Die Fugger. Walter Brendel

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den Übergang zum industriellen Zeitalter wohl schon vorausgeahnt.

      Praktisch zeitgleich mit dem Niedergang der Fugger entwickelte sich der Amerika und Ostindienhandel zu strahlender Blüte. Im Handelsverkehr zwischen Spanien, das hieß: Sevilla, und Amerika vervierfachte sich zwischen 1506 und 1550 die Zahl der Schiffe auf 874. Die Transporte versechsfachten sich auf 95500 Tonnen. Zwischen 1503 und 1560 wurden aus den spanischen Kolonien 100 Tonnen Gold und 574 Tonnen Silber ins Mutterland exportiert.

      Das Handelsinteresse verlagerte sich von regionalen Zentren zu weltweiten Warenströmen: Das Rad – und das Rind – kamen nach Amerika, Kartoffel und Mais nach Europa. Wünsche wurden geweckt, auch wenn viele kleine Leute nicht mithalten konnten: Die Entwicklung der Binnenmärkte hielt nicht Schritt mit der Internationalisierung des Handels.

      Die große Zeit des freien Handels und der wagemutigen Kaufherren ging fürs Erste zu Ende. Für mehrere Jahrhunderte übernahm der Staat – in Gestalt seiner Könige und Fürsten – immer stärker die Unternehmerrolle. Die „Merkantilisten“ in den Kabinetten regulierten den Außenhandel und betätigten sich auf dem Binnenmarkt als Wirtschaftsförderer, die Manufakturen oder Werften errichteten.

      Die geistig-kulturelle Tradition des ersten Handelsbündnisses überdauerte freilich auch diese Epoche, die schließlich im anti-europäischen Extrem der volkstümelnden Nationalstaaten mündete. Der Lübecker Thomas Mann sah in dem „patrizischstädtisch-bürgerlichen“ Erbe seiner Heimatstadt etwas, das „in gewissem Sinne stets mittelalterlich“ war, aber zugleich „humane Weltbürgerlichkeit“.

      Zusammenfassung

      1406 Anfänge einer Warenbörse in Brügge vor dem Haus des Kaufmanns van der Beurze (daher Börse) 1448 Portugiesen errichten die erste europäische Handelsniederlassung in Afrika

      1490 Kaiser Maximilian I. bestellt Franz von Taxis zum obersten Postmeister

      1494 Die Fugger machen in diesem Jahr einen Gewinn von 54 000 Gulden, das entspricht 140 Kilo Gold

      1514 Die Fugger sichern sich die Aufsicht über den Ablasshandel in Deutschland

      1518 Aus China kommt Porzellan nach Europa

      1520 Im Tiroler Erzbergbau sind etwa 50 000 Menschen beschäftigt

      1527 Das Augsburger Handelshaus der Welser erlangt das Privileg zur Kolonisation Venezuelas

      1545 Portugiesische Kaufleute erstmals in Japan

      1546 Das Handlungskapital der Fugger beträgt fünf Millionen Gulden; damit sind sie das kapitalkräftigste Bankhaus ihrer Zeit

      1556 Der Diplomat Jean Nicot bringt den Tabak nach Frankreich (daher Nikotin)

      1585 Gründung der Frankfurter Börse

      1598 Im Konflikt der Hanse mit England wird in London das Kontor Stalhof geschlossen

      1600 Mit der Gründung der Ostindienkompanie beginnt die englische Handelsexpansion in Übersee.

      Im vierzehnten Jahrhundert zog es viele Menschen unter dem Motto „Stadtluft macht frei“ in die Städte. Warum ausgerechnet dieses Motto? Der Ausspruch „Stadtluft macht frei nach Jahr und Tag“ umschreibt einen Rechtsgrundsatz im Mittelalter.

      Aus Siedlungen rund um Burgen und Klöster, die etwa ab dem 11. Jahrhundert von freigekauften Leibeigenen und anderen Angehörigen des 3. Standes gegründet wurden, entstanden neben den alten römischen oder auch germanischen Gründungen weitere Städte. Dabei setzten sich immer mehr Leibeigene in die Städte ab, wo sie für ihre Grundherren zumeist unauffindbar waren. So wurde es Rechtsbrauch, dass ein in einer Stadt wohnender Unfreier nach Jahr und Tag nicht mehr von seinem Dienstherrn zurückgefordert werden konnte und somit ein Insasse (auch Stadtbewohner) wurde. Diese Regelung wurde freilich durch das Statutum in favorem principum (1231/32) zugunsten der Fürsten aufgegeben.

