Tata's Entdeckungen. Renke Liebig

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Tata's Entdeckungen - Renke Liebig

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Grenzen gegangen. Ich war zu ehrgeizig. Ich war lange vom Traum besessen, reich zu sein, Geld zu haben, eine große Villa zu haben, berühmt zu sein. Ich wollte von anderen respektiert werden, für das, was ich kann. Nicht für das, was ich bin. Ich war vollständig in der materiellen Welt gefangen. Mein Ego wollte nicht vor der Angst einer möglichen Niederlage loslassen. Ich wollte der beste Fußballer des Universums sein. Ich wollte immer gewinnen. Immer mehr. Immer weiter. Immer höher. Dabei habe ich immer mehr verloren. Es ging so weit, dass ich zwar körperlich fit wirkte, obwohl ich mental müde war.

      In dieser Zeit habe ich einen Bericht über den Jakobsweg in Spanien gelesen. Das will ich auf alle Fälle unternehmen. Eine Herausforderung, physisch und mental. Die ultimative Prüfung. Einige Monate später bin ich den Jakobsweg in Spanien gepilgert. Respekt. Ich habe viele Kilometer zurückgelegt. Ich habe viele Eindrücke gesammelt. Es war eine schwere Reise. Ich habe mich schnell an die langen Distanzen gewöhnt. Ich war körperlich fit. Insbesondere hat sich mein Geist, meine Seele gemeldet. Ein Mitpilger sagte einmal, dass ich mich wie eine Uhr bewege. Immer mit voller Energie, bergauf und bergab. Immer im gleichbleibenden Rhythmus. Ich war nicht in der Lage, mich an die individuelle Beschaffenheit des Weges anzupassen. Ich war als Fußballer auf einem Egotrip. Als Pilger wollte ich Dinge anders angehen. Ich wollte nicht mehr viele materielle Dinge besitzen. Jetzt will ich mir Wissen in einem möglichst hohen Tempo aneignen.

      Auf diesem Weg habe ich Interesse für Sprachen entwickelt. Im Bereich der Psychologie interessiert es mich, wie der Mensch so tickt. Ich habe mich von meinen Zielen im Außen entfernt. Mein Ego hat sich weniger mit den materiellen Dingen identifiziert, sondern mit dem intellektuellen Wissen. Die neuen Themenbereiche waren Sprachen, Psychologie und Wirtschaft. Diese Themen wurden zu meinem neuen ich, womit Ich mich identifiziert habe. Karriere. Das will ich jetzt. Viele Jahre lang habe ich allen Leuten erzählt, dass mir materieller Reichtum egal ist. Mein Leben, die perfekte Karriere. Das war der Plan bis zum physischen Tod. Die Egoidentifizierung bewegte sich weg von der materiellen Ebene und hin zur intellektuellen Ebene. Ich war gefangen in meiner eigenen, kleinen Welt. Mein Ego hat sich zum Größenwahn entwickelt. Alles soll perfekt, ordentlich und unter Kontrolle sein. In diesen Prozess wurde jede Störung als persönliche Beleidigung aufgefasst. Und manchmal habe ich Jahre lang nicht mit Menschen gesprochen, die mir mit alltäglichen Anliegen in die Quere gekommen sind.

      Beziehungen und Gespräche mit den Mitmenschen waren Mittel zum Zweck. Ich war ständig dabei, die Zukunft auf perfekte Art zu planen. Dabei habe ich den jetzigen Moment ignoriert. Das war im Studium offensichtlich. Ich habe längere Zeit an unterschiedlichen Universitäten studiert. Ich bin nie auf die Idee gekommen, dass es so etwas wie Sicherheit womöglich nicht gibt. Ich habe meinen Ehrgeiz und Perfektionismus ins Extreme gesteigert. Alles war dem Studium untergeordnet. Die letzten Plätze der Prioritätenliste waren für Beziehungen, Gesundheit und Freude reserviert. Ich studierte wie verrückt. Ich habe alle Prüfungen bestanden. Am Ende des Studiums fehlte nur die Abschlussarbeit. Plötzlich bin ich tief gefallen und für meine Mitmenschen tatsächlich verrückt geworden.

      Ich wünschte mir Anerkennung, Status, Sicherheit, Geld und Wissen. Das war wichtiger, als auf meine Seele zu hören. Es ist egal, wie viel ich habe. Es ist egal, wie viel ich weiß. Es ist wichtiger und einfacher zu erkennen, dass ich einfach bin. ICH BIN. Daraus kann sich alles Weitere entwickeln. Ich bin nicht mein kleines Ego. Ich bin Bewusstsein, das sich durch diesen Körper in der Welt ausdrückt. Die Gedanken sind nicht das Problem. Allerdings habe ich mich mit den Gedanken identifiziert und daraus mein Ego gebildet. Ich habe dieses falsche Selbstbild lange gefüttert. Das Ego hat sich zunächst mit dem Körper identifiziert. Als mein Körper nicht mehr so gut funktionierte, hat sich das Ego an die Gedanken geklammert. Gleichwohl bin ich weder mein Körper, noch meine Gedanken. Ich bin unendliches Bewusstsein.

