Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band. Walter Brendel

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Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band - Walter Brendel

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der Folterinstrumente und schließlich der tatsächlichen Folter fortgesetzt wurde. Es gab üblicherweise fünf Stufen der Folter, die von den Inquisitoren variiert werden konnten; überlebte eine Angeklagte tatsächlich alle fünf Stufen, ohne zu gestehen, war sie frei (eine Sitte, die Sprenger/Institoris sehr missfiel und die sie im Hexenhammer zu unterminieren versuchen). Die Wasser- oder Feuerprobe war bei weitem nicht die einzig mögliche Methode.

      Der genaue Ablauf des Prozesses hing sehr von den beteiligten Personen und der Region ab, in der er stattfand. Da die Inquisition auf die weltlichen Behörden zur Durchsetzung der Urteile angewiesen war, musste sie versuchen, sich deren Kooperation zu sichern, etwa durch Bestechung, Überredung oder Drohung (man denke an Innozenz Strafen). Viele Mächtige waren natürlich selber ebenfalls hexengläubig. Auch die Persönlichkeit der Inquisitoren spielte eine Rolle; anders als viele meinen, war nicht jeder Inquisitor ein perverser Wüstling und roher Folterknecht, und manche waren durchaus an der Wahrheit interessiert. In Städten wie Frankfurt oder Basel kam es nur zu wenigen Hexenprozessen; in Holland etwa erreichten sie nie die Verbreitung, die sie in Deutschland, England, der Schweiz oder Frankreich hatten. In protestantischen Ländern waren Hexenprozesse im Allgemeinen häufiger als in katholischen; in Spanien trat der Hexenprozess gegenüber dem Ketzerprozess in den Hintergrund.

      Vor der Veröffentlichung des Hexenhammers war eine übliche Strafe für eine bußfertige Hexe lebenslange Kerkerhaft, aber danach war die bei weitem häufigste Strafe das Verbrennen, oft bei lebendigem Leibe. Aber nicht jeder Hexenprozess endete mit der Todesstrafe; das ganze Instrumentarium von Leibstrafen über Geldbußen bis hin zu Kirchenstrafen wurde eingesetzt. Nach einem Schuldspruch wurde der Besitz der Hexe konfisziert und kam teils den Inquisitoren, teils des weltlichen Behörden zugute, ein Brauch, der dazu führte, dass nach einer Weile mehr und mehr wohlhabende Leute angeklagt wurden.

      Im Zuge des Hexenhammers war jeder noch so hinterhältige Trick erlaubt, um eine Hexe zum Geständnis zu bringen. So konnte der Inquisitor Strafminderung versprechen, ohne dieses Versprechen halten zu müssen; er konnte sich Beschuldigungen und Ankläger ausdenken und nach Belieben Zeugenaussagen fälschen, da es der Angeklagten gemäß Vorschrift nicht gestattet war, ihren Anklägern gegenüberzutreten. Es wurde ihr außerdem nahegelegt, noch weitere Hexen zu benennen, gegen die dann ein neuer Prozess angestrengt werden konnte. Die Inquisitoren scherten sich nur selten um das Beichtgeheimnis, dem sie kirchenrechtlich eigentlich unterlagen.

      In den Folterstuben haben sich grauenhafte Szenen abgespielt, die nicht selten in Vergewaltigung und sexuellen Sadismus mündeten. Die Technik, durch Stechen in verschiedene Körperteile der Hexe das sogenannte „Hexenmal“ ausfindig zu machen, war eine hervorragende Methode, die Angeklagte ausziehen und berühren zu dürfen - alles für die Wahrheitsfindung. Ein englischer Hexenjäger gab Mitte des 17. Jahrhunderts zu, er sei für den Tod von 220 Frauen verantwortlich - für jeweils 20 Shilling pro Opfer (er endete am Galgen). Die Befragungen nahmen häufig einen verschmitzt-sexuellen Ton an, und viele Inquisitoren erkundigten sich sorgfältig nach allen Details der erotischen Eskapaden mit Satan und seinen Dämonen.

      Im Hexenprozess ging es nicht nur im einen religiösen, sondern meist auch um einen tatsächlichen Schaden, der von der Hexe angerichtet worden sein soll: Kinder werden krank, Kühe sterben, Scheunen brennen, die Ernte ist verdorben und so weiter. Da solche Ereignisse ständig vorkamen, war auch immer Bedarf an Schuldigen, und da man sich im Prozess nicht mit Logik, Motiv, Gelegenheit und Alibi herumschlagen musste, war eine Verteidigung praktisch unmöglich. Carl Sagan schreibt über einen Fall, in dem ein Ehemann zugunsten seiner angeklagten Frau aussagt, sie habe sich zu der Zeit, zu der sie angeblich zu einem Hexenritt ausgefahren sei, in seinen Armen befunden. Der Bischof belehrte ihn darüber, dass ein Dämon die Gestalt seiner Frau angenommen habe; er solle nicht glauben, seine Wahrnehmung sei der Täuschung Satans gewachsen.

