Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse, 2. Band. Walter Brendel

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Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse, 2. Band - Walter Brendel

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im westfälischen Marl festgenommen. In der ersten Vernehmung schon gibt er die tödlichen Schüsse auf das Postenpaar zu, behauptet aber seinerseits beschossen worden zu sein, also in Notwehr gehandelt zu haben. Die Staatsanwaltschaft eröffnet ein Ermittlungsverfahren wegen Totschlages in zwei Fällen. Die DDR besteht auf Weinholds Auslieferung. Das kommt für die bundesdeutsche Seite aber nicht in Frage, da unter anderem in der DDR noch die Todesstrafe gilt.

      Entgegen der Forderung, ihn an die DDR auszuliefern, wird Weinhold 1976 am Schwurgericht Essen des zweifachen Totschlags angeklagt. Der Prozess gegen Weinhold, ein knappes Jahr nach der Tat, dauert gerade mal 1 1/2 Tage. Weil keine Zeugen aus der DDR geladen sind und die Tötung nicht erwiesen werden kann, ist das Gericht in Beweisnot - der Todesschütze wird freigesprochen. Im Gerichtssaal werden Weinhold Blumen überreicht.

      Jenseits der Mauer bricht ein Sturm der Entrüstung los: Das „Neue Deutschland“ nennt die Entscheidung des bundesdeutschen Gerichts einen „Freibrief für Gewalt“.

      Im September 1977 hebt der Bundesgerichtshof das Urteil auf und verweist den Fall zur Neuverhandlung an das Landgericht in Hagen. Die Hagener Staatsanwälte und Richter geben sich alle Mühe um mit den DDR-Behörden eine Kompromisslösung zu finden, bei der beide Seiten politisch ihr Gesicht wahren können. Die DDR beschließt einen Westberliner Rechtsanwalt, Reymar von Wedel, mit der Nebenklage zu betrauen. Da es für die zuständigen Organe unvorstellbar ist, die eigentlichen Tatortzeugen - allesamt Offiziere der Grenztruppen - vor ein bundesdeutsches Gericht reisen zu lassen, wird der Gedanke geboren, diese von einem Gericht in der DDR richterlich vernehmen zu lassen. Das geschieht im April 1978. Die dabei entstandenen „Dresdener Protokolle“ bilden die Grundlage der Verurteilung Weinholds. Das Urteil: 5 1/2 Jahre Haft... „Er war nicht im Recht, als er schoss. Die Soldaten Seidel und Lange waren nicht im Unrecht als sie getroffen wurden“ heißt es in der Urteilsbegründung.

      Anhand kriminologischer Gutachten von DDR-Experten scheint bewiesen, dass entgegen der Aussage von Weinhold aus den Waffen der beiden getöteten Grenzer kein Schuss abgegeben wurde. Weinhold verbüßt seine Strafe zu zwei Dritteln und kommt 1982 wegen guter Führung vorzeitig frei. Bis zu seiner Entlassung im Juli wird der Gefangene mehrmals in andere Vollzugsanstalten verlegt, weil er wiederholt Morddrohungen erhält.

      So sollte der Republikflüchtling laut Informationen eines Mithäftlings noch 1981 aus seiner Gefängniszelle im sauerländischen Attendorn von der Stasi entführt werden. Und tatsächlich: Bei Öffnung der Akten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) fand man einen detailliert ausgearbeiteten Mordplan für den Staatsfeind Nummer eins.

      Ausgerechnet der im April 1999 verstorbene DDR-Ministerpräsident und heimliche Kontrahent Honeckers, Willi Stoph, wollte das geplante Kapitalverbrechen seines Ministeriums für Staatsicherheit offenbar verhindern: Angeblich bat er den damaligen Staatssekretär im Bonner Ministerium für innerdeutsche Beziehungen, Dietrich Spangenberg, dem DDR-Flüchtling Werner Weinhold größtmöglichen Schutz zuteil werden zu lassen. Ein MfS-Killerkommando sei unterwegs, um den NVA-Deserteur auf dem Boden der Bundesrepublik bei einem „inszenierten Unfall“ aus dem Weg zu räumen.

      Die Mordaktion sollte offenbar potenzielle Überläufer aus den Reihen der Grenztruppen abschrecken. Darüber, warum sie nicht in die Tat umgesetzt wurde, kann nur spekuliert werden - vermutlich wollte das MfS die Kreditwürdigkeit bei westlichen Banken nicht durch die mögliche Aufdeckung einer solchen Tat gefährden. Werner Weinhold ist dem Regierungsattentat entkommen und lebt noch immer in Marl. Bis heute behauptet Weinhold, in Notwehr gehandelt zu haben, obwohl die Aktenlage eindeutig zu belegen scheint, dass er die zwei Grenzposten hinterrücks getötet hat - im Schlaf. Der Fall Weinhold war ein einzigartiges Kapitel deutsch-deutscher Geschichte und geprägt von den Begleitumständen des „kalten Krieges“.

