Der Politiker. Geri Schnell

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muss.

      Franz fährt mit dem Fahrrad voraus. Bewusst nimmt er den schlechten Weg, welcher dem Lastwagen einige Probleme bereitet. Wenn es gerade günstig ist, versteckt er sich kurz, nach einigen Minuten kommt er aus einer Seitenstrasse und spielt den unschuldigen. Die Fahrt zur Lagerhalle dauert beinahe doppelt so lange, wie auf dem kürzesten Weg. Die Franzosen sind sichtlich genervt, machen aber gut Mine zum Spiel.

      Stolz präsentiert Franz dem Offizier die grosse Halle. Mit Handbewegungen zeigt er an, dass reichlich Platz vorhanden ist. Immerhin scheint der Offizier mit der Halle zufrieden. Er hat mit einem kleinen Keller gerechnet. Gut, gemütlich ist es hier nicht, aber das kann man ändern, zumindest ist es trocken.

      Die nächsten Tage besucht er die Franzosen regelmässig und fragt, ob er etwas für sie tun könnte. Meistens kann er ihre Wünsche erfüllen, wenn es auch immer sehr lange dauert, aber das sind die Franzosen von Haus aus gewohnt.

      Schlimmer für Franz ist, dass der Offizier täglich in seinem Büro auftaucht und die Bücher studiert. Er will sich ein genaues Bild über die Finanzen der Stadt machen. Jeder Posten in der Finanzbuchhaltung wird überprüft, ob nicht etwas für die Besatzer abfällt. Der Kohlenkeller im Stadthaus wird zur Hälfte geplündert. Man muss bereits die Heizung zurück drehen.

      Langsam spielt sich die Zusammenarbeit mit dem Feind ein. Franz ist gut angesehen, schliesslich ist er zuständig, wenn der Offizier etwas braucht. Das gibt ihm eine Sonderstellung, dank der kommt er sehr früh an wichtige Informationen. Geschickt gelingt es ihm, die Franzosen von seinem Haus fern zu halten.

      Was das Verkaufen seiner Schätze betrifft, braucht Franz Geduld. Der Winter ist streng und ab März lassen sich sowohl Lebensmittel, als auch Kohle mit viel Gewinn verkaufen. Wieder hat Franz das Problem, dass er viel Bargeld besitzt. Neue Ware zu kaufen ist ungünstig. Er steigt notgedrungen auf Tauschhandel um. In seinem Schuppen verändert sich das Lagermaterial. Aus Lebensmittel werden jetzt Gebrauchsgegenstände. Natürlich nur solche, die ihren Wert behalten, dabei sind Uhren und Schmuck besonders interessant. Was nützt einem ein goldener Ring in der Schatulle, wenn der Magen knurrt. Da ist es ein Leichtes, solche Gegenstände für Lebensmittel einzutauschen.

      Bis zum Frühling müssen sowohl die Kohlen, als auch die Lebensmittel verkauft sein. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass es bei Franz immer etwas zu handeln gibt. Er muss den Käufern nicht nachrennen. Natürlich bleibt nicht verborgen, dass sich in seinem Schuppen die Wertgegenstände anhäufen, auch wenn er bemüht ist, dass die Wertsachen gut versteckt sind. Zur Sicherheit hat er sich einen Schäferhund zugelegt. Der Wilhelm muss sich um den Hund kümmern. Vor dem Kauf hat er sich informiert, dass dieser sehr aggressiv und wachsam ist. Es dauerte einige Zeit, bis er Wilhelm als Chef akzeptierte. Auch Franz gehorcht der Hund inzwischen aufs Wort.

      Nachts ist der Hund beim Schuppen angekettet, die Kette ist lang genug, dass er den Schuppen verteidigen kann. Bereits das Knurren reicht meistens aus, um Diebe abzuschrecken. Jeder der am Garten vorbei geht, wird so angebellt, dass er sofort weiter zieht.

      Das grössere Problem ist, dass im Stadthaus niemand von seinen Schuppen erfährt. Jeder der ihn im Stadthaus fragt, ob er Lebensmittel verkauft, wird mit der Bemerkung: Woher sollte er die haben? abgewiesen. Nur wer ihn zuhause oder auf dem Weg zum Schachklub fragt, hat Aussichten bei ihm etwas zu kaufen. So läuft nun mal der Schwarzmarkt, das weiss inzwischen jeder. Schwarz einkaufen muss gelernt sein.

      «Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Millionäre werde», konstatiert Franz, als ihm der Stadtpräsident den Wochenlohn aushändigt, «jetzt verdiene ich bereits in einer Woche fast zwei Millionen.»