      Die Stammtafel des Hauses Fugger von der Lilie beginnt mit Maria Fugger-Meissner aus Kirchheim, die mit ihrem Mann Hans Fugger zu Graben an der Straße auf dem Lechfeld lebte. Sie war die Mutter des Webers Hans Fugger, der 1367 nach Augsburg zog, wohl wissend, dass in der Reichsstadt tüchtigen Handwerkern guter Verdienst winkte. Das Bürgerrecht und die Handwerkgerechtigkeit konnten damals auf zweierlei Art erworben werden: entweder durch Heirat mit einer Tochter oder Witwe eines Webmeisters oder durch den Kauf des Bürgerrechts.

      Hans Fugger zog also von Graben nach Augsburg. Er hatte offenbar erkannt, dass er als Landweber auf dem Dorf keine allzu großen Zukunftschancen besaß. Die Landweber waren voll kommen abhängig von den Kaufleuten aus der Stadt, welche ihnen die Rohware brachten und die fertigen Stoffe wieder mitnahmen. Landweber wurden schlecht entlohnt - pro Tag verdienten sie etwa zehn Kreuzer. Da, machte einen Gulden in der Woche und fünfzig Gulden im Jahr - vorausgesetzt, es war immer genug Arbeit da. Die Weber in der Stadt verdienten mehr, und das war einer der Gründe, weshalb die Augsburger Verlagsherren, wie man die entsprechenden Kaufleute nannte, lieber die bescheideneren Dörfler beschäftigten. Gewoben wurde auf einfachen Webstühlen, und zwar vornehmlich der Barchent, ein fester, auf einer Seite angerauhter Stoff aus Baumwolle und Flachs. Er wurde zu den groben Kleidern der Bauern und Bürger verarbeitet, wohlhabende Kaufleute und der Adel dagegen bevorzugten Seidenstoffe und Damast. Hans Fugger hatte es jedoch nicht leicht, denn es gab schon viele Weber in Augsburg.

      Hans Fugger allerdings hatte vorgesorgt. Er durfte sich noch im Jahr seiner Ankunft als selbständiger Weber in Augsburg niederlassen. Vermutlich hatte schon der Vater Beziehungen zu Augsburger Webern angeknüpft, die dem Sohn eine Aufenthaltsgenehmigung verschafften. Dass Hans I. nicht als Habenichts ankam, dokumentiert ein Eintrag aus dem Jahr 1367 in den Steuerbüchern der Stadt, aus dem hervorgeht, dass er Vermögen besaß. Wie hoch dieses war, ist unbekannt. Seine erste Steuerzahlung jedenfalls lautete über 44 Pfennige.

      Nach etwa drei Jahren, um 1370, hatte er es geschafft. Der Weber Hans Fugger verheiratete sich 1367 mit Clara Widolf, der Tochter des Zunftmeisters der Weber, Oswald Widolf. Die Dame war, wenngleich mit bescheidenen äußeren Vorzügen ausgestattet, so doch eine glänzende Partie. Hans wurde am Tag der Eheschließung Bürger Augsburgs, Mitglied der Weberzunft und außerdem Empfänger einer ansehnlichen Mitgift. Die erste Behausung der Fugger in Augsburg war bescheiden. Hans und Clara wohnten bei den Schwiegereltern hinter dem Stift Heiligkreuz in der Frauenvorstadt, einer Gegend, in der 70 bis 80% der Weber in Häusern mit sechs und mehr Familien wohnten. Die hygienischen Verhältnisse waren schlecht, die Wohnverhältnisse bedrückend, aber immer noch besser als in der Jakobervorstadt oder im Lechviertel. Es ist nicht bekannt, wie die Weberhäuser innen aussahen bzw. wie viele Zimmer als Wohn- und Arbeitsräume zur Verfügung standen. Anhand der Steuerlisten der Stadt Augsburg konnte errechnet werden, dass die Wohnverhältnisse der Weber weit ungünstiger waren als die der nicht weberischen Bevölkerung.

      Dass die Partnerwahl jenes ersten Fuggers nicht oder zumindest nicht ausschließlich von zarten Gefühlen bestimmt war, bewies er zwölf Jahre später. Nach Clara Widolfs frühem Tod entschloss sich Hans Fugger 1382 zu einer Wiederverheiratung mit Elisabeth Gfattermann, der Tochter eines reichen Ratsherrn und bedeutenden Mitglieds der Weberzunft. Durch seine Ehe mit Elisabeth Gfattermann, einer ebenso klugen wie energischen Frau, schaffte er den Aufstieg in den »Zwölferausschuss« der Weber. Fugger war damit einer der führenden Zunftmeister. Über den Tod seiner ersten Frau ist nichts bekannt geworden. Höchstwahrscheinlich war sie erheblich älter als ihr Mann, schon zum Zeitpunkt der Eheschließung ein »spätes Mädchen« also, deren Eltern vermutlich froh waren, sie unter die Haube gebracht zu haben.

      Nach

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