Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band. Walter Brendel
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Kampf ums Recht oder Das unsichtbare Böse , 1. Band - Walter Brendel страница 13
Die Erscheinungen wiederholen sich, bis eines Tages der Anführer der himmlischen Heerschar sich offenbart: „Ich bin Michael, der Beschützer Frankreichs!“ - Das Kind macht eine tiefe Verneigung. Der Erzengel enthüllt er ihr ein trostloses Bild vom tiefen Unglück ihres Vaterlandes. Frankreichs Lage wird immer düsterer und auch die „Lothringischen Marken“ werden vom ehernen Schritt des Krieges nicht verschont. Der Jungfrau Name war nun nicht mehr unbekannt im Lande. Der kranke Herzog von Lothringen, Karl II., verlangte das Mädchen zu sehen. Mit Begleitschaft zog sie dahin, kehrte zurück, nachdem sie sich für seine verstoßene Gemahlin verwandt, mit reichem Geldgeschenk und einem Rappen aus dem herzoglichen Marstall bedacht. Bald schlägt die Stunde des Erfolges. Sie tritt vor Baudricourt hin und sagt ihm in aller Bestimmtheit Tag und Umstände der Schlacht bei Rouvray voraus: „Im Namen Gottes, Ihr zögert zu sehr, mich zu senden. Heute hat der edle Dauphin bei Orleans großen Schaden gelitten. Und er wird Gefahr laufen, noch größeren zu erleiden, wenn Ihr mich nicht bald zu ihm schickt.“ Ihre Vorhersage bestätigte sich. Jeanne la Pucelle - Johanna, die Jungfrau, wie sie von jetzt ab genannt wird - stand offensichtlich unter Schutz. Ein böser Anschlag unwilliger Fahrtgenossen, denen es zu wenig dünkte, ein Mädchen zu geleiten, wurde verhindert. Beim Empfang auf dem Königsschloss will man sie irreführen, sie aber findet den Dauphin unter allen heraus. Als Zeichen ihrer Sendung von Gott offenbart sie ihm seine Gebete, beruhigt ihn über seine Zweifel, tut ihm kund, dass sie gekommen sei, sein Königreich zu retten. Da schenkt der König ihr Glauben. Es wird ihr ein Gemach in seinem Schloss angewiesen, er übergibt sie der Obhut einer der edelsten Frauen am Hofe und bestimmt Ludwig von Coutes ihr als Pagen. Bald nun tritt Jeanne den Großen des Reiches näher, immer die weibliche Würde wahrend, aber furchtlos und bestimmt. So werden ihr Freunde und Feinde im Rate des Königs. Die Guten halten sich zu ihr, wer aber eigenes Interesse über das Wohl des Ganzen stellt, wird ihr lauteres Wesen nicht verstehen können, ja, sie hassen. Marie von Anjou, die junge Gemahlin des Dauphins, und der Herzog von Alençon gehören zu den ersteren, wie auch der Beichtvater des Dauphins Gérard Machet, anders aber verhalten sich Georg von la Trémoïlle, der mächtige Günstling von Karl VII. und Regnault von Chartres, Erzbischof von Reims und Frankreichs Kanzler.
Es handelte sich um eine Tat von weltgeschichtlicher Bedeutung. Der Dauphin durfte sich als der verantwortungsvolle Repräsentant von Frankreichs Krone unter keinen Umständen vor anderen Nationen bloßstellen. So ordnet er die genaue Prüfung von Jeannes Aussagen durch hervorragende Geistliche und Laien an; ihre Sitten lässt er durch die Mutter seiner Gemahlin, Königin Yolande von Sizilien, überwachen; Boten schickt man in die Heimat des Mädchens, über sie und die Familie nachzuforschen. Alles fällt zur Zufriedenheit aus. Der König aber beruhigt sich noch nicht. Ein erweiterter Rat tritt in Poitiers zusammen, der soll den Glauben der Jungfrau prüfen. Jeanne wird dorthin beschieden. Ein paar Züge seien vermerkt. Der Erzbischof Regnault von Chartres führt den Vorsitz, ein Unterpfand, dass die Prüfung kritisch ist und Jeanne keinen leichten Stand hat. Die Sitzungen finden im Hause eines bedeutenden Rechtsgelehrten, Jean Rabateau statt, im nämlichen, wo Jeanne Wohnung genommen hat und zahlreiche Besuche aus allen Ständen empfängt. Dreizehn Tage dauerten die Verhandlungen; am Schlusse konnte man nicht umhin, als Endergebnis in den Worten „Es hieße dem Heiligen Geiste widerstehen und sich der Hilfe Gottes unwürdig machen, wollte man noch länger zögern.“ Die Waffenrüstung wird vom Dauphin in Tours beordert. Sie wird in den Grafenstand erhoben. Ihr Gefolge wird erweitert. Johann von Aulon wird ihr Waffenmeister. Sie wird dem Heere als Führerin zugeführt. Aber die Hauptleute spotten über sie und murren über des Dauphins Anordnungen. Da tritt La Hire, einer der tapfersten Ritter, vor und schwört, ihr mit seiner Kompagnie zu dienen, möge sie diese führen, wohin immer sie wolle. Das Beispiel wirkte; der Widerstand war gebrochen. Nun bereitete Jeanne die Soldaten zum Kampf vor - anders, als andere Heerführer es bisher getan. Am 27. April 1429 brach die Truppe von Blois nach Orleans auf. Voran schritt die Geistlichkeit, Hymnen singend, unter der Fahne des Gekreuzigten. Am Mittag des 28. April kamen die Mauern von Orleans in Sicht.
