Der Politiker. Geri Schnell
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«Das finde ich sehr nett», stellt Franz fest, «da solltest du einen Apfelkuchen oder besser zwei mitbringen. Die meisten Kinder bekommen sehr wenig zu essen. Das hat mir Wilhelm am letzten Sonntag erzählt. Die meisten haben kriegsversehrte Väter zuhause, die kaum Arbeit finden.»
«Das finde ich ein guter Vorschlag», antwortet Rosa, «ich habe auch daran gedacht, war mir aber nicht sicher, ob ich an deine Äpfel darf.»
«Aber Rosa, bin ich denn ein solcher Geizkragen?»
«Manchmal schon», stellt Rosa fest, «aber das müssen Steuerbeamte wohl sein.»
«Ja, es sind harte Zeiten, da muss man sein Geld zusammenhalten, aber ein Apfelkuchen liegt drin, meinetwegen zwei.»
Am Freitagabend trifft sich eine bunte Gesellschaft im Schulhaus. Witwe Kunz kann einige Bänke und einen langen Tisch organisieren. So müssen sich die Erwachsenen nicht in die engen Schulbänke zwängen. Mit den Kindern hat sie den Tisch schön dekoriert. Als Tischdecken haben die Kinder Zeichnungen gemalt.
Der Anlass wird mit drei Lieder der Kinder eröffnet. Dann begrüsst Witwe Kunz die Eltern mit einer kurzen Ansprache.
Anschliessend stellen sich die Eltern kurz vor. Die kleine Feier kann beginnen. Witwe Kunz serviert den Kindern frische Milch. Für die Eltern entkorkt sie ein Flasche französischen Wein.
Wenn die wüssten, wie sie diese verdient hat, die Spiesser würden sich wundern und vor Entsetzen die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, denken sie für sich.
Franz Wolf mit seiner Rosa sitzt neben den Uhrenmacher Goldberg, welcher zur Feier des Tages eine Flasche Schnaps auf den Tisch stellt. Witwe Kunz spielt die entrüstete. Schnaps, den sollen die Männer trinken. Zudem wird man sich einig, dass der Schnaps erst nach dem Kuchen eingeschenkt wird.
Die anfänglich etwas steife Atmosphäre wird, nachdem man mit dem Wein angestossen hatte und sich darauf geeinigt hatte, dass man sich mit den Vornamen anredet, etwas lockerer.
Dass Franz sich neben Josef setzte, ist kein Zufall. Josef könnte beim verkaufen der Uhren noch nützlich sein. Noch erwähnt er seine Uhren nicht. Das hat Zeit, sowas muss man im privaten Rahmen besprechen. Für heute reicht es, wenn man sich besser kennenlernt.
Witwe Kunz, Entschuldigung, natürlich Maria ist mit Rosa in ein Fachgespräch über Apfelkuchen und andere Kunstwerke, welche Rosa in ihrer Küche herzaubert, beschäftigt. Maria hört gespannt zu, denn ehrlich gesagt, ist sie nicht die beste Köchin. Für sich kocht sie nur einfache Mahlzeiten.
Die Stimmung wird immer lockerer. Hungrig muss niemand vom Tisch. Jetzt öffnet Josef die Schnapsflasche und schenkt ein. Die Proteste von Maria nutzen nichts, sie bekommt ebenfalls ein Glas und Josef achtet darauf, dass es auch gut gefüllt ist.
Während die Schüler zur Auflockerung noch ein Lied anstimmen, schunkeln die Erwachsenen dazu. Rosa fordert Josef auf, sich zwischen sie und Maria zu setzen. Ein kleiner Schauer durchläuft Maria, als Josef sie um die Hüfte anfasst. Jetzt ist diese Berührung, welche vor einem Jahr noch nicht zustande kam, doch noch Tatsache geworden. Noch fasst sie Josef eher zaghaft an, während Maria auf jedes Zeichen achtet. Natürlich ist Josef nervös und sehr scheu, doch je länger das Lied dauert, umso lockerer wird seine Umarmung.
Nun ist das Lied zu Ende, die anderen Gäste haben längst ihre Hände wieder auf den Tisch. Josefs Hand liegt immer noch um die Hüfte von Maria. Er tut einfach so, als ob er auf das nächste Lied wartet. Nur das kommt nicht, denn die Kinder schicken sich an, den Anlass zu beenden und beginnen mit wegräumen.