      «Ja aber du musst es gleich ausgeben, sonst hat es Ende Woche nur noch die Hälfte Wert.»

      «Daran gewöhnt man sich», meint Franz, er lässt sich nicht anmerken, wie ihm das Steigen der Preise gefällt, «ich bin gespannt, wann die erste Milliardennote herausgegeben wird. Man braucht bereits eine Tasche um zum Einkaufen zu gehen, nicht wegen dem Einkauf, nur damit man genug Geld dabei hat.»

      «Irgendwie müssen wir das wieder stoppen», sinniert der Stadtpräsident, «so kann es nicht weiter gehen.»

      «Wieso? -hast du von deinen Parteifreunden irgendwelche Informationen?», fragt Franz nach, «ist da etwas im Busch?»

      «Offiziell nicht», wehrt der Stadtpräsident ab, «aber so kann es nicht weitergehen.»

      Franz spitzt die Ohren, er muss vorsichtiger werden. Nun, egal was passiert, wer die Waren hat, ist besser daran, als die mit einer Schubkarre voll Banknoten. Jetzt muss er aufpassen, auf jeden Fall muss er anfangen die Schulden zu begleichen. Vielleicht läuft es bald in die andere Richtung.

      Mit der vollen Lohntasche geht er bei Arbeitsschluss zur Bank. Mit einem Wochenlohn kann er die erste Hälfte seiner Schulden bezahlen. Da er den Bankbeamten gut kennt, vereinbart er, dass der Schuldbrief so getilgt wird, als ob es ihn nie gegeben hat. Für den Bankbeamten kein Problem, es spart ihm eine Menge Schreibkram. Der Kredit verschwindet einfach aus den Büchern, das merkt keiner, die Abrechnung stimmt trotzdem.

      Die nächste Woche kann die Familie von den Lebensmitteln im Schuppen Leben, da ist noch genug da. Eine Woche später sind die Schulden ganz getilgt, das Haus gehört jetzt ihm. Er lacht sich ins Fäusten, vor drei Jahren, als er das Haus gekauft hatte, musste er hunderttausend Mark aufnehmen, mühsam stotterte er jede Woche etwas ab, doch dann kam seine Chance, er investierte alles Geld in Waren, jetzt hat er ausgesorgt. Im Schuppen lagern viele Uhren und Schmuck, dazu Nähmaschinen und sogar drei Motorräder, die kommen jetzt in Mode.

      Als Franz drei Wochen später im Stadthaus zur Arbeit erscheint, ruft ihn der Stadtpräsident zu sich ins Büro.

      «Es ist etwas am Laufen», erklärt er mit wichtiger Mine, «ich denke der Mark geht es an den Kragen, die wollen in Weimar eine neue Währung einführen, jedenfalls vermutet das unser Parteipräsiden.»

      «Was würde das für uns bedeuten?»

      «Wenn ich das wüsste, vermutlich kannst du dann die Markschein zum einheizen brauchen.»

      «Und von was sollen wir dann Leben»?

      «Von der Hand in den Mund, da ändert sich nicht viel, du musst ja jetzt auch dein Wochenlohn sofort in Ware umtauschen, sonst hat er nichts mehr Wert. Ich denke, die Ersparnisse kannst du vergessen, dafür kriegst du keine neuen Markscheine.»

      «Das ist ja eine Katastrophe», jammert Wolf, «alles futsch.»

      Dass er gar keine Ersparnisse mehr auf der Bank hat, braucht der Stadtpräsident ja nicht zu wissen. Das Vermögen von Franz ist sicher in seinem Schuppen verwahrt, da soll das neue Geld nur kommen, er hat genug Waren um zu tauschen.

      Im Verlauf des Nachmittags tickern die ersten Informationen über den Telegrafen ein. Es wird eine Rentenbank ins Leben gerufen. Was das soll bleibt ein Rätsel, aber der Stadtpräsident hält es für eine wichtige Neuerung.

      Am nächsten Morgen kann man es im Wormser Tagblatt lesen. Die Rentenbank beschlagnahmt den Boden von Deutschland, dieser soll als Sicherheit für die Währung dienen. Eine komplizierte Sache. Noch blickt niemand durch. Alle laufenden Hypotheken werden neu berechnet und der Zins muss an die Rentenbank bezahlt werden.

      Von was und in welcher Währung dieser Zins bezahlt werden muss, ist noch offen. Die ersten Zahlungen werden erst in einem halben Jahr fällig. Im Schachklub vermutet man, dass bis dann eine neue Währung eingeführt ist. Aber noch weiss man nichts Genaueres.

      «Witwe Kunz hat

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