich nicht in seine Hand legen, und das solltest du auch nicht mit dem Leben des Sohn des Kaisers tun!«

      Dazu sagte Vynsu nichts, er schwieg einfach.

      Melecay stieß gereizt den Atem aus, er war auch bei guter Laune bereits mit Vorsicht zu begegnen, aber diese Hitze machte ihn zu einem spuckenden Feuerberg, der jeder Zeit drohte, seine tödliche, heiße Lava über alle zu ergießen.

      »Wo habt ihr die beiden gefunden?«

      »Am Fluss, nordöstlich von hier«, antwortete Vynsu. »Wir haben den Ort auf der Karte markiert, ebenso die Richtung, in die Derrick davonflog. Zwei Späher sind ihm nach, aber…«, Vynsu senkte matt die Stimme, »… sie kamen nicht mehr zurück.«

      »Hätte ich mir denken können«, murrte der Großkönig und drückte mit Daumen und Zeigefinger sein krummes Nasenbein, als hätte er Probleme mit dem Sehen. »Noch weiter östlich, noch tiefer rein in dieses heiße Scheißloch. Aber immerhin zwei Mäuler weniger zu stopfen, nicht wahr? Hoffe nur, sie haben Derrick gemundet.«

      Er meinte das vollkommen ernst, so etwas wie Mitleid kannte der Großkönig nicht, er war mehr praktisch veranlagt. Man munkelte, dass er ohne Herz geboren wurde. Vynsu wäre nicht überrascht, wenn an diesem Gerücht etwas wahr wäre.

      »Mit Eurer Erlaubnis, Onkel, würden meine Freunde und ich-«

      »Du meinst, meine Männer«, unterbrach sein Onkel ihn mit heimtückischer Freundlichkeit. Er drehte sich zu Vynsu um, ein falsches Lächeln auf den Lippen. »Oder bin ich nicht mehr der Großkönig von Carapuhr? Verzeih, unterstehen deine Hunde nicht in erster Linie mir?«

      »Doch, Onkel…«

      »Dann verschwende nicht meine Zeit und lass die Karte zu meinen Spähern bringen, damit ich meinen Erben zurückholen kann.«

      Es war nur ein winziger Stich, aber er traf ihn tief ins Herz. Vynsu schlug die Augen nieder, aber sein Kopf blieb hocherhoben. »Ich würde gern ein paar Männer nehmen und Derrick verfolgen, die Nacht könnte uns Schutz gewähren, vielleicht kommen wir so näher an ihn heran…«

      »Nein, ich suche höchstpersönlich nach ihm.« Der Großkönig riss an den Riemen seines Harnischs, um sich Luft unter der stickigen Rüstung zu verschaffen. Er roch wie ein Iltis, aber Vynsus eigener Geruch war keinen Deut besser. »Ich erledige das lieber selbst.«

      »Aber…«, wandte Vynsu ein, »Onkel, wir waren so nah an ihm dran…«

      »Und habt ihn wieder verloren.« Des Großkönigs blaue Augen blitzten warnend auf.

      Vynsu reckte stolz sein kantiges Kinn, aber unter der Fassade machte sein Herz einen Satz. Er hatte seinen Onkel schon immer gefürchtet. Bewundert, gewiss, aber ebenso gefürchtet.

      »Ich ließ Derrick ziehen, weil wir Desith ins Lager bringen mussten. Ich habe nur Euren Befehl befolgt, Onkel: Desith lebend zu finden.« Er hätte den kleinen Wildfang nicht sterben lassen können, selbst wenn es Melecay gleich gewesen wäre. Derrick war Vynsus Bruder, wenn auch nur im Geiste, und er hätte es Vynsu nie vergeben, wenn er Desith seinem Schicksal überlassen hätte.

      Melecay schnaubte und eine abschätzige Musterung folgte, die Vynsu ebenso stolz über sich ergehen ließ.

      »Fein, wie du meinst. Dann gebe ich dir noch einen Befehl, wenn du so gewillt bist, mir in den Arsch zu kriechen.«

      Vynsu sah ärgerlich zur Seite und mahlte mit den Kiefern, als sein Onkel auf ihn zutrat. Groß, muskulös, ein Nordmann wie er im Buche stand.