Die Hand von Josef, welche immer noch um ihre Hüfte gelegt ist, versetzt sie innerlich in heftige Aufregung. Sie wagt sich kaum zu bewegen, weil sie befürchtet, dass eine Bewegung von Josef falsch interpretiert werden könnte. Schliesslich nimmt sie allen Mut zusammen und streicht sanft über seine Hand. Nach ein paar Sekunden drückt sie sie leicht und signalisiert damit, dass es ihr gefällt.
Inmitten der beginnenden Aufräumarbeiten, sitzen die beiden immer noch da und geniessen den Augenblicke. Als es Maria auffällt, drückt sie nochmals fest die Hand von Josef und steht auf, um sich an den Aufräumarbeiten zu beteiligen. Etwas verwirrt hilft nun auch Josef und trägt den Abfall nach draussen.
Witwe Kunz steht jetzt an der Schulzimmertüre und verabschiedet die ersten Gäste. Den Kindern wünscht sie schöne Ferien und einen guten Start beim neuen Lehrer. Bei den Eltern bedankt sie sich und wünscht ihnen alles Gute. Joshua und Josef sind ganz am Schluss noch da und Josef verabschiedet sich mit einem festen Händedruck und einem tiefen Blick in Marias Augen.
«Haben Sie», er korrigiert sofort, «hast du Lust, einmal mit mir ins Kino zu gehen?»
Im letzten Moment kann er mit der Frage noch die Situation retten, mit leicht zitternden Knien wartet er auf die Antwort von Maria.
«Gern», flüstert sie, «ich melde mich bei dir, wenn ein Film läuft, der mich interessiert. Ich schaue dann mal in deinem Laden vorbei, ich weiss wo der liegt.»
«Bis später, ich freue mich», mehr bringt er nicht zustande. Er hat das Gefühl, dass ihn alle beobachten und das ist ihm peinlich.
Es dauert eine Woche bis sich Maria auf den Weg zum Uhrengeschäft von Josef macht. Als sie in das Geschäft tritt, bedient Josef noch einen Kunden. Sie muss warten und schaut sich im Laden um. Es sind wirklich schöne Uhren die in der Auslage liegen.
«Ach du bist es!», meint Josef, als er endlich den anderen Kunden loswird, «entschuldige, dass du warten musstest.»
«Ich will nicht lange stören», meint sie und tritt nervös von einem Fuss auf den andern, «im Kino bringen sie Der Glöckner von Notre-Dame, ich hätte den gern gesehen.»
«Wann hast du Zeit?»
«Wie wäre es mit heute Abend?»
«Ja gut, ich muss nur meiner Schwester Bescheid sagen, dass sie auf Joshua aufpasst.»
«Um acht Uhr im Restaurant Vorstadt, ist das für dich in Ordnung?»
«Ich freue mich, um acht Uhr, ich werde dort sein.»
Es reicht noch zu einem zarten Händedruck, dann betritt der nächsten Kunden den Laden und Maria tritt auf die Strasse. Es ist überstanden, das erste Mal seit Jahren, dass sie mit einem Mann verabredet ist. Sie hat noch Schulferien und den ganzen Nachmittag für sich. Sie schlendert durch Worms, etwas das sie schon lange nicht mehr gemacht hat. Beim Schneider lässt sie sich ein neues Kleid zeigen. Eigentlich kann sie es sich nicht leisten, sie wird es vom Essen absparen müssen, aber es steht ihr gut und passt wie massgeschneidert.
Als sie um zwei Minuten vor acht das Restaurant Vorstadt betritt, sitzt Josef an einem Tisch, von dem er gute Sicht auf den Eingang hat.
Mit einem strahlenden Lächeln winkt er ihr zu.
«Die Tickets habe ich schon, der Film fängt in einer halben Stunde an.»
Sie setzt sich zu Josef. Das erste Mal können sie ungestört miteinander reden. Die anderen Gäste in der Vorstadt kennen sie nicht und die interessieren sich nur für Fussball. Maria erzählt, dass sie mit einer Freundin zusammen, in einer kleinen Wohnung am Stadtrand wohnt.
Josef