Frankfurter Kreuzigung. Dieter Aurass

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Frankfurter Kreuzigung - Dieter Aurass страница 7

Frankfurter Kreuzigung - Dieter Aurass Mandelbaum-Reihe

Скачать книгу

      »Hallo, geht’s noch? Wir haben hier, glaube ich, ein dringlicheres Problem zu klären. Wenn Sie vielleicht so freundlich wären und meinem übereifrigen Kollegen den Kalender mit den Terminen zukommen zu lassen, wäre ich äußerst dankbar.«

      Schmuddel schien zu erkennen, dass er vermutlich ein wenig über das Ziel hinausgeschossen war.

      »Okay, ja, na klar. Passen Sie auf, ich gebe Ihnen jetzt eine Mailadresse, an die können Sie die Daten senden«, erklärte er kleinlaut. »Mit Ihrem Problem werde ich mich dann mal zu einem späteren Zeitpunkt beschäftigen.«

      Hilu Knecht grinste noch immer unverschämt in Richtung Jenny. »Kein Problem für mich. Hat keine Eile. Ich denke, ich bin die nächste Zeit sowieso nicht so unter wirklichem Arbeitsdruck. Außer, dass ich seine Termine absagen muss.«

      »Ach ja«, fiel Jenny noch ein wichtiger Punkt ein, »hat Pfarrer Bock auch einen eigenen Computer?«

      »Ja, selbstverständlich. Auf den habe ich aber keinen Zugriff, der befindet sich in seiner Wohnung im Pfarrhaus.«

      »Richtig, die Wohnung. Haben Sie einen Schlüssel für seine Wohnung?«

      »Selbstverständlich nicht.« Die junge Frau war sichtlich entrüstet. »Ich bin Sekretärin, keine Putzfrau. Dafür ist seine Haushälterin, Maria Bleibtreu, die alte Hexe, zuständig. Die lebt schließlich auch in dem Haushalt.«

      Kapitel 4

      Er saß nun seit über einer Stunde in der ersten Bank der Kirche und las. Vor ihm auf der Brüstung, wo üblicherweise die Gesangbücher abgelegt wurden, befand sich sein Notepad. Er sah sich im Internet alles an, was er über den katholischen Glauben, die katholische Kirche in Deutschland, über die spezielle Kirche, in der er gerade saß und über Regeln, Zeremonien, Abläufe, Zuständigkeiten, Aufgaben und die Hierarchie der katholischen Kirche im Allgemeinen finden konnte.

      Gregor kam zugute, dass er zum einen sehr schnell lesen konnte und zum anderen über ein fotografisches Gedächtnis verfügte. Inzwischen wusste er schon eine Menge über die Zusammenhänge im Bistum Limburg, die Namen der Kirchenoberen, wie zum Beispiel den des Weihbischofs Dr. Elmar Gundelach, des apostolischen Administrators des Bistums. Auch über die Aufgaben eines Bischofs, der Pfarrer, eines Küsters und die Zuständigkeiten von Pfarrgemeinderat und anderen kirchlichen Einrichtungen hatte er bereits Unmengen von Informationen in sich aufgesaugt.

      Nicht alles konnte er auf den ersten Blick nachvollziehen, aber er machte sich gedankliche Notizen, wo er über Querverbindungen zu einigen Themen noch recherchieren musste. Seine Quellen im Internet waren nicht nur Wikipedia und geschichtliche Lexika, sondern auch die Homepage des Bistums, aber auch Zeitungsartikel über Ereignisse von öffentlichem Interesse der letzten zwei Jahre.

      In der Kirche war es inzwischen ruhig geworden und die Beamten des Spurensicherungsteams waren gerade dabei, alle ihre Utensilien wieder einzupacken.

      Gregor las gerade einen Artikel über die Probleme der Kirche in den letzten Jahren aufgrund des Missbrauchs von Kindern, die sich in der Obhut der Kirche befanden, als er auf einen Tumult am Eingang aufmerksam wurde.