      »Nimm deine Schar und bringt Eagles Söhnchen in unser Lager im Westen«, befahl sein Onkel ihm gelangweilt. »Wenn er sich vor meinem Eintreffen soweit erholt hat, dass ein längerer Transport ihm nicht mehr schadet, reist ohne uns zurück nach Carapuhr. Ich lege sein Leben nun in deine Hand! Sei sein Bewacher.«

      Melecay wollte ihn nach Hause schicken?

      Alles in Vynsu wollte sich auflehnen, wollte seinen Mann stehen, doch er konnte sich noch rechtzeitig beherrschen und so entkam ihm nur ein kindisches, gezischtes: »Ich bin kein verdammter Leibwächter, ich bin Euer Neffe und habe viele Schlachten geschlagen!«

      Melecay, der sich schon halb abgewandt hatte, drehte sich mit nun gleichgültiger Miene um und konterte trocken: »Und auch Schlachten verloren.«

      Ein Dolch mitten ins Herz. Vynsu musste schlucken. Er streckte den Hals, um größer zu wirken, als sein Onkel erneut nahe an ihn herantrat, sodass er fast den Kopf in den Nacken legen musste, und ihm eindringlich und ebenso unerbittlich erklärte: »Benimm dich nicht wie eine eingeschnappte Hure, Neffe, du hast deine Pflicht nicht erfüllt, solche Dinge passieren eben. Jetzt bist du zurück und hast die Gelegenheit, die Konsequenzen für dein Handeln wie ein Mann zu tragen. Du suchst Vergebung? Vergebung ist für Feiglinge. Du suchst deine Chance, dich zu beweisen? Fein. Dann beweise dich. Bring Desith ins große Lager, und möge dein ach so geschätzter Gott dir gnädig sein, sollte der Bursche nicht überleben. Er ist Kaiser Eagles Sohn, und es wäre nicht von politischem Vorteil, wenn ich Eagle Airynn mitteilen müsste, dass sein Söhnchen unter unserer Obhut den Tod fand, da wir uns doch gerade erst mit dem Kaiserreich wieder versöhnt haben, nach dieser hässlichen, dummen Sache, die dir widerfahren ist.«

      Vynsu war mit jedem Wort innerlich zusammengeschrumpft, auch wenn er es äußerlich nicht zeigte, er stand stramm und unerbittlich vor seinem Onkel. Was jedoch alles andere als stolz und männlich wirkte, war sein Blick, der Melecays durchbohrenden, kalten Augen geflissentlich auswich.

      »Wenn wir Derrick haben, folgen wir«, schloss Melecay den Befehl ab und wandte sich um. »Gute Reise, Neffe«, sagte er zum Abschied noch, wobei seine Worte ganz und gar voller Herablassung waren.

      Vynsu sah ihm nach, die Abendsonne erkämpfte sich Wege durch das dichte Blätterdach, sodass winzige Lichtpunkte über des Großkönigs Haupt und Schultern glitten, fast wie ein göttlicher Segen.

      Erst als sein Onkel in seinem großen Zelt, vor dem zwei Leibwächter positioniert waren, verschwunden war, traute Vynsu sich, tief durchzuatmen. Ernüchtert fuhr er sich über den violetten Kamm. Seine Zöpfe waren fettig und verfilzt, die Seiten seines Schädels mussten dringend rasiert werden, doch sein Aussehen kümmerte ihn zurzeit recht wenig.

      »Wir reisen ab?« Jori stand plötzlich hinter ihm und hätte Vynsu beinahe vor Schreck zusammenzucken lassen. So groß und muskulös wie ein Bär, aber er konnte schleichen wie eine Katze.

      Vynsu schnaubte, doch statt zu antworten, klagte er mit einem Wink in Richtung des Zeltes seines Onkels: »Er hasst mich.«

      »Ja… das lässt sich wohl nicht abstreiten«, seufzte Jori, legte Vynsu aber von hinten brüderlich eine Hand auf die Schulter.

      Vynsu warf einen halb genervten, halb spöttischen Blick zurück, rauchgraue Augen blitzten ihm entgegen, die Sonne verfing sich in langem, dunklem Haar, das durch geflochtene Strähnen aus einem männlichen, aber blutjungen Gesicht gehalten wurde, die vollen Lippen waren zu einem provozierenden, schiefen Schmunzeln verzogen, das dafür sorgte, dass es auch in Vynsus Mundwinkeln zuckte.

      »Mach die Eisbären bereit«, trug Vynsu seinem Freund auf, »und lass eine Trage

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