      Obgleich die Manie im späten 16. und im 17. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte, hatte es schon im 14. Jahrhundert in Frankreich zahlreiche Hexenprozesse gegeben, so dass man das Phänomen zeitlich nicht zu sehr einschränken sollte. Auch ist es nicht auf unseren Kulturkreis beschränkt; Irenäus Eibl-Eibesfeldt berichtet von den neuguineischen Eipo, die auf sehr ähnliche Weise Hexen ausfindig machen und töten.

      Die Zeittafel des Hexenwahns:

      391: Das Christentum wird zur offiziellen Staatsreligion des römischen Reiches unter Kaiser Theodosius. Heidnische Kulte und abweichende Glaubenslehren wurden blutig verfolgt.

      785: Es gilt die „Heilige Synode von Paderborn“. Diese besagt, dass derjenige, der vom Teufel verleitet nach heidnischem Glauben behauptet, dass es Hexen gibt, mit dem Tode bestraft wird.

      Bis 11. Jahrhundert: Die Todesstrafe ist für „Zaubereisünden“ noch nicht vorgesehen. Zauberei und Ketzerei werden meist mit Kirchenbußen belegt. Karl der Große verbietet den Sachsen die Hexenverbrennung.

      1000-1200: Aufkommen und große Verbreitung von häretischen Sekten in europäischen Ländern; jene stellen den Alleinvertretungsanspruch der Kirche in Frage. Dieses zwingt die Kirche, ihre Haltung gegenüber dem Hexenglauben zu ändern und seine Existenz einzugestehen.

      Um 1150: Verbrennung wird die übliche Strafe für Ketzer

      1184: „Geburtsjahr“ der Inquisition.

      13. Jahrhundert: Gleichsetzung von Ketzerei mit der Hexerei.

      1227: Papst Gregor IX richtet Inquisitionsgerichte ein, die Franziskaner und vor allem die Dominikaner werden durch ihn beauftragt, die Inquisition durchzuführen.

      1252: Papst Innozenz IV lässt die Folter zur Wahrheitsfindung zu.

      1264: Die erste Hexenverurteilung findet statt.

      1346: Ausbreitung der Pest in Europa.

      Um 1350: Vermischung der meisten Elemente des Zauberwahns mit der Ketzervorstellung; der Hexenbegriff des 15. Jhs. bildet sich.

      Bis 1450: Im Zusammenhang mit weiteren wissenschaftlichen Begründungen für den Dämonenglauben wird ein besonderer Verbrechensbegriff, die „Hexerei“ , entwickelt. Die Hexenverfolgungen beginnen.

      1456: Durch die Erfindung des Buchdrucks und der damit zusammenhängenden Verbreitung von Schriften gegen Ketzer und Hexen verschärfen sich die Verfolgungen.

      1459: „Fortalicium fidei“ erscheint, ein Grundlagenwerk von Alphonso de Spina gegen Ketzer, Juden und andere Nichtchristen > religiöser Fanatismus der Inquisitoren; Übergang von Ketzer- zum Hexenprozess unter Hinzufügung des Denunziationsprinzips.

      1478: Inquisitionsgerichte werden in Spanien eingeführt.

      1480: Beginn der systematischen Verfolgung von Hexen.

      1484: „Summis desiderantes“: Ketzer/ Hexenbulle des Papst Innozenz VIII. Diese entsteht auf Wunsch von Heinrich Institoris und Jakob Sprenger. Durch diese Bulle konnte nun mit päpstlicher Autorität jeder Widerstand und Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Prozesse und Hinrichtungen im Keim erstickt werden.

      1487: „Malleus Maleficarum“ (maleficarum, grammatikalisch weibliche Form Unholdin) Hexenhammer von Heinrich Institoris und Jakob Sprenger erscheint. Dieses Werk betrachtet die Frau als Hauptfeindin der Kirche, schreibt hauptsächlich dem weibl. Ge-schlecht das Zauberdelikt zu und befürwortet den Gebrauch der Folter. Durch seine genauen Anweisungen für die Prozessführung wurde es zum Strafkodex der Gerichtspraxis in Mitteleleuropa bis ins 17. Jahrhundert bei Richtern aller Konfessionen.

      16. und 17 Jahrhundert: Verfolgung besonders von Frauen, aber auch Männern und Kindern. Die Motive und hinter den Vorwürfen des Hexenunwesens lassen sich immer

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