Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band. Walter Brendel
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Galilei wurde daraufhin von Papst Urban III. nach Rom zitiert, wo man ihn des Ungehorsams beschuldigte. Er habe, so meinten die Kardinäle der Inquisition, den seinerzeitigen Befehl von Kardinal Bellarmin missachtet. Galilei legte jedoch einen als Leumundszeugnis erkennbaren Brief von Kardinal Bellarmin vor, angeblich jenes Schriftstück aus dem Jahre 1616, welches eigentlich Galileis Verwarnung enthalten sollte. Das Tribunal war so verblüfft, dass der Prozess vertagt wurde. Galilei hoffte auf einen großzügigen Kompromiss, doch er täuschte sich. Der Prozess gegen ihn war ein Schachzug der Inquisition, der sich in Wahrheit gegen die Anhänger des Giordano Bruno, des Tommaso Campanella und gegen andere Abweichler richtete. Tommaso Campanella, der zweite Ketzer im Bunde, war ein abtrünniger Dominikanermönch und Anhänger der kopernikanischen Lehre. Weil er in Süditalien einen Volksaufstand organisiert hatte, wurde er 1599 eingekerkert und gefoltert. All diese Hintergründe spielten beim Prozess eine entscheidendere Rolle als die naturwissenschaftlichen Lehrinhalte.
Der Prozess aus der Sicht des Manfred Barthel in seinem Buch „Die Jesuiten“:
„Es muss für Galilei eine große Genugtuung gewesen sein, als ein führender Kopf der damaligen Astronomie seine mathematisch-astronomischen Berechnungen nachprüfte, sie an Exaktheit überbot und schließlich bestätigt. Der Name des Mannes: Christov Clavius,( S. 7a), jener sternkundige bayerische Jesuitenpater ,(der vorher bereits erwähnt wurde). ....
Tatsächlich: ein Jesuit bestätigt Galileis Berechnungen. In diesem Satz ist das Wort „Berechnungen“ wichtig. Diese bestätigte der Pater, aber nicht Galileis Theorie. Galilei beachtete diesen feinen Unterschied nicht, er genoss es, fachkundige Gesprächspartner bei den Patres gefunden zu haben. Bald war er in dem römischen Kolleg der Gesellschaft Jesu ein gerngesehener, hochgeehrter Gast. Papst Paul V. empfing ihn, und beide diskutierten auf hohem fachlichem Niveau. Auch der folgende Papst, Urban VIII., wurde interessierter Gesprächspartner Galileis, ja, beide Männer soll eine Freundschaft verbunden haben. Jesuiten und Päpste als Freunde Galileis. Spätestens an dieser Stelle werden viele Leser ihre Köpfe schütteln. Schließlich haben wir in der Schule gelernt, dass Galilei wegen seines Eintretens für die Kopernikanische Theorie von der Inquisition in den Kerker geworfen und unter Folterungen zur Rücknahme seiner Behauptungen gezwungen wurde. Der Prozess gegen Galilei gilt als eines der großen Beispiele für die Vergewaltigung des freien Geistes durch die Kirche. Moralischer Sieger jedoch blieb Galilei, der zwar abschwor, gleichzeitig aber – ein Marqui Posa der Wissenschaft – dem Gericht sein „Eppur si muove !“ (Und sie bewegt sich doch!) entgegenschleuderte. Erst seit einigen Jahren wissen wir, dass es so nicht gewesen ist. Nicht nur Galilei, auch die Jesuiten stehen seitdem in einem anderen Licht. Jahrzehntelang haben Dominikaner Material gesichtet – darunter Dokumente aus den geheimen Archiven des Vatikan, die erst jetzt zur Einsicht freigegeben wurden – und danach eine belegbare Darstellung der Vorgänge um Galilei präsentiert.
Dies sind die wesentlichen Punkte:
Es gab zwei Prozesse gegen Galilei. Der erste beschäftigte sich mit der theologischen Gefahr, die Galileis Theorie heraufbeschwor, der zweite Inquisitionsprozess untersuchte den persönlichen Glauben des Galileo Galilei.
Galilei war weder im Kerker noch wurde er gefoltert. Mit seinem Diener bewohnte er als Gefangener der Inquisition eine Dreizimmerwohnung mit Blick auf die vatikanischen Gärten.
Der Satz „Und sie bewegt sich doch“ fiel nicht während des Prozesses. Er wurde Galilei 128 Jahre später in den Mund gelegt – von dem französischen Jesuiten-Abbe‘ Trailh.
Der geistige Meuchelmord jesuitischer Finstermänner am aufrechten Forscher fand nicht statt. Doch sind Jesuiten am zweiten Prozess gegen Galilei und an seiner Verurteilung beteiligt gewesen.
