Franz Kugler: König Friedrich II von Preußen – Lebensgeschichte des "Alten Fritz". Franz Kugler

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Franz Kugler: König Friedrich II von Preußen – Lebensgeschichte des

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des „Antimacchiavell“ bekannte, Widerlegung des Buches „der Fürst“, welches der berühmte florentinische Geschichtschreiber Nicolo Macchiavelli im Anfange des sechszehnten Jahrhunderts verfasst hatte. Das Buch vom Fürsten, ein Meisterwerk, wenn man die Verhältnisse, für die es ausschließlich bestimmt war und in die es wirksam eingreifen sollte, ins Auge fasst, enthält die Anweisungen, wie eine Alleinherrschaft im Staate – im florentinischen Staate jener Zeit – zu erreichen und zu behaupten sei. Friedrich fasste dasselbe allgemein, als eine Lehre des Despotismus auf; er betrachtete Macchiavelli, der den Fürsten eine solche Lehre hinstellte, geradezu als ihren frevelhaftesten Ratgeber, ja als einen Verleumder ihrer erhabenen Pflicht. Mit begeistertem Unwillen wies er es nach, indem er den Bemerkungen des Florentiners Schritt für Schritt folgte, wie nicht despotische und verbrecherische Handlungen, sondern nur Tugend, nur Gerechtigkeit und Güte die Richtschnur der Fürsten sein dürfe, wie nur sie ihnen ein dauerndes Glück auf dem Throne versprechen könne. Seine ganze Darstellung knüpft sich an denselben Grundsatz, mit welchem er die vorerwähnte Abhandlung geschlossen hatte, dass der Fürst nicht als der uneingeschränkte Herr der Völker, die er beherrsche, dass er vielmehr nur als ihr erster Diener zu betrachten sei. Eine unbefangene, historisch wissenschaftliche Würdigung des Werkes, welches er bekämpfte, tritt also dem Leser nicht entgegen, im Einzelnen so wenig, als im Ganzen; aber als das ausführliche Glaubensbekenntnis, welches der Erbe einer mächtigen Krone ablegte, und zwar zu einer Zeit, in welcher die Übernahme seines Erbes nach menschlicher Berechnung schon nahe bevorstand, ist es ein höchst denkwürdiges Buch. Auch erweckte es ein allseitiges Interesse, als es, zwar ohne Friedrichs Namen, in Holland öffentlich erschien, wo Friedrich dasselbe unter Volatiles Augen hatte drucken lassen. Der Verfasser wurde bald genug bekannt, und alle Welt war begierig sich zu überzeugen, inwiefern seine Tat mit seinem Worte, übereinstimmen werde. Denn schon trug er die Krone.

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      Zwölftes Kapitel – Der Tod des Vaters

       Zwölftes Kapitel – Der Tod des Vaters

Grafik 152

      Friedrich Wilhelm II.

      Die schönen Tage in Rheinsberg waren indes keineswegs ohne mancherlei Störung hingeflossen. Die Dienstgeschäfte in Ruppin, Besuche am Hofe des Vaters in Berlin, Reisen in entlegenere Provinzen des Reiches führten Friedrich nur zu häufig auf längere oder kürzere Zeit fort; aber alle diese Unterbrechungen dienten nur dazu, den Genuss, welchen Geselligkeit, Wissenschaft und Künste darboten, um so lebhafter und inniger empfinden zu lassen.

      Vor allem war Friedrich bemüht, durch genaueste Erfüllung seiner militärischen und anderweitigen Obliegenheiten die Gunst des Königs rege zu erhalten. Er sorgte dafür, dass sein Regiment bei den jährlichen Heerschauen und Musterungen sich stets als eines der schönsten und geübtesten auszeichnete; und er hatte die Genugtuung, dass der König ihm vor der versammelten Generalität seine Zufriedenheit bezeugte. Auch war ein solcher militärischer Eifer das beste Mittel, um diese und jene Äußerung des Missvergnügens, das dem Könige noch immer von Zeit zu Zeit gegen Friedrichs geselliges und wissenschaftliches Treiben auftauchte, unwirksam zu machen. Ebenso wandte Friedrich alle Mittel an, um Rekruten von ausgezeichneter Größe und Schönheit an allen Enden der Welt für das Regiment, welches der König selbst führte, anwerben zu lassen. Auch suchte er durch allerlei kleine Geschenke, welche der Garten und die Ställe von Rheinsberg in die Küche des Königs lieferten, Zeugnisse seiner Aufmerksamkeit zu geben. Alles das war ihm durch die Regeln der Klugheit geboten; zugleich aber war es viel mehr; denn sein Gefühl gegen den Vater hatte sich durch die Anerkennung seiner unleugbaren Verdienste um das Land schon lange zu einer innigen Hochachtung gesteigert.

      Auch ging in dem Charakter Friedrich Wilhelms selbst in den letzten Jahren seines Lebens eine merkliche Veränderung vor. So berichtete Friedrich u. a. selbst, im Dezember 1738, an einen Freund, der König habe von den Wissenschaften als etwas Löblichem gesprochen.

