Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen. Johann Wolfgang von Goethe
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Читать онлайн книгу Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen - Johann Wolfgang von Goethe страница 72
Sieht die Schwester herankommen.
O, die Schwester! Welch ein Segen!
Ja, die Gute kommt herbei.
Indem sie gegeneinander die Arme ausstrecken, sehen sie sich so weit entfernt, daß sie sich nicht berühren können.
LIEBE.
Gott! ich kann dich nicht erreichen,
Ach, von dir steh' ich gebannt!
Indem sie an ihren vorigen Platz eilig zurückkehrt.
GLAUBE.
Gibt's ein Elend solchesgleichen!
Die noch gezögert und sich hin und wieder umgesehen hat, stürmt auch nach ihrer Seite.
Nein! die Welt hat's nicht gekannt.
Beide werfen sich an ihrer Stelle nieder.
Zweiter Auftritt
HOFFNUNG welche indessen oben erschienen und heruntergetreten ist.
Ich höre jammern, höre klagen –
In Banden meine Schwestern? Wie,
O wie sie ringen, wie sie zagen!
Vernehmt mein Wort, es fehlet nie.
Ihr zeigt mir freilich eure Ketten,
Getrauet nicht, mich anzuschaun;
Doch bin ich, hoff' euch zu erretten –
Erhebt euch, kommt, mir zu vertraun!
Dritter Auftritt
GENIEN herbeieilend.
Immer sind wir noch im Lande,
Hier und dort mit raschem Lauf.
Sie nehmen die Ketten ab, zugleich mit dem Schmuck.
Erstlich lösen wir die Bande –
Richte du sie wieder auf!
Denn uns Genien gegeben
Ward gewiß ein schönes Teil;
Euer eigenes Bestreben
Wirke nun das eigne Heil.
Sie entfernen sich.
HOFFNUNG zu den wegeilenden Genien.
Nehmt Gotteslohn, ihr süßen Brüder!
Sie hebt erst den Glauben auf und bringt ihn gegen die Mitte.
Und steht nur erst der Glaube fest,
So hebt sich auch die Liebe wieder.
LIEBE die von selbst aufspringt und auf die Hoffnung loseilt.
Ja, ich bin's, und neugeboren
Werf' ich mich an deine Brust.
GLAUBE.
Völlig hatt' ich mich verloren,
Wieder find' ich mich mit Lust.
HOFFNUNG.
Ja, wer sich mit mir verschworen,
Ist sich alles Glücks bewußt.
Denn wie ich bin, so bin ich auch beständig,
Nie der Verzweiflung geb' ich mich dahin;
Ich mildre Schmerz, das höchste Glück vollend' ich;
Weiblich gestaltet, bin ich männlich kühn.
Das Leben selbst ist nur durch mich lebendig,
Ja übers Grab kann ich's hinüberziehn,
Und wenn sie mich sogar als Asche sammeln,
So müssen sie noch meinen Namen stammeln.
Und nun vernehmt! – Wie einst in Grabeshöhlen
Ein frommes Volk geheim sich flüchtete
Und allen Drang der himmlisch reinen Seelen
Nach oben voll Vertrauen richtete,
Nicht unterließ, auf höchsten Schutz zu zählen,
Und auszudauern sich verpflichtete:
So hat die Tugend still ein Reich gegründet
Und sich, zu Schutz und Trutz, geheim verbündet.
Im Tiefsten hohl, das Erdreich untergraben,
Auf welchem jene schrecklichen Gewalten
Nun offenbar ihr wildes Wesen haben
In majestätisch häßlichen Gestalten
Und mit den holden überreifen Gaben
Der Oberfläche nach Belieben schalten
Doch wird der Boden gleich zusammenstürzen
Und jenes Reich des Übermuts verkürzen.
Von Osten rollt, Lauinen gleich, herüber
Der Schnee- und Eisball, wälzt sich groß und größer,
Er schmilzt, und nah und näher stürzt vorüber
Das alles überschwemmende Gewässer:
So strömt's nach Westen, dann zum Süd hinüber
Die Welt sieht sich zerstört – und fühlt sich besser:
Vom Ozean, vom Belt her kommt uns Rettung;
So wirkt das All in glücklicher Verkettung.
Vierter Auftritt
GENIEN den drei Schwestern Kronen darreichend.
Und so bestärkt euch, Königinnen!
Ihr seid es, obschon jetzt gebeugt.
Ihr müßt noch alles Glück gewinnen:
Vom Himmel seid ihr uns gezeugt;
Zum Himmel werdet ihr euch heben
Die