      »SIE saache mir net, was ich hier derf oder net derf, dass des emal klar is, gell!«, hörte er eine aufdringliche Stimme polternd vom Eingang her tönen. »Wer hat dann hier es Saache? Ich will sofot ihrne Chef spreche.«

      Seufzend schaltete Gregor seinen Notepad aus, erhob sich und ging langsam in Richtung der Aufregung. Der Verursacher war ein untersetzter, stämmiger Mann mit Halbglatze, einem strähnigen Haarkranz und einem pausbäckigen Gesicht mit rotgeäderten Wangen. Gregor schätzte ihn auf etwa Mitte Vierzig. Völlig unpassend zu seiner körperlichen Erscheinung und seinem Auftreten, war der offensichtlich maßgeschneiderte dreiteilige Anzug mit teurer Seidenkrawatte und passendem Einstecktuch im Anzug. Als Gregor nähertrat, blaffte ihn der Unbekannte an: »Habbe Sie hier was zu saache? Ich will sofot wisse, was hier los is.«

      Gregor ging völlig unbewusst in den ›Sonja-Modus‹, wie es seine Kollegen bezeichneten. Da er nicht in der Lage war, mit Emotionen anderer in der richtigen Weise umzugehen, hatte seine Lebensgefährtin Sonja ihm beigebracht, welche Reaktionen in welchen Fällen zielführend waren und ihm die genauen, zur jeweiligen Situation passenden Worte vermittelt.

      »Einen schönen guten Tag. Nett Sie kennenzulernen, Herr ...?«

      Mit dieser Reaktion hatte der aggressive Aufrührer nicht gerechnet, denn er sah Gregor verdattert an und erwiderte in normaler Lautstärke: »Äh ... Gmünder ... Rudolf Gmünder ... ich bin de Vorsitzende vom Pfarrgemeinderat.«

      Seine kurzfristige Verwirrung, die ihn etwas von seinem hohen Ross heruntergeholt hatte, verschwand so schnell, wie sie gekommen war. Sofort fand er wieder zu seiner cholerischen Art zurück. »Un wer sin Sie, wenn ich fraache derf?«

      »Gregor Mandelbaum, Leiter der Mordkommission Frankfurt, angenehm.« Er streckte Gmünder die rechte Hand entgegen, die dieser aber geflissentlich übersah.

      »Ich will jetzt sofot wisse, was hier los is! Ei, im Ort erzähle die sich ja die dollste Dinger.«

      »Nun, als Vorsitzender des Pfarrgemeinderates haben Sie sicher das Recht zu erfahren, was hier passiert ist. Pfarrer Dr. Bock wurde ermordet. Zumindest liegt der Schluss nahe, da er sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht selbst an die Kanzel genagelt hat.«

      Gmünder sah ihn mit aufgerissenen Augen und offenem Mund an. »Äh ... wie ... genachelt?«

      Da Gregor seine Reaktion auf das Bild sehen wollte, packte er seinen Notepad aus der Tasche, rief die Tatortfotos auf und suchte eine Aufnahme heraus, auf der Pfarrer Bock noch mit der blutdurchtränkten Soutane an der Kanzel hing. Wortlos hielt er dem Fragesteller das Bild vor die Nase.

      Der kniff die Augen zusammen und besah sich die Aufnahme aus nächster Nähe, sehr ruhig und ganz genau.

      Ein von Gmünder selbst vermutlich nicht bemerktes Zucken des Mundwinkels, eine hochgezogene Augenbraue und die kurz gekräuselte Oberlippe verrieten Gregor die in diesem Moment in dem Mann vorherrschenden Emotionen: Verachtung, Schadenfreude und eine Portion Zufriedenheit.

      »Aha, Sie haben ihn also nicht besonders gemocht«, stellte Gregor sachlich fest.

      Gmünder sah ihn fassungslos an. »Wie bitte?«, brauste er auf, »Ei natürlich hab ich de Herr Pfarrer gemocht. Der war doch übberall beliebt.«

      Auch ein weniger geübter Leser von Mimik hätte die offensichtliche Lüge erkannt, aber Gregor ließ die Aussage zunächst so stehen.

      »Könnten Sie sich vorstellen, wer ihm so etwas hätte antun wollen?«

      »Nee, nee, off keine Fall. Also ... mir sin eine sehr friedliche und zufriedene Gemeinde, gell.«

      Gregor sah ihm überdeutlich an, dass er im Geist gerade die wohl umfangreiche Liste der Verdächtigen durchging. Und als wollte er seine Behauptung in seinem letzten Satz direkt Lügen strafen, ergänzte Gmünder ungefragt: »Da werd sich de Engel abber freue. Da isser ja dann fein raus.«

      »Darf ich fragen, wie Sie das meinen?«

      Gmünder tat, als müsse er sich überwinden weiter zu erzählen, obwohl ihm die Befriedigung deutlich im Gesicht stand. »Ja nu ... wisse Se ... de Engel, also, der wo unsere Küster is, der hat

Скачать книгу