Gottes Wege erkennen. Zac Poonen
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Leute fragen mich: „Bruder Zac, warum drängst du Leute nicht, nach Nordindien zu gehen?“ Ich antworte: „Jesus lehrte nur das, was er zuerst tat“ (Apostelgeschichte 1,1). Ich habe nicht in Nordindien gelebt. Daher kann ich nicht zu anderen sagen, dass sie es tun sollten. Ich sage nicht, dass man es nicht tun sollte. Ich sage bloß, dass ich nicht predigen kann, was ich nicht selber getan habe.
Aber schließlich bin ich nicht der ganze Leib Christi. Ich bin nur ein Teil davon. Ich bin ein unausgewogenes Glied des Leibes Christi. Ich werde immer unausgewogen sein. Der einzige ausgewogene Mensch, der jemals auf Erden lebte, war Jesus Christus. Du bist unausgewogen und ich bin unausgewogen. Niemand von uns möge denken, dass er mehr als bloß ein Teil ist. Jeder Teil ist notwendig – der Evangelist, der Lehrer, der Hirte, der Prophet und der Apostel –, damit Menschen zu Gliedern des Leibes Christi gemacht werden und damit der Leib Christi gebaut wird.
Was ist unsere Berufung? Sie besteht darin, jemanden, der noch kein Glied des Leibes Christi ist, zu einem Glied dieses Leibes zu machen. Ist das nicht im Wesentlichen unsere Berufung? Ich meine, wir stimmen alle darin überein.
Da der Heilige Geist das Wort „Leib“ benutzt, möchte ich ein Bild vom menschlichen Leib gebrauchen. Sagen wir dort ist ein Teller mit einer Kartoffel (die einen Ungläubigen darstellt), die zu einem Glied meines Leibes werden muss. Wie geschieht das? Es geschieht zuallererst durch Evangelisation – indem die Hand sich ausstreckt und diese Kartoffel nimmt.
Evangelisation ist stets der erste Dienst bei dieser Aufgabe. Das ist der Grund, warum ich Evangelisation niemals abwerte. Ich schätze diesen Dienst sehr hoch ein – und besonders jene, die mit diesem Dienst in der Hitze und im Staub Nordindiens beschäftigt sind. Ich interessiere mich dafür, ihre Magazine zu lesen – ich erhalte eine Reihe davon nach Hause zugesandt –, um über den Dienst dieser meiner lieben Brüder, die dort arbeiten, zu erfahren. Ich war auch hin und wieder in Nordindien, um einige von ihnen zu treffen.
Hier ist also meine Hand, die die Kartoffel vom Teller nimmt. Die Kartoffel wird niemals zu einem Teil meines Leibes werden, wenn der „Evangelist“ (meine Hand) nicht hinausgeht und „evangelisiert“ (die Kartoffel in meinen Mund steckt).
Aber ist das alles? Wenn ich bloß die Kartoffel in meinem Mund behalte, wird sie dann ein Teil meines Leibes werden? Nein. Nach einer Weile wird sie in meinem Mund verfaulen und ich werde sie ausspeien. Das ist die Art und Weise, wie einige Neubekehrte in einigen unserer Gemeinden verderben! Sie werden aufgenommen, werden dann aber im Mund behalten!
Aber mit dieser Kartoffel muss noch mehr passieren. Sie muss gekaut und von meinen Zähnen zermalmt werden. Die Kartoffel kann sich dann einbilden, dass alles vorbei ist – nein! Die Kartoffel geht hinunter in meinen Magen und trifft dort auf Magensäuren, die unbarmherzig auf sie ausgeschüttet werden. Das ist ein Bild für den prophetischen Dienst in der Gemeinde. Du weißt, dass es nicht angenehm ist, wenn Säure auf uns ausgegossen wird. Der sanfte Dienst, vom Teller aufgehoben zu werden, war so nett. Aber wenn Säure auf uns ausgegossen wird, ist das weit weniger angenehm. Die Kartoffel ist jetzt völlig zerbrochen und sieht nicht mehr wie eine Kartoffel aus. Aber siehe da, nach ein paar Wochen ist sie zu Blut, Fleisch und Knochen geworden – zu einem Teil meines Leibes!