      Der Mann ohne Gesicht

      Am 19. Januar 1923 wird Markus Johannes Wolf wird in Hechingen/Süd-Württemberg als Sohn des jüdischen Dramatikers und Arztes Friedrich Wolf geboren. Zusammen mit der Familie geht Wolf ab 1933 in die Emigration, anfangs in die Schweiz und nach Frankreich, ab 1934 in die Sowjetunion. Er arbeitet ab 1943 als Redakteur, Sprecher und Kommentator beim „Deutschen Volkssender“ in Moskau. Nach Kriegsende kehrt Wolf zusammen mit der „Gruppe Ulbricht“ zurück nach Deutschland und tritt 1946 in die SED ein. Ab 1953 arbeitet er als Leiter der Hauptabteilung XV, die den außenpolitischen Nachrichtendienst der DDR umfasst. Ab 1956 wird die Abteilung in Hauptverwaltung Aufklärung (HV A) des Ministerium für Staatssicherheit (MfS) umbenannt. Wolfs Spionagestrategie liegt vor allem im Eindringen in die westlichen Führungszentren und dabei besonders der bundesdeutschen Gesellschaft. Seine Agenten sollen auf bürgerlichem Wege in einflussreiche Stellungen gelangen und ihre Spionagetätigkeit erst aufnehmen, wenn sie dieses Ziel erreicht haben. Wolf unterstehen rund 4.000 Auslandsagenten, die er mit der „Präzision eines Schachspielers“ führt, wie Beobachter bekunden. Ab 1956 ist er Stellvertreter des Ministers für Staatssicherheit. Für Wahlen in das Zentralkomitee (ZK) der SED hat Wolf nie kandidiert. 1974 wird einer der ersten Agenten, die Wolf rekrutiert hat, der Kanzleramtschef Günter Guillaume, wird enttarnt. Die sogenannte Guillaume-Affäre führt zum Rücktritt Bundeskanzler Willy Brandt. Bei einem Besuch in Stockholm 1978 kann Wolff erstmals nach zwei Jahrzehnten photografiert werden. Bis dahin galt er im Westen als „Mann ohne Gesicht“. 1986 tritt Wolf auf eigenen Wunsch aus dem aktiven Dienst im MfS zurück und wird schriftstellerisch tätig. Nach der Widervereinigung flüchtet Wolf über Österreich in die UdSSR, da in der Bundesrepublik ein Haftbefehl gegen ihn vorliegt. 1991, bei seiner Rückkehr nach Deutschland wird er direkt nach der Grenzüberschreitung festgenommen. Nach kurzem Aufenthalt in der Untersuchungshaft darf Wolf sich bis zur Urteilsverkündung durch das Gericht wieder frei bewegen. Bei den Vernehmungen gibt Wolf keine früheren Mitarbeiter preis. Wolf wird 1993 zu sechs Jahren Haft wegen Landesverrates und Bestechung verurteilt. Das Urteil bleibt vorläufig, da das Bundesverfassungsgericht zur Frage der Strafbarkeit von Spionen eines untergegangenen Staates noch keine Entscheidung gefällt hat. Wolf genießt Haftverschonung. Im Oktober 1995 erfolgte die Aufhebung des Urteils von 1993 im Revisionsverfahren durch den 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes. Der Fall wird zur Neuverhandlung an die untere Instanz zurückverwiesen. Das Bundesverfassungsgericht hat im Mai den Beschluss veröffentlicht, dass DDR-Bürger nur eingeschränkt für ihre frühere Spionagetätigkeit strafrechtlich verfolgt werden können. 1996 erhebt das Oberlandesgericht Düsseldorf Anklage gegen Wolf wegen des Verdachtes der Körperverletzung und der Freiheitsberaubung. Wolf wird 1997 wegen Freiheitsberaubung in vier Fällen zu zwei Jahren Haft, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden, und einer Geldstrafe verurteilt. 1998 wird Wolf wegen Aussageverweigerung im Spionageprozess gegen den SPD-Politiker Gerhard F.. für drei Tage in Beugehaft genommen, weil er in einem Strafverfahren wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit gegen den Angeklagten F. die Aussage als Zeuge verweigert hat. Auf die Beschwerde des Zeugen Wolf hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs am 17. Januar 1998 die Vollziehung der Beugehaft ausgesetzt. Er hat nunmehr in der Sache entschieden.

      Nach der Strafprozessordnung darf kein Zeuge zu einer Aussage gezwungen werden, durch die er sich der Gefahr aussetzen würde, wegen einer Straftat verfolgt zu werden. Für Markus Wolf besteht unter bestimmten Umständen noch die Gefahr der Strafverfolgung durch die Justiz der Bundesrepublik Deutschland, weil er seine Tätigkeit als Spionagechef der DDR auch außerhalb der DDR ausgeübt hat und insoweit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts das verfassungsrechtliche Verfahrenshindernis nicht ohne weiteres eingreift. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Markus Wolf wegen Anstiftung oder versuchter Anstiftung zum Landesverrat durch F., in dessen Sache er die Aussage verweigert hat, noch strafrechtlich belangt werden kann. Denn ein solches - noch nicht verjährtes - Verbrechen war nicht Gegenstand der Anklage des Generalbundesanwalts gegen den Zeugen Wolf in dem vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf abgeschlossenen Strafverfahren. Dem Zeugen Wolf steht, wie meist bei Tatbeteiligten, ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zu. - Beschluss vom 25. Februar 1998 - StB 2/98 –

      Er war immer im Dienst der Partei. Sein Leben war erfolgreich und kompliziert. Wolf, früher das Vorbild für Dunkelmänner in Spionagethrillern,

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