Perikles. William Shakespeare
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Der Hauch verweht, das kranke Aug' sieht freier,
Und scheut die Luft; der blinde Maulwurf hügelt
Gen Himmel, klagt, die Erde sei bedrückt
Von Menschen, dafür stirbt der arme Wurm.
Ein Fürst ist Erdengott, Gesetz wird sein Verbrechen:
Schweift Zeus auch aus, wer wird von ihm als Sünder sprechen?
Genug schon, daß du's weißt, es will sich schicken,
Das, was bekannt verschlimmert, zu ersticken.
Den Leib liebt jeder, der uns Nahrung gibt,
Vergönnt, daß so ihr Haupt die Zunge liebt.
ANTIOCHUS.
O Himmel! Hätt' ich doch dein Haupt! Er fand den Sinn;
Doch will ich mit ihm heucheln. – Junger Fürst,
Obgleich nach unsrer strengen Satzung Kraft,
Da deine Deutung fälschlich ausgefallen,
Wir deine letzte Stunde könnten messen;
Doch Hoffnung, die so schönem Baum entsprießt,
So edlem Stamm, hat anders uns gestimmt;
Wir gönnen Euch noch vierzig Tage Frist,
Entschleiert das Geheimnis in der Zeit,
Die Güte zeigt, daß Ihr als Sohn uns freut;
Bis dahin wird man Euch hier unterhalten,
Wie's Eurer Her' und Eurer Würde ziemt.
Sie gehn ab.
PERIKLES allein.
Wie Höflichkeit die Sünde gern bedeckte
Dann gleicht dem Heuchler die gescheh'ne Tat,
Der Gutes nichts, als nur den Anschein hat;
Denn wär' es wahr, daß ich hier falsch erklärt,
So hättet Ihr so schändlich nicht befleckt
Die Seelen mit blutschänderischem Greuel;
Wo du nun beides, Vater bist und Sohn,
Dein eigen Kind gottlos in Armen hältst,
(Die Freude, die dem Mann, nicht Vater ziemt)
Und sie sich nährt von ihrer Mutter Fleisch,
Da sie das elterliche Bett entehrt,
Und beide Schlangen gleich, die schöne Blüten
Genießen, und doch tödlich Gift nur brüten.
Fahr' wohl, du Stadt, denn Weisheit lehrt, daß wer
Nicht Taten, dunkler als die Nacht, vermied,
Nichts scheuen wird, daß sie das Licht nicht sieht;
Denn eine Sünde weckt die andre auch,
Mord ist Nachbar der Lust, wie Flamm' und Rauch.
Gift und Verrat sind wohl der Sünde Hände,
Ja, Schilde auch, die Schande abzuhalten:
Um euch zu rein'gen, dient euch wohl mein Tod,
Drum flieh' ich die Gefahr, die mich bedroht.
Geht ab.
Dritte Szene
Antiochus tritt auf.
ANTIOCHUS.
Er fand den Sinn, und drum sind wir gesinnt
Sein Haupt zu haben.
Er soll nicht leben, meine Schande zu posaunen,
Der Welt zu sagen, daß Antiochus
In Sünde lebt so schwarzer Art.
Drum sterbe dieser junge Prinz alsbald,
Denn nur sein Tod ist meiner Ehre Halt. –
Ist niemand draußen?
Thaliard kommt.
THALIARD.
Ruft wohl Eure Hoheit?
ANTIOCHUS.
Thaliard, du bist mein Kämmerer, mein Geist
Vertrautsein Inn'res deiner Schweigsamkeit,
Und deiner Treue halb erhöh' ich dich;
Thaliard, sieh, hier ist Gift, und hier ist Gold,
Ich hasse den von Tyrus, töte ihn.
Ich will nicht, daß du um die Ursach' fragst;
Dir genüge: ich befahl es. Ist's getan?
THALIARD.
Es ist getan, mein König.
ANTIOCHUS.
Nun genug.
Ein Bote kommt.
ANTIOCHUS.
Kühl' deinen Atem, sage deine Eil.
BOTE.
Geflohen ist Prinz Perikles.
ANTIOCHUS.
Wie du
Das Leben liebst, ihm nach! Und wie ein Pfeil
Aus eines guten Schützen Hand das Ziel
Unfehlbar trifft, so kehre du nicht wieder,
Wenn du nicht sagst, Fürst Perikles ist tot.
THALIARD.
Mein Fürst, kommt er mir nah nur auf Pistolenschuß,
Treff ich ihn sicher. Lebet wohl, mein König.
Geht ab.