Wie bei vielen Prozessen scheint auch bei diesem Jahrhundertprozess die Vorgeschichte interessanter als die Gerichtsakten ............
Weiter heißt es dann:
Seine Theorie war in der Welt, die Kirche musste sich mit ihr auseinandersetzen. Die Meinung seiner jesuitischen Freunde war Galilei bekannt. Kardinal Robert Belarmin, einer der besten Köpfe der Gesellschaft Jesu in dieser Zeit, hatte am 4. April 1615 an Galileis Schüler Foscarini geschrieben: „Es scheint mir, dass Sie und Galilei gut daran täten, nicht absolut, sondern ex suppositione (hypothetisch) zu sprechen, wie es meiner Überzeugung nach Kopernikus selbst getan hat....“ Dann wird der Kardinal konkret, wie man es für einen Kirchenmann seines Jahrhunderts kaum für möglich hält: „Wenn ein echter Beweis dafür vorhanden wäre, dass die Sonne im Zentrum des Universums sich befindet und dass nicht die Sonne um die Erde, sondern die Erde um die Sonne sich drehe, dann müssten wir bei der Auslegung jener Bibelstellen, welche das Gegenteil zu besagen scheinen, größte Vorsicht walten lassen und lieber sagen, wir verständen sie nicht, also eine Anschauung für falsch erklären, die als wahr bewiesen wurde. Ich bin indessen der Meinung, es gäbe keinen solchen Beweis, da mir keiner vorgelegt wurde.“ Mit dieser Darstellung begnügte sich schließlich auch das Inquisitionsgericht im ersten Prozess, der sich mit der Theorie des Galilei beschäftigte......Galilei nahm sich tatsächlich Belarmins Rat zu Herzen, allerdings auf eine höchst raffinierte Weise: Er stellte zwar, wie vorgeschlagen, seine Kopernikanische Himmelskörper-Bewegungslehre als Hypothese dar, tat dies aber auch mit der gültigen, von der Kirche anerkannten Lehre, nach der sich die Sonne um die Erde drehte. Er „degradierte“ sie damit ebenfalls zur Theorie. Die Schrift (Die Goldwaage; Dialog über die beiden Weltsysteme), in der er beide Hypothesen gegeneinander ausspielte, schrieb er in Dialogform, ein damals oft angewandter Kunstgriff. In diesem Falle war es außerdem noch ein kluger Schachzug, denn dadurch befolgte Galilei in Form und Inhalt die Auflagen, die das Dekret vom 5. Mai 1616 des Heiligen Offizium von ihm verlangt hatte. Durch dieses Dekret war es zwar verboten, die Erde als Stern zu bezeichnen, und die Lehre von der Bewegung der Erde als „falsch und in allen Punkten der heiligen Schrift widersprechend“ verurteilt, aber die Gegenüberstellung verschiedener Ansichten war nicht verboten. Genau das hatte Galilei in seiner Schrift getan. Für keinen seiner drei Gesprächspartner hatte er Partei ergriffen – meinte er jedenfalls.
Aber das war naiver gedacht, als die Inquisition erlaubte. Dem Verteidiger des offiziellen, von der Kirche gestützten Weltbilds hatte Galilei den Namen „Simplicius“ gegeben, dessen törichte Argumente seinem Namen alle Ehre machten. Neider und Gegner Galileis flüsterten dem Papst ein, sein Freund Galilei habe mit diesem Dummkopf ihn gemeint. Daraufhin wurde Galilei – auch Päpste sind nicht gegen Eitelkeit gefeit – am 12. April 1633 erneut vor ein Inquisitionsgericht zitiert. Da es bei Inquisitionsprozessen keine Anklageschrift gab, erfuhr der 70-jährige erst vor Gericht, wessen er beschuldigt wurde: Ketzerei. Er sei durch seine Schrift in seinem persönlichen Glauben von der Lehrmeinung der Kirche abgewichen. An diesem zweiten Prozess waren Jesuiten als Ankläger beteiligt, und als Anklagedokument diente dem Gericht eine Gesprächsnotiz Belarmins aus dem Jahre 1616. Aus ihr ging hervor, dass Belarmin Galilei verboten hatte, die Kopernikanische Lehre „in irgendeiner Weise fortzuhalten noch zu verteidigen oder zu lehren“. Da konnte man wieder einmal sehen, wozu eine geordnete Ablage gut ist! Jahrzehnte später zaubert man aus ihr zur rechten Zeit das richtige Schriftstück. Galilei kroch zu Kreuze, gelobte Besserung und schwor, „....dass ich geglaubt