Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band. Walter Brendel
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band - Walter Brendel страница 8
Die Hexen der christlichen Mythologie waren dafür bekannt, Sex mit Satan zu haben und ihre magischen Kräfte zu benutzen, um allerlei Böses zu tun. Der Höhepunkt des Hexenwahns fand zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert statt, als der „Hexensabbat“ erfunden wurde. Dieser Sabbat war eine Parodie auf den christlichen Gottesdienst. Hexen wurden dargestellt als Frauen, die nachts auf Besenstielen oder Ziegen durch Schornsteine flogen und den Sabbat ansteuerten, wo der Teufel (im allgemeinen in Form einer gefiederten Kröte, eines Raben oder einer Krähe, einer schwarzen Katze oder als Ziegenbock) eine gotteslästerliche Version der Heiligen Messe durchführen würde. Zusätzlich gab es dort noch obszöne Tänze, ein Bankett und das Brauen von Trünken in großen Kesseln. Serviert wurden etwa schmackhaftes Kinderfleisch, Aas und andere Delikatessen für den verwöhnten Gaumen. Das Hexenbräu wurde offenbar verwendet, um Menschen zu verletzen oder zu töten oder um Vieh zu verstümmeln. Diejenigen, die in den Kreis der Eingeweihten der Satanischen Mysterien aufgenommen wurden, erhielten allesamt ein sogenanntes Hexenmal, etwa einen Klauenabdruck unter dem linken Auge. Der Teufel kam daher als Bock oder Satyr oder als sagenhafte Gestalt mit Hörnern, Klauen, Schwanz und/oder Schwingen; eine Missgeburt zwischen Engel, Mensch und Tier. Eine besondere Attraktion des Hexensabbats war das rituelle Küssen von Satans verlängertem Rücken, vermutlich als Verzerrung des traditionellen christlichen Brauches, sich hinzuknien und Hand oder Ring eines Geistlichen zu küssen.
Zahlreiche Zeugenaussagen stehen zu Buche, die den Hexensabbat bestätigen können. Die Schäferin Anne Jacqueline Coste berichtete Mitte des 17. Jahrhunderts, dass während der Nacht des Heiligen Johannes des Täufers ihre Freundinnen und sie ein schreckliches Brüllen hörten und als sie sich nach allen Seiten umsahen, um festzustellen, woher denn dieses furchterregenden Heulen und tierische Schreien komme, sahen sie am Fuße des Berges die Gestalten von Katzen, Ziegen, Schlangen, Drachen und alle Arten von grausamen und unreinen Tieren, die ihren Sabbat abhielten und einen schrecklichen Aufruhr veranstalteten, wobei sie die abstoßendsten und widerlichsten Worte von sich gaben und die Luft mit den abscheulichsten Gotteslästerungen erfüllten.
Geschichten wie diese hatten eine jahrhundertelange Tradition und wurden von frommen Christenmenschen ohne auch nur die Spur von Skeptizismus bezüglich ihres Wahrheitsgehaltes akzeptiert. Man hielt sie nicht für Wahnvorstellungen, sondern für präzise Berichte.
Pierre de l'Ancre – der Verfasser eines Buches über Engel, Dämonen und Zauberer von 1610 – behauptet, er habe einen Sabbat beobachtet. Hier ist seine Beschreibung:
„Sehet hier die Gäste der Versammlung, jede mit einem Dämon an ihrer Seite, und wisset, dass auf diesem Bankett kein anderes Fleisch serviert wird als Aas, und das Fleisch derer, die gehängt wurden, und die Herzen von nicht getauften Kindern, und andere unreine Tiere, dem Brauche und der Sitte des Christenmenschen fremd, und das Ganze geschmacklos und ohne Salz“.
Die Behauptungen, die in Büchern wie de l'Ancres aufgestellt wurden, und die Darstellungen von Sabbathandlungen in Kunstwerken über mehrere Jahrhunderte wurden nicht als amüsante Märchen oder psychologische Manifestationen verwirrter Geister angesehen. Diese Vorstellungen, so absurd und lächerlich sie uns auch erscheinen mögen, wurden von Millionen frommer Christen als die reinste Wahrheit hingenommen. Auch heute gibt es noch viele Leute, die ähnliche Geschichten über Kinderschlachtungen und rituelle Opferung von Tieren glauben, meist in einem Atemzug mit sexuellem Missbrauch und satanischer Beeinflussung.
Die Freudianer müssten ihre Freude daran haben, diese zählebigen Mythen über satanische Kreaturen mit Hörnern, langen roten Schwänzen und unersättlicher sexueller Gier, über entführte, sexuell missbrauchte, verstümmelte oder ermordete Kinder, über Frauen mit langen Stielen zwischen ihren Beinen und einer Zaubersalbe, die zu einem One-Night-Stand mit einem dämonischen Ziegenbock abheben, und über Kreaturen mit Superkräften wie etwa Verwandlung. Meine Vermutung ist, dass Hexerei und Zauberei zum größten Teil im dampfenden Kessel sexueller Unterdrückung gebraut wurden und eine Rechtfertigung für den öffentlichen Handel mit literarischer und bildlicher Pornographie bildeten, die von der Kirche geschaffen, abgesegnet und glorifiziert wurde.