      Ich bin hier als Mensch. Ich habe verschiedene Rollen im Leben als Sportler, Pilger oder Student bekleidet. Als Mensch setze ich die Reise fort. Es wird sich zeigen, wo sich mein Weg im Leben fortsetzt. Eine Möglichkeit ist, dass ich eins bin mit dem Moment, mit allem, was ist. Die Zeit hat sich aufgelöst. Ich bin frei. Ich bin kein Sklave meiner begrenzten Vorstellungen, Regeln und Gedanken.

      Der Sportler überprüft seine Werte. Sein Mindset, nicht sein Puls. Er hat praktische Ratschläge für das Training erwartet. Ich habe ihm hingegen eine Einsicht gegeben, wie man sich in verschiedenen Rollen verlieren kann. Man kann natürlich alles Mögliche in dieser Welt erleben. Es ist eine begrenzte Auffassung, sich in seinen eigenen Ehrgeiz zu verlieren und nur auf den Körper schauen. Die Summe des Menschen besteht aus mehr als das rein physische Konstrukt des Körpers. Das zu begreifen, das geht weit über den rationalen Verstand hinaus.

      3. MINIMALISMUS

      Ein Informatiker betritt den Chatroom.

      Ich begrüße ihn.

      Der Informatiker schildert seine Situation. Er ist mit vielen Sachen umgeben. Er hat keine generelle Übersicht über seine Lebenssituation. Sein Leben erscheint ihm wie ein Chaos. Er hat viele Sachen zu tun und er hat viele Sachen. Er will Klarheit haben.

      Ich krame in meinen alten Unterlagen unter dem Bett. Ich glaube, dass ein Artikel ihm helfen könnte.

      Ich sende den Artikel WAS BRAUCHT EIN MENSCH? zu dem Informatiker im Chatroom.

      3.1 WAS BRAUCHT EIN MENSCH?

      Im Laufe eines Lebens konsumiert der Mensch 999 Tiere. Wie schrecklich! Das stimmt mich nachdenklich. Ich stelle die Frage: Was braucht ein Mensch wirklich zum Leben? Die Antwort ist überraschend einfach. Es ist erstaunlich wenig: etwas zum Trinken. Etwas zum Essen. Einige Klamotten. Und ein Schlafplatz für die Nacht. Ich stelle mir jetzt folgende Frage: Wie viele Dinge habe ich? Ich mache eine Liste von den Sachen, die ich habe. Das dauert eine Weile... Einige Zeit später.

      Gut! Ich habe eine kleine Liste erstellt. Ich habe bis jetzt 600 Gegenstände gezählt. Das ist viel. Ich habe noch nicht alles gezählt. Ich habe wahrscheinlich mehr wie 1.000 Sachen. Es wird Zeit, etwas von den Dingen los zu werden. Wegwerfen. Verschenken. Verkaufen. Spenden. Damit fange ich jetzt an. Als erstes mit den Klamotten. Ich spende viele Klamotten. Es ist wahrscheinlich, dass jemand diese benötigt. Des Weiteren verkaufe ich meine Bücher und Filme. Es ist ungemein befreiend, sich von Dingen zu lösen und diese loszulassen.

      Dazu möchte ich kurz den spirituellen Aspekt beleuchten. Die Unterscheidung zwischen tun, haben und sein im heutigen Zeitgeist. Viele Menschen leben im Dauerstress. Sie sind im ständigen Tun verloren. Um mehr Dinge zu haben, die sie nicht brauchen. Nur um Vermögen anzuhäufen. Dabei ist es eher von Nachteil für das Sein. Um im hier und jetzt präsent zu sein, benötigt man nichts. Wenn man realisiert, dass keine materielle Sache dauerhaftes Glück bringt, dann ist man erleuchtet. Natürlich kann man an seinem Reichtum Freude haben. Man sollte sich nicht damit identifizieren. Vor allem wenn kein materieller Reichtum vorhanden ist, kann man meditieren und der Stille sehr gut zuhören. Es ist nichts da, was dich ablenken könnte.

      Im Moment machen wir etwas. Wir lesen beispielsweise diese Zeilen. Dies nimmt in der jeweiligen Lebenssituation seine Zeit in Anspruch. Haben schließt alle materiellen Dinge ein. Je mehr Dinge man hat, desto mehr Energie hat man. Insbesondere wollen die Dinge Aufmerksamkeit unseres Bewusstseins. Zu viele Dinge absorbieren wiederum Energie und somit die Aufmerksamkeit. Sein ist der zeitlose Zustand hier und jetzt. Alles was hier ist, ist jetzt. Das Leben ist im jetzt manifestiert. Das Leben so bewusst wie möglich zu leben, das ist mein Lebenssinn. Ich verzichte auf einige Dinge. Ich esse weniger Fleisch. Zumindest so wenig wie möglich und so viel wie nötig.

      Ich lebe seit Jahren mit so wenig Gepäck wie möglich. Es gibt Phasen, da habe ich mehr oder weniger. Vor einigen Wochen bin ich auf den Begriff Minimalismus gestoßen.

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