      „Ich bin entzückt“, so fährt er fort, „und außer mir vor Freude gewesen über das, was ich gesehen und gehört habe. Alles Löbliche, was ich sehe, gibt mir eine innere Freude, die ich kaum verbergen kann. Ich fühle die Gesinnungen der kindlichen Liebe in mir sich verdoppeln, wenn ich so vernünftige, so wahre Ansichten in dem Urheber meiner Tage bemerke.“ – Ein Jahr später konnte er einem anderen Freunde von einer noch ungleich bedeutenderen Umwandlung im Charakter des Vaters, auf die gewiss die überlegene Geisteskraft des Sohnes nicht ohne Einfluss gewesen war, Nachricht geben. „Die Neuigkeiten des Tages“, so schreibt er, „sind, dass der König drei Stunden lang täglich Wolffs Philosophie liest, worüber Gott gelobt sei! So sind wir endlich zum Triumphe der Vernunft gelangt.“ Es war Wolffs Werk von der natürlichen Theologie, welches der König damals in einem Auszuge las. Auch war Friedrich Wilhelm in dieser letzten Zeit seines Lebens eifrig bemüht, seinen früheren Fehler wieder gut zu machen und den verbannten Philosophen wieder für sein Reich zurückzugewinnen. Dies gelang aber erst seinem Nachfolger.

      Im höchsten Ehrfurcht gegen die landesväterlichen Tugenden seines Vaters aber wurde Friedrich hingerissen, als er diesen im Sommer 1739 auf einer Reise nach Preußen begleitete und hier den Segen wahrnahm, den der König über eine gänzlich verödete Provinz, dieselbe, in die er jene vertriebenen Salzburger aufgenommen, verbreitet hatte. Seine Gefühle werden auch hier aufs Schönste durch seine eigenen Worte bezeugt. „Hier sind wir“, so schreibt er aus Litauen an Voltaire, „in dem Lande angekommen, das ich als das Non plus ultra der zivilisierten Welt ansehe. Es ist eine nur wenig gekannte Provinz von Europa, die als eine neue Schöpfung des Königs, meines Vaters, angesehen werden kann. Litauen war durch die Pest verheert, zwölf bis fünfzehn bevölkerte Städte und vier- bis fünfhundert unbewohnte Dörfer waren das traurige Schauspiel, das sich hier darbot. Der König hat keine Kosten gespart, um seine heilsamen Absichten auszuführen. Er baute auf, traf treffliche Einrichtungen, ließ einige tausend Familien von allen Seiten Europas kommen. Die Äcker wurden urbar gemacht, das Land bevölkert, der Handel blühend, und jetzt herrscht mehr als je Überfluss in einer Provinz, die eine der fruchtbarsten in Deutschland ist. Und alles, was ich Ihnen sage, ist allein das Werk des Königs, der es nicht blos anordnete, sondern selbst die Hauptperson bei der Ausführung war, der die Pläne entwarf und sie selbst vollzog, der weder Mühe und Sorge, noch ungeheure Schätze, nicht Versprechungen und Belohnungen sparte, um einer halben Million denkender Wesen Glück und Leben zuzusichern, die ihr Wohl und ihre gute Verfassung ihm allein verdanken. Ich finde in dieser großmütigen Arbeit, durch welche der König eine Wüste bewohnt, fruchtbar und glücklich gemacht hat, ich weiß selbst nicht, etwas Heroisches, und ich ahne, dass Sie meine Gesinnung darüber teilen werden.“

      Noch ein besonderes und ganz überraschendes Zeichen der väterlichen Gnade brachte dem Kronprinzen diese preußische Reise, als ihm der König seine reichen preußischen Stutereien, die ein jährliches Einkommen von zehn- bis zwölftausend Talern brachten, schenkte. Der Kronprinz hatte hiervon umso weniger eine Ahnung gehabt, als der König einige Zeit zuvor aufs Neue gegen ihn eingenommen gewesen war und seine Gesinnung mehrfach nicht ganz glimpflich ausgedrückt hatte; nun ward er von diesem Beweise der unerwartet zurückgekehrten und vergrößerten Zärtlichkeit so gerührt, dass er in der ersten Überraschung vergeblich nach dem Worte des Dankes suchte. Zugleich aber war dies Geschenk für seine ökonomischen Umstände von großer Wichtigkeit, denn immer noch reichte sein gewöhnliches Einkommen für seine Bedürfnisse bei weitem nicht aus, und er sah sich fort und fort genötigt, bedeutende Summen im Auslande aufzunehmen. Auch diesem Übelstande war also für eine längere Lebensdauer des Königs abgeholfen.

      Doch stand das Ende des Königs schon nahe bevor; aber aller ernstliche Zwiespalt zwischen Vater und Sohn war nun ausgeglichen und eine immer mehr erhöhte gegenseitige Anerkennung an dessen Stelle getreten. Friedrich Wilhelm konnte das Schicksal seiner Untertanen vertrauensvoll in die Hände seines Sohnes übergeben. In Preußen war sein altes Übel mit erneuter Kraft ausgebrochen, und eine gefahrvolle

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