Sicherlich gab es auch eine Verfolgung derjenigen – besonders auf dem Lande – die eine Verbindung zu ihrer heidnischen Vergangenheit bewahrt hatten. Aber es ist schwer zu glauben, dass die Beschreibungen der Hexerei, die gefolterten und verstümmelten Opfern über Hunderte von Jahren entrissen wurden, nicht zum größten Teil in der Phantasie ihrer Folterer entstanden. Die Macht der Inquisitoren war so groß und ihre Foltermethoden so elaboriert und ausgesucht sadistisch, dass sie Tausende ihrer Opfer dazu bringen konnten, selbst zu glauben, sie seien besessen und verrucht. Diese Grausamkeiten und Wahnideen hielten mehrere Jahrhunderte durch an, und die Hexenjagd wurde in England erst 1682 abgeschafft. Sie wurde nach Amerika importiert und führte 1692 in Salem, Massachusetts, zu einem Prozess, in dessen Folge 19 Hexen gehängt wurden. Die letzte öffentliche Hinrichtung einer Hexe fand 1793 in Polen statt; der letzte Versuch, eine Hexe öffentlich hinzurichten, geschah 1900 in Irland, als zwei Bauern sich bemühten, eine Hexe über ihrem eigenen Feuer zu rösten.
Wie auch immer die psychologische Grundlage für die Schaffung einer fiktiven Anti-Kirche mit Hexen und Zauberern im Verbund mit Satan zur Verspottung und Entweihung der kirchlichen Symbole gewesen sein mag, das praktische Ergebnis war eine stärkere und mächtigere Kirche. Niemand weiß, wie viele Hexen, Ketzer oder Zauberer von den Frommen gefoltert oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden, aber die Furcht, die von der mittelalterlichen und der spanischen Inquisition verbreitet wurde, muss nahezu jedermann im christlichen Abendland erfasst haben. Eine Beschuldigung als Hexe war so gut wie eine Verurteilung. Leugnete man, bestätige man die eigene Schuld: Natürlich wird eine Hexe behaupten, sie sei keine und sei glaube nicht an Hexerei. Werft sie in den Fluss! Wenn sie versinkt und ertrinkt, beweist dies, dass sie keine Hexe ist; schwimmt sie oben, wissen wir, dass der Teufel ihr beisteht. Zieht sie dann aus dem Wasser und verbrennt sie, denn die Kirche mag kein Blutvergießen!
Tatsächlich führte die Kirche eine Schreckensherrschaft, die denen von Hitler oder Stalin in vielerlei Hinsicht etwas voraushatte. Hitlers und Stalins Terrormethoden hielten nur wenige Jahre vor und waren geographisch beschränkt; der kirchliche Terror dauerte Jahrhunderte und war überall in der Christenheit zu finden. Er war außerdem primär gegen Frauen gerichtet. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Religionen von heute, deren Mitglieder sich Hexen oder Zauberer nennen, antichristlich, heidnisch und frauenzentriert oder satanisch sind, und es sollte nicht überraschen, dass diese New Age-Religionen all das preisen, was die Kirche verdammte (wie etwa Egoismus und gesunde Sexualität jedweder Art) und das verdammen, was sie Kirche pries (wie etwa Selbstkasteiung und die untergeordnete Rolle der Frau). Wer will ihnen das vorwerfen?
Die grauenhafte und tragische Geschichte des Hexenwahns beginnt also mit einem Übersetzungsfehler: Das hebräische Wort, das an dieser Stelle verwendet wird, ist wesentlich treffender mit „Giftmischerinnen“ zu übersetzen (ähnlich dem Fehler, der aus der „jungen Frau“ Maria die „Jungfrau“ Maria machte).
Allerdings kann man davon ausgehen, dass es auch ohne explizite biblische Aufforderung eine Hexenverfolgung gegeben hätte.
Man kann allerdings nicht sagen, dass Innozenz oder die Dominikanermönche die Hexenverfolgung eingeführt hätten; Hexengeschichten sind so alt wie die Menschheit. Was sie allerdings bewirkten, war eine Systematisierung der Verfolgung, die die ohnehin geringen Überlebenschancen der Angeklagten gegen Null streben ließ. Insbesondere der dritte Teil des Hexenhammers - die Prozessordnung - sollte sich als verheerend erweisen. Dennoch dauerte es noch beinahe hundert Jahre, ehe der Hexenwahn zu einer wahren Epidemie wurde; bis dahin waren Hexenprozesse eher vereinzelt geblieben.
Ein typischer Hexenprozess begann üblicherweise mit einer - meist anonymen - Beschuldigung, zu der man sich vor dem Inquisitionsgericht äußern musste. Wenn man nicht sehr viel Glück oder einen exzellenten Anwalt hatte - der nicht zu eifrig auftreten durfte, um sich nicht