Am 6. Mai zieht sie an der Spitze von 4000 Mann aus der Stadt. Es gilt, die schreckenerregende Festung „des Augustins“ einzunehmen. Kampfessturm, Kampfesnot. Schon hat die Jungfrau die Fahne auf den Wall gepflanzt, da geht ein Erschrecken durch die Reihen - man flieht vor der Überzahl der Gegner -, nur noch 5 oder 6 Krieger sind bei der Jungfrau und diese ziehen sie mit Gewalt zurück. Nicht lange hält sie es, da geht sie mit La Hire und anderen Hauptleuten zum Gegenstoß vor. Erstaunen und lähmender Schrecken und sinnlose Flucht auf der Seite des Feindes. Jeanne pflanzt zum zweiten Male ihr Banner auf; ihre Verwundung achtet sie nicht. Die Bastille ist gewonnen. - Kriegsrat wird am Abend gehalten. Der Lebensmittel sind genug, Verstärkung hat der Dauphin versprochen. Am Morgen des 7. Mai hört Jeanne die heilige Messe, zieht die Waffenrüstung an und verlässt nüchtern das Haus. Auf Befehl des obersten Rates aber hat man das Tor de Bourgogne verriegelt, Raoul von Gaucourt ist der gestrenge Hüter. Die „Jungfrau“ lässt das Tor öffnen, sammelt die Hauptleute außerhalb Orleans, von selbst folgen die anderen. Der Kampf beginnt. Jeanne nimmt eine Leiter und versucht, damit den Wall zu erklettern - ein Pfeil trifft sie. Sie sinkt zurück und das Blut entfließt ihrer Wunde. Sie selbst zieht den Pfeil heraus, - dann beichtet sie unter Tränen. Den Augenblick benutzen die Generale zu kurzem Kriegsrat. Einstimmig ist der Beschluss: „Zurück!“ Jeanne bittet um Verzögerung! Aber der Bâtard von Orleans lässt schon zum Abmarsch blasen. Da fährt Jeanne zusammen, sie springt auf, nicht achtend ihrer Wunde, und mit aller Bestimmtheit, der niemand wagt entgegenzutreten, erklärt sie: „Im Namen Gottes, bald werdet Ihr in das Fort des Tourelles einziehen. Wenn Ihr meine Standarte gegen die Bastille wehen seht, ergreift die Waffen, sie ist Euer! Nun aber ruht Euch noch aus, trinkt und esst, um neue Kraft zu schöpfen.“ Man gehorcht. Sie selbst steigt zu Pferde, übergibt ihre Fahne d'Aulon. Orleans Bewohner haben eine Brücke geschlagen. Nikolaus von Giresme eilt darüber hinweg, legt eine Sturmleiter an die Feste Tourelles an; - Jeanne dringt von der anderen Seite ein, - pflanzt hoch auf die Zinne ihre siegreiche Standarte. Noch verweilt sie zur Vorsicht ein paar Stunden in der obersten Feste. - Te Deum laudamus! - läutendie Kirchenglocken von nah und fern. Nun zieht sie in Orleans ein, wie sie vorhergesagt, über die Brücke der Loire. Die Engländer halten am 8. Mai schweren Kriegsrat. Verloren ist ihnen die Bastille Saint Loup rechts der Loire, verloren die festen Stützpunkte des Augustins, les Tourelles. Wohl verblieben ihnen im Westen noch Forts, stark befestigt und verteidigt durch treffiche Artillerie.