Welche Arbeit ist bei dieser Aufgabe nun die wichtigste? Welchen Dienst hat irgendeiner von uns, den wir nicht empfangen haben? Wenn wir demütig sind, werden wir bekennen, dass wir unausgewogen sind. Die Hand ist nicht wichtiger als der Magen. Sie ergänzen einander. Leider gibt es im Christentum diesen ständigen Konkurrenzkampf zwischen den Gliedern – die Hand baut ihr eigenes Reich, der Magen baut sein eigenes Reich und der Mund baut sein eigenes Reich! Was haben wir dann? Keinen Leib, sondern ein „anatomisches Labor“, mit einem Mund hier, einem Magen dort, einer Hand hier, einem Bein dort. Das ist kein Leib!
Was benötigen wir am meisten? Ja, es ist wahr, wir brauchen Unterweisung. Aber mehr als alles andere brauchen wir Demut. Wir müssen anerkennen, dass wir alle gleich wichtig sind – jedes Glied im Leib Christi. Der große Missionsleiter ist in diesem Dienst nicht wertvoller als der arme Bruder, der kein richtiges Englisch sprechen kann, der aber hinausgeht und Seelen zu Christus bringt. Sie sind alle ein Teil desselben Leibes.
„Komm höher herauf“, sagt der Herr, „und betrachte die Dinge aus meinem Blickwinkel.“ Die Dinge sehen anders aus, wenn man sie aus Gottes Blickwinkel statt aus einem irdischen Blickwinkel betrachtet.
Wie kommt es, dass so viele christliche Arbeiter eine solch hohe Meinung von sich selbst haben? Sei ehrlich. Was sind die Gedanken, die du über dich selbst denkst, wenn du allein bist? Sind es Gedanken von Demut, indem du erkennst, dass du selbst nichts bist?
Es gibt Zeiten, wenn ich draußen sitze und die Sterne betrachte. Ich weiß, dass es Millionen von Sternen gibt, und dass die ganze Erde nur ein winziger Punkt in diesem Universum ist. Ich rufe aus: „O Gott, wie groß bist du! Wie groß ist dieses Universum! Ich bin ein solch kleines Staubkörnchen auf diesem Fleck, den wir Erde nennen. Und hier behaupte ich, dass ich dich repräsentiere und solch große Dinge predige. Bitte hilf mir, eine nüchterne Einschätzung über mich selbst zu haben.“ Ich würde empfehlen, dass ihr das alle zu Gott sagt.
Gott gibt den Demütigen Gnade. Jeder kann Erkenntnis haben. Aber nur die Demütigen können Gnade empfangen. Wir brauchen Gnade viel notwendiger als Erkenntnis.
Ich habe an junge Menschen gedacht, die zum Herrn kommen und die von ihren Familien wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Wenn eine solche Person in eine unserer Gemeinden kommt, was sieht sie? Sieht sie dort den Geist Jesu Christi? Menschen um uns herum haben einen solch falschen Eindruck vom Christentum.
Ich habe schon lange geglaubt, dass man das erste Prinzip von jedem effektiven Dienst – ob es Evangelisation oder sonst etwas ist – in Hebräer 2,17 findet, wo es heißt, dass Jesus „in allem seinen Brüdern gleich wurde“. Ich möchte darüber nachdenken – er wurde IN ALLEM seinen Brüdern gleich.
Wie kann ich anderen dienen? Ich muss ihnen in allem gleich werden. Ich muss mich auf ihre Ebene herablassen.
Wie kommt es, dass ich mit einer winzigen Ameise, die am Boden kriecht, nicht kommunizieren kann? Weil ich zu groß bin. Wenn ich in menschlicher Gestalt zu dieser Ameise gehe, wird sie große Angst haben. Der einzige Weg, wie ich mit einer Ameise kommunizieren kann, besteht darin, zuallererst wie sie zu werden. Der einzige Weg, wie Gott mit uns kommunizieren konnte, war, wie wir zu werden. Wir können das alle verstehen. Aber erinnern wir uns daran, dass auch in unserem Dienst für andere – ob in einer örtlichen Gemeinde oder in einer unerreichten Gegend – das erste Prinzip darin besteht, mit ihnen in allen Dingen gleich zu sein, „dort zu sitzen, wo sie sitzen“, wie Hesekiel sagte (Hesekiel 3,15).
Das bedeutet z. B. dass wir uns in keiner Weise über andere erhöhen wollen. Das ist der Grund, warum Jesus seinen Jüngern sagte, dass sie nie die Titel „Rabbi“, „Vater“ oder irgendeinen anderen Titel tragen sollten. Weil dich ein Titel über die Menschen, denen du dienst, erhöhen wird. Du wirst sie mit deiner Größe einschüchtern, statt Einer wie sie zu sein.
Trotz einer solchen Warnung haben wir im heutigen Christentum eine Menge von Menschen mit Titeln.
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